Theologin kritisiert "Geschlechterstereotypen" in der Kirche
Die Innsbrucker Theologin Gertraud Ladner plädiert sensibel mit kirchlich tradierten Geschlechterstereotypen umzugehen. "Es ist immer einfach zu sagen 'hier Mann da Frau' und schon hat man die Welt geordnet", so die Präsidentin der Europäischen Gesellschaft für Frauen in der Theologischen Forschung im "Kathpress"-Interview vor dem Weltfrauentag (8. März). Geschlechterstereotypen über das "Wesen von Frau und Mann" würden jedoch negieren "wie komplex die Welt" sei und dass sich Geschlechterrollen letztlich auch aus sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen ergeben.
Die Kirche sei - teilweise - der Meinung, dass sich Geschlechter ergänzen und komplementär zueinander verhielten, kritisierte Ladner. Begründet werde dies mit einer Lehre über das Wesen von Mann und Frau und verstärkt "durch eine klerikale männliche Hierarchie, die nicht bereit ist sich zu öffnen". "Männer haben dies zu tun, Frauen das und wenn sie das nicht erfüllen, sind sie keine richtigen katholischen Männer und Frauen", zeichnete die Theologin ein vielfach verbreitetes Meinungsbild nach.
Der sogenannte "Gender Bias" werde vor allem von rechten evangelikalen sowie katholischen Kreisen argumentativ gestärkt, indem diese eine "Gender Ideologie" kritisieren und als Gefahr für Ehe, Familie und letztlich die gesamte gesellschaftliche Ordnung darstellen, erläuterte Ladner. Aus ihrer Sicht stelle sich auch die Frage, "ob die Kritiker der 'Gender-Ideologie' wirklich wissen was mit 'Gender' gemeint ist". Der Begriff untersuche die sozialen, kulturellen, politischen und biologischen Komponenten der Geschlechter, habe aber keinen ideologischen Auftrag, so die am Institut für Systematische Theologie der Universität Innsbruck forschende Theologin.
Das negative Resultat konservativer Geschlechterzuschreibungen sei jedoch auch, dass sich immer mehr Frauen, aber auch Männer von der Kirche abwenden, meinte Ladner. Aus persönlicher Erfahrung wisse sie von Väter, die nicht "wollen, dass ihre Tochter oder Freu zweitrangig behandelt wird" oder von Frauen, die nach einer langen engagierten Zeit als Katholikinnen aus der Kirche austreten, da sie bestimmte moralische Vorgaben nicht mehr mittragen könnten.
Kritisch zu hinterfragen ist laut Ladner zudem die Tendenz, dass Frauen "die in der Kirche sind und sich dort emanzipatorisch betätigen" abgesprochen werde, emanzipatorisch und feministisch handeln zu können. Als Grund werde die patriarchale Struktur der Kirche angegeben. "Das betrifft auch muslimische Frauen, denen wegen ihres Kopftuches abgesprochen wird Feministin sein zu können", verglich Ladner die Situation. Nachsatz: "Egal ob ich Nonnenkleid oder Kopftuch anhabe, trotzdem kann ich Feministin sein."
Quelle: kathpress