Zulehner für Zukunftsorientierung statt "Lagerbildung"
Die Diözese Gurk-Klagenfurt braucht eine an Papst Franziskus ausgerichtete Zukunftsorientierung statt der bisherigen "Lagerbildung" - und der neue Bischof Josef Marketz ist der geeignete Mann, diese notwendige "Hemmaisierung" der Kirche in Kärnten zu vollziehen. Wie eine solche auf die Kärntner Landespatronin Hemma von Gurk Bezug nehmende Strategie aussehen könnte, hat der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner, bei dem der am Sonntag geweihte Marketz 1992 an der Universität Wien dissertierte, in einem Blogeintrag dargelegt. Er riet u.a. dazu, "antiquierte Reste aus der feudal-klerikalen Kirchengestalt" abzustreifen und die in Kärnten autonomen Bereiche Bistum und Diözese im Dienst einer "armen Kirche für die Armen" zusammenzuführen.
Freilich gebe es in der Diözese Gurk, die nach dem Wechsel von Bischof Alois Schwarz nach St. Pölten im Mittelpunkt eines teils medial ausgetragenen "Machtkampfes" gestanden sei, auch eine "rückwärtsgewandte" Herausforderung für den neuen Bischof, schrieb Zulehner. Es sei "mit Worten und Emotionen ziemlich freizügig umgegangen" worden, wider besseres Wissen sei von einem "zerrütteten Bistum" die Rede gewesen, obwohl es "ein heftiger Streit allein unter Klerikern war". In diesem Konflikt rund um die Amtsführung und den Lebensstil von Bischof Schwarz gab es nach den Worten Zulehners "nur Verlierer"; der Preis für diesen "Krieg der Worte" sei mit fast 6.000 Kirchenaustritten enorm.
Hier sei "emotionale Abrüstung" vonnöten, meinte der Wiener Theologe und bekundete seine Überzeugung, "dass dem neuen Bischof eine Befriedung des ... Konflikts 'unter dem Hemma-Mantel der Liebe' gelingen wird". Zulehner plädierte für eine konsequente "Hemmaisierung" der Diözese - vor dem Hintergrund, dass die heilige Hemma von Gurk zu Beginn des 2. Jahrtausends als Wohltäterin häufig beim Verteilen von Almosen dargestellt wird. Das Hemmakreuz schmücke nicht zufällig Marketz' Wappen und seine Mitra; das schüre Erwartungen, dass sich der neue Bischof für den "Abschied vom strukturellen Klerikalismus" und "die Zuwendung zu den Armen" in Kärnten und darüber hinaus stark machen werde.
Neues gestalten statt Altes verwalten
In Zukunft stehe laut dem Wiener Pastoraltheologen ein tiefgreifender Umbau der Kirchengestalt in Kärnten an. Christlichen Traditionen wie "das achte Kärntner Sakrament der Speisenweihe am Karsamstag" ("Fleischweihe") oder Bergwallfahrten seien im südlichsten Bundesland zwar noch lebendig, würden aber nicht mehr selbstverständlich auf die nächste Generation überspringen. "Wer künftig von Kirche redet, wird nicht nur an die vielen schönen Kirchen im Land denken", sondern an lebendige gastfreundliche Gemeinschaften, die aus dem Evangelium leben, prognostizierte Zulehner.
Was hingegen keine Zukunft hat, ist eine herkömmliche feudale Kleruskirche, welche immer weniger immer älter werdende Menschen versorgt.
Es sei "vermutlich das größte Versagen der vergangenen Jahre", dass mit Bischof, Generalvikar und Domkapitel alle Verantwortlichen kaum etwas anderes gemacht hätten, als die versorgende Priesterkirche aufrecht zu erhalten und fehlende Priester durch solche aus anderen Kulturkreisen zu ersetzen. Bischof Marketz sei daher gut beraten, gemeinsam mit Pfarrgemeinderäten, in der Bildung Tätigen, Laien- und Ordensvertretern der Frage nachzugehen, "wie mutigen Menschen aus der nächsten Generation das Evangelium in ihr Herz gesungen werden kann, sodass sie Lust und Freude bekommen, dieses mitzusingen".
Fürstbischöfliches Erbe abstreifen
Um finanzielle Möglichkeiten für innovative "Gesangsschulen des Evangeliums" zu schaffen, schlug Zulehner die Zusammenführung von Bistum und Diözese vor. Das Fürstbistum sei zwar bereits 1951 abgeschafft worden, nicht aber Relikte wie die gut ausgestattete "Jagdhütte" und die Eigenjagd auf der Ferfernigalm. Und es brauche auch kein Domkapitel mehr, befand Zulehner. Dessen Finanzmittel sollten in das für Evangelisierung und die Armen vorgesehene Budget der Diözese einfließen - der Dom zu Gurk lasse sich auch ohne Domkapitel baulich erhalten.
Ein weiterer Reformvorschlag des Theologen: Ein "Kirchenparlament", in dem Priester- und Pastoralrat faktisch zusammengeführt seien, sollte "das unselige 'pastorale Grundschisma' zwischen Priestern und Laien endlich strukturell überwinden" und auch Orden, Laien sowie Diakone werden in angemessener Weise mitgestalten und mitentscheiden lassen. "Eine Art Dauersynodalität wird eingerichtet, ohne die letzte Verantwortung des Bischofs aufzugeben", so Zulehner.
Die Signale, die Josef Marketz rund um seinen Amtsantritt setzte, "machen Hoffnung", schrieb Zulehner.
Wer den Bischof Josef, den seine slowenischen Freunde liebevoll Pep nennen, schon lange kennt weiß, dass er kein Mann folgenloser Ankündigungen ist.
Quelle: kathpress