Freistetter: "Querida Amazonia" als Zwischenergebnis sehen
Als päpstlichen Aufruf für eine noch intensivere Beschäftigung mit den Fragen und Themen der Amazonien-Synode bewertet Bischof Werner Freistetter das nachsynodale päpstliche Schreiben "Querida Amazonia". So sei "das recht ungewöhnliche Dokument" sicher nicht als Abschluss der Synode gedacht, sondern eher als eine Art Zwischenergebnis des synodalen Prozesses. "Man hat das Gefühl, während der Papst schreibt hört er immer noch zu", so Freistetter am Donnerstag im "Kathpress"-Interview. Freistetter ist in der Bischofskonferenz für die "Koordinierungsstelle für internationale Entwicklung und Mission" (KOO) zuständig. Dieser gehören die entwicklungspolitischen, humanitären und missionarischen Organisationen der katholischen Kirche und zahlreiche Ordensgemeinschaften an.
Das Bemühen des Papstes um die Menschen vor Ort, seine Wertschätzung und Dialogbereitschaft würden das gesamte Dokument durchziehen, würdigte der Bischof das Schreiben. Dem Papst gehe es jedenfalls auch sehr darum, die Bevölkerung Amazoniens in ihrer kulturellen Vielfalt wert zu schätzen. Franziskus beginne vor jeder theologischen Reflexion immer mit einem Blick auf die Realität und die ökologischen, sozialen und kulturellen Fragen, die der Papst anspreche "sind auch wirklich die Fragen, die die Menschen vor Ort betreffen", so Freistetter, der selbst im vergangenen Herbst zu einem Lokalaugenschein in Brasilien war.
Den Ansatz für die Erneuerung und Vitalisierung der Kirche in Amazonien sehe der Papst in lebendigen Gemeinden, die vor allem von Laien geprägt seien. "Es geht ihm darum, die Vielfalt der Dienste zu stärken. Nur mit mehr Priestern wäre es nicht getan", so Freistetter. Dahinter stehe wohl aber auch, dass der Papst persönlich am Zölibat festhalten wolle. Er sei jedenfalls gespannt, wie die Rezeption des Schreibens in den Ortskirchen Amazonien selbst ausfallen werde, sagte der Bischof.
Dialog der Kulturen
Der Papst rege mit seinem Schreiben jedenfalls auch an, "dass auch wir uns verstärkt auf den Dialog mit anderen Kulturen einlassen und diesen mit Wertschätzung, freilich auch mit Klarheit begegnen". Genauso gehe es darum, angesichts der globalen Zusammenhänge - "und Amazonien ist nicht weit entfernt von uns" - an den Fragen des eigenen Lebensstils und Konsumverhaltens dranzubleiben.
Freilich: Gerade auch in seinem Blick auf Ökologie und Kultur deute der Papst vieles nur an, etwa wenn es darum gehe, wie die Bewahrung der Schöpfung und zugleich eine Wirtschaft im Dienste des Menschen vor Ort umgesetzt werden könnten. "Der Papst will anregen weiter zu denken, und das aber in einer Perspektive der Hoffnung auf Zukunft", so Freistetter. Innerhalb der KOO werde man das künftig auch ganz entschieden machen.
Die Art des Dokuments sowie der Schreibstiel, den Franziskus wählt, seien zumindest für westliche Begriffe sicher ungewöhnlich, räumte der Bischof ein und verwies etwa auf die von Franziskus zitierten Gedichte. Und dass der Papst von Träumen spreche, sei zwar vielleicht auch ungewöhnlich, aber: "Erinnern wir uns an Martin Luther King und seine Rede 1963 in Washington, die er unter das Motto 'I have a dream' stellte. Das war eine der wichtigsten Ansprachen des 20. Jahrhunderts."
Elbs: Papst spielt Ball zurück
Der Feldkircher Bischof Benno Elbs sieht im ökologischen Themenfeld das Hauptanliegen des Papstschreibens. Dass die Zölibatsfrage vom Papst nicht aufgegriffen wurde, kommentierte er so: "Ich empfinde es als positiv, dass sich der Papst nicht in eine Schwarz-Weiß-Ecke treiben lässt." Er habe das Gefühl, dass Franziskus den Ball an die Bischöfe in Amazonien zurückspiele. Dafür habe er einen offenen Zugang gewählt. "Nicht Rom entscheidet, sondern der Papst nimmt die Regionen in die Verantwortung. Sie sollen einen Weg finden, wie der priesterliche Dienst gewährleistet werden kann." Gleichzeitig betont Elbs: "Eine Reform der Kirche passiert nicht über die Zulassungsbedingungen."
Quelle: kathpress