Schönborn: "Befinde mich in der Spielverlängerung"
Von einer neuen "Qualität der Ökumene" hat Kardinal Christoph Schönborn beim traditionellen Ökumenischen Empfang am Dienstagabend in Wien gesprochen. Das gemeinsame christliche Zeugnis treten gegenüber den Verschiedenheiten der einzelnen Kirchen immer stärker in den Vordergrund, so Schönborn, der auch kurz über seine schwere Erkrankung im vergangenen Dezember berichtete, die nun aber überstanden sei. Der Kardinal sprach in Analogie zum Fußball von einer "Spielverlängerung".
Ich sehe diese Spielverlängerung als einen Auftrag, die geschenkte Zeit dem Herrn zur Verfügung zu stellen und in der Gemeinschaft des Glaubens und in der Liebe zu allen Menschen das Evangelium zu bezeugen.
Der Einladung des Wiener Erzbischofs waren aus der Ökumene u.a. der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), der evangelische Bischof Michael Chalupka, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin, der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs, der anglikanische Bischofsvikar Patrick Curran, der Vorsitzender des Rates der "Freikirchen in Österreich" Reinhard Kummer gefolgt. Weitere Teilnehmer aus der katholischen Kirche waren der Wiener Weihbischof Franz Scharl und Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka. Auch der Leiter des für Kirchen und Religionen zuständige Kultusamts, Florian Welzig, war unter den zahlreichen Gästen. Der Empfang fand diesmal nicht im Erzbischöflichen Palais sondern im Wiener Priesterseminar statt und war der erste öffentliche Termin des Kardinals nach seiner lebensbedrohlichen Lungenerkrankung im Dezember.
Ökumene und Vergebungsbitte
Kardinal Schönborn erinnerte in seinen Worten u.a. an sein Ökumene-Verständnis, das er gleich nach seiner Ernennung zum Bischof 1991 in einem ORF-Interview erläutert hatte: Die Ökumene gleiche einem Rad mit vielen Speichen, die für die verschiedenen Kirchen stünden und dessen Mitte Jesus Christus sei. Von daher sei das Ziel der Ökumene klar: "Je näher wir Jesus Christus unserer Mitte sind, desto näher sind wir einander."
Der Kardinal erinnerte auch an die 150-Jahr Feier der Baptisten in Österreich im vergangenen November in Wien, an der er teilgenommen hatte. Er nehme das Wirken dieser Kirche mit großer Dankbarkeit wahr. Schönborn hatte bei der Feier zudem für Gewissenserforschung der katholischen und evangelischen Kirche im Blick auf die Täuferbewegung plädiert, die von Anfang an verfolgt wurde. "Vergebt uns", so der Kardinal wörtlich zu den Vertretern der Freikirchen.
Dieses Wort griff Reinhard Kummer, Vorsitzender des Rates der "Freikirchen in Österreich" sowie Vorstandsvorsitzender der Mennonitischen Freikirche Österreich beim Ökumenischen Empfang auf. Er präsentierte beim Empfang ein Schriftstück, das wesentlich zur weiteren Vertiefung der Beziehungen zwischen den Freikirchen und den etablierten Kirchen im Land beitragen könnte. "Ja wir vergeben", zitierte Kummer aus dem Brief, den er an Kardinal Schönborn überreichte. Die Worte des Kardinal hätten die Freikirchen sehr bewegt, so Kummer. Die Freikirchen seien sich zudem aber auch bewusst, dass man selbst immer wieder in der Begegnung mit anderen Kirchen eine Art "freikirchliche Arroganz" an den Tag gelegt habe, für die man sich nun ebenfalls entschuldigen wolle. Alle Christen und Kirchen müssten sich gemeinsam den Herausforderungen der säkularen Gesellschaft stellen und gemeinsam das Evangelium verkünden, so Kummer.
Religionsfreiheit und Asyl
Bischof Chalupka griff in seinen Ausführungen drei Punkte auf, wo das gemeinsame Engagement aller Kirchen bzw. Christen dringend notwendig sei: Zum einen der entschiedenen Einsatz gegen die weltweite Christenverfolgung und der Einsatz für Religionsfreiheit. Chalupka kritisierte einmal mehr, dass die Behörden in Österreich Menschen die aus religiösen Gründen flüchten mussten, dies oft nicht anerkennen würden. Genauso würde auch zum Christentum konvertierten Flüchtlingen oft vorgehalten, dass die Konversion nur aus opportunistischen Gründen erfolgt sei. Doch niemand außer den Kirchen selbst hätten das Recht, diese Beweggründe genau zu überprüfen "und wir stellen fest, wer zu uns gehört und sonst niemand", so der Bischof wörtlich.
Chalupka rief zweitens auch zum gemeinsamen Einsatz für den freien Sonntag auf und ließ zugleich durchblicken, wie sehr der Verlust des Karfreitags die evangelischen Christen in ihrem Selbstwert verletzt habe. Drittens sei der gemeinsame Einsatz zur Bewahrung der Schöpfung unerlässlich, so Chalupka.
Prof. Rudolf Prokschi, der neue Vorsitzende des Ökumenischen Rates Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), nannte für seine anstehende Amtszeit als dringliches Vorhaben, dass die Ökumene in den einzelnen Kirchen mehr in die Breite gehen müsse. Dem fühle er sich etwa auch als Vorsitzender der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen verpflichtet. Erst kürzlich habe sich die Kommission neu konstituiert. Der Kommission gehörten nun Vertreter aller wichtigen Bereiche der Diözese an, u.a. von der Katholischen Jugend über die Theologische Fakultät und die Priesterseminare bis zu den Territorialvikariaten, den Orden, dem Schulamt und der Caritas.
Schließlich stellte sich auch noch der neue Professor für die Theologie des Christlichen Ostens an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Thomas Nemeth, der breiteren ökumenischen Öffentlichkeit vor. Nemeth hat im vergangenen Herbst den Lehrstuhl "Theologie des Christlichen Ostens" von Prof. Prokschi übernommen, der emeritierte.
Eröffnet wurde der Ökumenische Empfang mit einer byzantinischen Vesper, bei der vor allem der 21 koptischen Märtyrer von Libyen gedacht wurde. Die Männer waren 2015 von IS-Terroristen bestialisch vor laufender Kamera ermordet worden. Kardinal Schönborn hat die Familienangehörigen der Ermordeten 2016 persönlich in Ägypten besuchen können. Beim Ökumenischen Empfang würdigte der Kardinal das Lebenszeugnis der Märtyrer und die christliche Art und Weise, wie die Hinterbliebenen damit umgingen. Die Feier endete mit herzlichen Geburtstagswünschen der christlichen Kirchen für den Kardinal und einem gemeinsamen Vaterunser.
Quelle: kathpress