Papst im Wortlaut: "Eine Einladung, unseren Blick zu weiten"
Papst Franziskus hat am Mittwoch sein Schreiben zur Amazonien-Synode veröffentlicht, die im Oktober 2019 im Vatikan stattfand. "Kathpress" dokumentiert zehn prägnante Zitate des Pontifex aus der offiziellen deutschen Übersetzung des 50-seitigen Textes "Querida Amazonia" ("Geliebtes Amazonien"):
"Wir dürfen nicht zulassen, dass die Globalisierung zu einer neuen Form des Kolonialismus wird."
"Den nationalen oder internationalen Unternehmen, die Amazonien Schaden zufügen und das Recht der ursprünglichen Völker auf ihr Gebiet und seine Grenzen, auf Selbstbestimmung und vorherige Zustimmung nicht achten, muss man den Namen geben, der ihnen gebührt: Ungerechtigkeit und Verbrechen."
"Wenn sich einige Unternehmen in der Begierde nach schnellem Gewinn die Gebiete aneignen und am Ende sogar das Trinkwasser privatisieren, oder wenn der Holzindustrie und Projekten zum Bergbau oder zur Erdölförderung sowie anderen Unternehmungen, welche die Wälder zerstören und die Umwelt verschmutzen, seitens der Behörden grünes Licht gegeben wird, dann verändern sich die wirtschaftlichen Beziehungen auf ungerechtfertigte Weise und werden zu einem Instrument, das tötet."
"Priester werden benötigt, dies schließt aber nicht aus, dass für gewöhnlich die Ständigen Diakone - die im Amazonasgebiet noch viel mehr sein sollten -, die Ordensfrauen und die Laien selbst wichtige Verantwortung für das Wachstum der Gemeinschaften übernehmen und dass sie in der Ausübung dieser Aufgaben dank einer angemessenen Begleitung reifen."
"Es geht also nicht nur darum, eine größere Präsenz der geweihten Amtsträger zu ermöglichen, die die Eucharistie feiern können. Dies wäre ein sehr begrenztes Ziel, wenn wir nicht auch versuchen würden, neues Leben in den Gemeinden zu wecken."
"Dies ist eine Einladung an uns, unseren Blick zu weiten, damit unser Verständnis von Kirche nicht auf funktionale Strukturen reduziert wird. Ein solcher Reduktionismus würde uns zu der Annahme veranlassen, dass den Frauen nur dann ein Status in der Kirche und eine größere Beteiligung eingeräumt würden, wenn sie zu den heiligen Weihen zugelassen würden. Aber eine solche Sichtweise wäre in Wirklichkeit eine Begrenzung der Perspektiven: Sie würde uns auf eine Klerikalisierung der Frauen hinlenken und den großen Wert dessen, was sie schon gegeben haben, schmälern als auch auf subtile Weise zu einer Verarmung ihres unverzichtbaren Beitrags führen."
"Die gegenwärtige Situation verlangt, dass wir das Entstehen anderer spezifisch weiblicher Dienste und Charismen anregen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Amazonasvölker in diesem Moment der Geschichte reagieren."
"In einer synodalen Kirche sollten die Frauen, die in der Tat eine zentrale Rolle in den Amazonasgemeinden spielen, Zugang zu Aufgaben und auch kirchlichen Diensten haben, die nicht die heiligen Weihen erfordern, und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen. Es sei daran erinnert, dass ein solcher Dienst Dauerhaftigkeit, öffentliche Anerkennung und eine Beauftragung durch den Bischof voraussetzt. Das bedeutet auch, dass Frauen einen echten und effektiven Einfluss in der Organisation, bei den wichtigsten Entscheidungen und bei der Leitung von Gemeinschaften haben, ohne dabei jedoch ihren eigenen weiblichen Stil aufzugeben."
"Das erlaubt uns, in der Liturgie viele Elemente der intensiven Naturerfahrung der Indigenen aufzugreifen und eigene Ausdrucksformen in den Liedern, Tänzen, Riten, Gesten und Symbolen anzuregen. Bereits das Zweite Vatikanische Konzil hatte zu einem solchen Bemühungen um die Inkulturation der Liturgie bei den indigenen Völkern aufgerufen, aber es sind mehr als fünfzig Jahre vergangen, und wir sind in dieser Richtung kaum vorangekommen."
"Es ist möglich, sich in irgendeiner Weise auf ein indigenes Symbol zu beziehen, ohne dass man es notwendigerweise als Götzendienst betrachten müsste. Ein Mythos von spirituellem Sinngehalt kann aufgegriffen und muss nicht immer als heidnischer Irrtum angesehen werden."
Das gesamte Dokument im Wortlaut
Quelle: kathpress