In der Fastenzeit nachhaltig genussvoll leben
Wer noch nach einem Vorsatz für die heurige Fastenzeit sucht, dem empfiehlt der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger eine Fokussierung auf einen nachhaltigen Lebensstil. Die Fastenzeit sei nicht dazu gedacht, sich 40 Tage lang zu quälen, es gehe vielmehr darum, sich auf etwas Gutes hin auszurichten. "In diesem Sinn passen Fasten und ein nachhaltiger Lebensstil gut zusammen", so der Moraltheologe gegenüber "Kathpress". Nachhaltig sei ein Lebensstil dann, wenn auf das Wohl künftiger Generationen in den drei Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales geachtet wird.
Nachhaltigkeit sei konkret etwas, "das von uns fordert, weniger zu konsumieren, als wir das jetzt tun". Mit einem Verzicht auf Genuss habe das allerdings wenig zu tun, so der Moraltheologe. Eigentlich sei das Gegenteil der Fall: "Ein nachhaltiger Lebensstil ist ausgesprochen genussvoll." Genuss sei nämlich nicht eine Sache der Quantität, sondern der Qualität.
Genuss ist nicht, sich jeden Abend mit einer billigen Flasche Rotwein zu betrinken, sondern richtig guten Wein in kleinen Mengen zu genießen und darin eine tiefe Freude zu empfinden und den Geschmack auszukosten.
Das gleiche gelte für alle anderen Dinge des Lebens. Dafür brauche es allerdings sehr viel Achtsamkeit und Schulung. Die Fastenzeit hätte das Potential in sich, "uns zu diesem wirklichen Genuss wieder neu hinzuführen". Die Fastenzeit biete insofern die Gelegenheit, durch das gezielte Verzichten der Frage nachzuspüren: "Was von dem, was ich konsumiere, brauche ich eigentlich wirklich?"
Eine Frage der Gerechtigkeit
Ein nachhaltiger Lebensstil sei auch untrennbar mit Gerechtigkeit verbunden. Nachhaltig sei ein Lebensstil nämlich nur dann, "wenn er global gerecht ist und die künftige Generation in den Blick nimmt". Im Hintergrund stehe vor allem die Frage, wie das Verhältnis zwischen reichen westlichen Staaten und Entwicklungsländern gerecht gestaltet werden könne. Im Moment lebe der reiche Westen auf Kosten ärmerer südlicher Regionen.
Der Moraltheologe hält es aber durchaus für möglich, dass es hier zu mehr Gerechtigkeit kommen kann.
Wir sind noch lange nicht nachhaltig, aber prinzipiell ist es möglich, wenn die Beteiligten bereit sind, die entsprechenden Wege zu gehen.
Die Gerechtigkeitsfrage müsse aber auch auf die Mensch-Tier-Umwelt-Beziehung ausgeweitet werden.
Eine zusätzliche Motivation, sich für einen nachhaltigen Lebensstil zu entscheiden, liefere laut Rosenberger der Glaube. Im Hintergrund steht die Deutung der Welt als Schöpfung Gottes. Diese habe der Mensch nur von Gott geliehen und müsse deshalb besonders auf sie acht geben. "Mit etwas, was uns geliehen ist, gehen wir normalerweise besonders achtsam um." Ein weiterer Punkt sei die Interpretation der jetzigen und auch künftiger Generationen als universale Familie. Ein Mensch sei so nicht bloß Mitmensch, sondern werde zur Schwester und zum Bruder. Das will Rosenberger auch auf die Pflanzen und Tiere ausgeweitet sehen, wie das bereits Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si" getan habe.
Vor Beginn der Fastenzeit empfiehlt der Theologe, sich genaue Ziele zu stecken. Nimmt man sich zu viel vor, bleibe hinterher nichts übrig. Vielmehr komme dann oft das Gefühl auf: "Jetzt brauche ich wieder eine Auszeit von den guten Vorsätzen." Ziel der Fastenzeit sei es aber eigentlich, daraus etwas für den Rest des Jahres mitzunehmen. "Es geht nicht darum, sich 40 Tage lang zu quälen und dann am Ostersonntag wieder auf die Pauke zu hauen." Es bestehe vielmehr die Hoffnung, "dass ich mir in der Fastenzeit etwas aneigne, das übers Jahr erhalten bleibt und mich weiterbringt".
Quelle: kathpress