Prokschi: Waches Auge der Kirchen bei Asylfragen
Der Bereich von Flucht und Asyl wird wohl ein Themenfeld sein, in dem die Kirchen in Österreich auch künftig ein besonders waches Auge auf die politische bzw. gesellschaftspolitische Entwicklung in Österreich werfen müssen. Das hat der neue Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Domdekan Prof. Rudolf Prokschi, in einem auf der Website des ÖRKÖ veröffentlichten Interview betont. Er hob die gesellschaftspolitische Relevanz der Kirchen hervor, die sich freilich nicht nur in den Kirchenleitungen zeige, sondern etwa auch in den verschiedenen karitativen kirchlichen Institutionen.
Prokschi ortete bei den politisch Verantwortlichen durchaus die Bereitschaft, die Stimmen der Kirchen wahrzunehmen, freilich gebe es noch genug Luft nach oben, "vor allem dann, wenn der Wahlkampf wieder vorbei ist".
Prokschi hat mit 1. Jänner 2020 das Amt des ÖRKÖ-Vorsitzenden übernommen, sein Mandat dauert drei Jahre. Intensivieren will der neue Vorsitzende in den kommenden Jahren das Gespräch und die Zusammenarbeit mit dem Judentum aber auch mit dem Islam, für den christlichen Bereich vor allem auch mit den Freikirchen, wie er sagte.
Prokschi meinte, dass es in der Ökumene in den vergangene Jahren und Jahrzehnten durchaus Fortschritte gegeben habe, zumindest seine viel Freundschaften entstanden und die gegenseitige Wertschätzung habe deutlich zugenommen. Freilich räumte er auch ein, "dass es vielen viel zu langsam vorangeht". Zugleich müsse man aber auch bedenken, "dass andere in den Kirchen mit Ökumene nach wie vor recht wenig anfangen können".
Es mache jedenfalls wenig Sinn, "wenn die einen voran preschen und die anderen bremsen". Ziel der Ökumene sei die sichtbare Einheit, die sich in der Kommuniongemeinschaft manifestiere. Von "Separatbündnissen" zwischen einzelnen Kirchen hält Prokschi nichts: "Wir müssen immer die gesamte Breite der Kirchen im Blick haben." Deshalb wolle er sich auch dafür einsetzen, dass das Anliegen der Ökumene in den nächsten Jahren innerhalb der einzelnen Kirchen mehr in die Breite geht. "Ökumene ist nichts nur für einige Spezialisten. Ökumene gehört zum Grundauftrag der Kirche. Ihre Glaubwürdigkeit hängt davon ab", so der ÖRKÖ-Vorsitzende.
Ein ökumenisches Thema, dass dem neuen ÖRKÖ-Vorsitzenden besonders am Herzen liegt, sind die konfessionsverschiedenen bzw. -verbindenden Ehepaare. Immer weniger junge Menschen würden sich überhaupt noch zur Ehe entschließen, "und wenn dann zwei, die verschiedenen Kirchen angehören, sich für den Bund der Ehe entschließen, dann müssen wir sie dabei unterstützen und ihnen nicht auch noch von Seiten der Kirchen das Leben schwer machen".
Prokschi schwebt vor, dass der ÖRKÖ gemeinsam mit den Kirchenleitungen eine Art Rahmenordnung mit Richtlinien für konfessionsverschiedene Paare erarbeitet, damit weder die Seelsorger noch die Paare im luftleeren Raum agieren müssen. Damit würde wohl auch so einiges, was derzeit ohnehin schon Praxis sei, auch formal abgesegnet, mutmaßte Prokschi. Er sei zuversichtlich, dass man bei der Erarbeitung einer solchen Rahmenordnung in nächster Zeit einen Schritt vorankommen könne.
Ostkirchenexperte und Seelsorger
Rudolf Prokschi stammt aus Asparn an der Zaya, er studierte von 1972 bis 1977 in Wien Theologie, 1978 wurde er von Kardinal Franz König zum Priester geweiht. 1981 bis 1988 war er Universitätsassistent (er ist ein Schüler des Ostkirchenfachmanns em. Prof. Ernst Christoph Suttner), von 1983 bis 1988 auch Studienpräfekt am Wiener Priesterseminar. 1988 promovierte er in Wien, 1988 bis 1996 war er Pfarrer in Wien Ober-St. Veit und Spiritual am damals noch bestehenden Seminar für kirchliche Berufe. 1996 bis 1998 absolvierte er einen Forschungsaufenthalt in Moskau (wo er auch als Seelsorger der deutschsprachigen katholischen Gemeinde tätig war). Von 1998 bis 2003 lehrte er an der Universität Würzburg, an der Benediktinerabtei "Dormitio" in Jerusalem und an der Universität Fribourg, bevor er 2004 dem Ruf nach Wien folgte.
Von 2004 bis 2018 lehrte Prokschi an der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät Patrologie und Ostkirchenkunde und prägte die Fakultät in dieser Zeit u.a. als Vizedekan und als Vorstand des Instituts für Theologie und Geschichte des christlichen Ostens. Als Vizepräsident der Stiftung "Pro Oriente" und Obmann des Vereins "Pro Oriente - Gesellschaft zur wissenschaftlichen Erforschung der ökumenischen Beziehungen", als Mitglied des Internationalen Orthodox-Katholischen Arbeitskreises St. Irenäus und als Rektor des "Thomaskollegs" leistet der Domdekan des Wiener Domkapitels einen wichtigen Beitrag für den Dialog zwischen Ost- und Westkirche. Als Vorsitzender der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen liegt ihm aber auch das ganze Spektrum der Ökumene am Herzen. Parallel zur wissenschaftlichen Tätigkeit war und ist Prof. Prokschi als Seelsorger und in der geistlichen Begleitung im Einsatz.
Dem ÖRKÖ gehören derzeit 16 Kirchen an. "Volle Mitglieder" sind Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche und der Bund der Baptistengemeinden sind "Mitglieder mit beratender Stimme". Zahlreiche Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus.
(Infos: www.oekumene.at)
Quelle: kathpress