Bedrohung für abgeschobene Konvertiten wird verkannt
Seine heftige Kritik an der österreichischen Abschiebepraxis hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler erneuert. Anlassfall ist der Anfang Februar nach Afghanistan abgeschobene, zum Christentum übergetretene Afghane Elias Shir Hasan Zafari. Das Asylgericht hatte seinen Asylantrag abgelehnt und auch dem Hinweis auf drohende, seiner Konversion zum Christentum geschuldete Verfolgung in Afghanistan nicht stattgegeben. "Das Ausmaß der Bedrohung, dem abgeschobene Konvertiten, Taufbewerber oder Personen, die sich im Kirchenasyl befunden haben, ausgesetzt sind, wird eindeutig verkannt", kritisierte Glettler im Interview mit der "Tagespost" (14. Februar) die Abschiebung.
Glettler hatte bereits Anfang Februar gemeinsam mit Bischof Ägidius Zsfikovics gegen die Abschiebung protestiert und bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Innenminister Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler um humanitäres Bleiberecht für den Betroffenen angesucht. Zafari lebte seit vier Jahren in Österreich und hatte sich zuletzt taufen lassen und war zum katholischen Glauben übergetreten. Seither trägt er den Taufnamen Elias.
Mit der im Fall Zafaris durchgeführten "Glaubensprüfung" hätten die österreichischen Behörden "eindeutig ihre Kompetenzen" überschritten, so Glettler. Auch wenn sie rechtlich dazu befugt seien, die religiöse Identität und Ernsthaftigkeit der Konversion zu prüfen, so stelle dies doch zugleich eine "Überforderung" für eine Behörde bzw. ein Gericht dar, "denn eine staatliche Behörde kann definitiv nicht über die Echtheit einer Glaubensüberzeugung urteilen". Zielführend könne dies nur in Rücksprache mit den jeweils betroffenen Religionsgemeinschaften geklärt werden, da es ja stets mehrere Faktoren sind, die zusammenkommen müssen, um von einer glaubwürdigen Konversion zu sprechen: Neben der Frage des bloßen Glaubenswissens sei dies etwa das persönliche Verhalten sowie die Aufmerksamkeit für die Armen. Würde bei solch einer Prüfung auf das Glaubenswissen allein abgestellt, so würde dies laut Glettler wohl "auch jedem einheimischen Durchschnittschristen zum Verhängnis" werden.
Der Bischof forderte daher die Behörden auf, die Tatsache der Taufe als hinreichenden Nachweis der Konversion zu akzeptieren. Der Taufe sei schließlich eine mindestens einjährige Vorbereitung auf die Taufe vorausgegangen. "Diese Beglaubigung muss vor den staatlichen Stellen zählen", so Glettler. Da sollte der Staat "nicht päpstlicher sein als der Papst" und "auf keinen Fall einen Generalverdacht nähren, dass sich Konvertiten nur den Taufschein erschwindeln würden, um zu einem Asylgrund zu kommen."
Im Blick auf Afghanistan plädierte Glettler erneut für eine neue Länderfeststellung zu den tatsächlichen Gefahrenpotenzialen: Noch 2018 habe es in Afghanistan die meisten Kriegstoten weltweit gegeben. Das Land sei instabil und gegenüber fundamentalistischem Terror "nahezu machtlos", so Glettler weiter: "Junge Menschen sollten dieser Lebensgefahr nicht neuerlich ausgeliefert werden. Schon gar nicht, wenn durch die Konversion ein weiterer Grund für ein mögliches Todesurteil hinzukommt".
Quelle: kathpress