"Reformpapst" Franziskus sorgt für Debatten in Österreichs Kirche
Das nachsynodale Papstschreiben "Querida Amazonia" sorgt weiterhin für - teils sehr unterschiedliche - Einschätzungen in Österreich: Für Missio-Nationaldirektor Pater Karl Wallner hat sich Franziskus erneut als "Reformpapst" erwiesen, wenn auch anders als viele erwartet hätten. Die Katholische Aktion (KA) Oberösterreich dagegen nahm Anstoß an den fehlenden Akzenten in Richtung Zugängen zu priesterlichen Amt, ebenso katholische Reformgruppierungen, die durch Helmut Schüller sogar Amazonien mit seinen Problemen "im Stich gelassen" sehen.
Für innerkirchliche Einheit und gegen eine Vereinnahmung des Papstes sprach sich Missio-Nationaldirektor Wallner aus. Franziskus trete für eine Reform ein, "die aber wohl doch anders ist als so mancher denkt", sagte er in seiner Stellungnahme zum nachsynodalen Schreiben. Der Papst setze sich für eine "neue Mentalität" in der Kirche ein, sein "überraschendes Schreiben" sei eine Korrektur in folgender Hinsicht: "Wir schrauben in der Kirche immer an irgendwelchen Rädchen herum, am liebsten an Strukturen und Ämtern"; der "Treibstoff" der Kirche ist laut Wallner aber ein anderer - nämlich eine "tiefe persönliche Freundschaft mit Jesus", die sich im konkreten sozialen, kulturellen und ökologischen Engagement entfalten könne.
Franziskus macht sich aus Sicht Wallners für eine "Wurzelbehandlung" im ganzen kirchlichen Leben stark, die grundlegende Haltungen ändern soll. Von der Amazoniensynode bleibe die "Empörung über die ökologische Zerstörung des Regenwaldes und die Empörung über herrschende Ungerechtigkeit", die dadurch eine Stimme erhalten hätten. Den "emotionalen Stil" des Schreibens bezeichnete der Missio-Nationaldirektor als positiv sowie als "Therapie und Motivation zugleich".
"Überholte patriarchale Denkmuster"
Enttäuscht vom Papstschreiben äußerte sich die Präsidentin der Katholischen Aktion Oberösterreich, Maria Hasibeder. Es sei "schwer nachvollziehbar", warum Franziskus das Votum der Amazoniensynode für eine Lockerung des Zölibats sowie Rufe nach Weiheämtern für Frauen nicht aufgegriffen habe. Franziskus schreibe in den ersten drei Kapitel von "Querida Amazonia" zwar von einem "tiefen Respekt gegenüber ausgegrenzten Menschen", dem vierten Kapitel über die Fragen zur Zukunft der Kirche lägen aber "längst überholte patriarchale Denkmuster" zugrunde, kritisierte Hasibeder.
Die Frauen hätten "wieder einmal vergeblich darauf gehofft", dass ihre Berufungen von Seiten der Amtskirche anerkannt werden und "wir endlich als gleichwertige Mitglieder der Katholischen Kirche behandelt werden", so auch die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung (kfb) der Diözese Linz, Paula Wintereder. Sie befürchtet, dass sich der Rückzug von Frauen aus dem kirchlichen Engagement noch rascher fortsetzen werde.
Auch die Katholische Männerbewegung in Oberösterreich ist unglücklich: "Wann überwinden Männer endlich ihre Angst, dass Frauen zu viel Macht in der Kirche bekommen?", fragte KMB-Obmann Bernhard Steiner.
Die KA und ihre Mitgliedsorganisationen kfb und KMB wollten sich aber "nicht entmutigen lassen und weiterhin für notwendige Reformen in der Katholischen Kirche eintreten", hieß es.
Ein "schlechtes Zeugnis" stellen katholischen Kirchenreformgruppierungen - wie Laieninitiative, "Pfarrer-Initiative", "Wir sind Kirche" und "Priester ohne Amt" - dem Dokument "Querida Amazonia" aus. Die "dringend nötige Erneuerung des Priesteramtes" bleibe aus, so deren Kritik in einer Aussendung am Freitag. Helmut Schüller, Sprecher der Pfarrer-Initiative, meinte, dass die Gemeinden Amazoniens und deren Bischöfe mit ihren Bedürfnissen und Problemen im Stich gelassen worden seien. Positiv erwähnte er jedoch, dass sich Papst Franziskus einmal mehr "für die die Lebenschancen der indigenen Völker als deren derzeit wohl prominentester Anwalt einsetzt". Ein "wirklich neuer Reformansatz" sei aber überfällig, dieser könne nun "nur mehr von unten, von den Gemeinden selbst ausgehen", so der Pfarrer von Probstdorf.
"Nicht-Beachtung der Frauen"
Martha Heizer, Vorsitzende der Plattform "Wir sind Kirche", bemängelte insbesondere die Nicht-Beachtung von Frauen im postsynodalen Schreiben: "Nach wie vor gibt es für die Frauen in der Kirche keine gleichen Rechte, keine Mitsprache in wichtigen Gremien, kein Stimmrecht, kein Wahlrecht." Dies sei ein "Schlag ins Gesicht all derer, die sich für eine Erneuerung der Kirche einsetzen", so Heizer wörtlich. Die "Nicht-Beachtung" werde weiterhin Frauen aus der Kirche treiben. Einfach auszutreten sei "auch eine Art, eine Kirchenspaltung zu verhindern".
Quelle: kathpress