Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich: Neuer Vorstand im Amt
Mit 1. Jänner 2020 hat der neue Vorstand des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) seine Arbeit aufgenommen. Neuer Vorsitzender ist em. Univ.-Prof. und Domdekan Rudolf Prokschi von der römisch-katholischen Kirche. Seine Stellvertreter sind der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura und der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld.
Schatzmeister ist der anglikanische Kanonikus Patrick Curran, als sein Stellvertreter fungiert der koptisch-orthodoxe Priestermönch Lukas Daniel. Als Schriftführerin gehört die methodische Pastorin Esther Handschin dem Vorstand an, ihre Stellvertreterin ist die evangelisch-lutherische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler. Dem Vorstand gehört weiters auch - als Pressesprecher - Prof. Erich Leitenberger an. Die Funktionsperiode des Vorstands dauert bis 31. Dezember 2022.
Der ÖRKÖ ist ein Gremium, in dem christliche Kirchen zusammenkommen, um Themen zu beraten, die alle gemeinsam betreffen: gesellschaftspolitische Entwicklungen oder beispielsweise das Verhältnis von Kirche und Staat. Der ÖRKÖ ist zudem die Stimme, mit der die Kirchen dann sprechen, wenn deutlich zum Ausdruck kommen soll, dass trotz aller konfessioneller Unterschiede und Kontroversen die christlichen Kirchen durch eine gemeinsame und tragfähige Glaubensbasis verbunden sind.
Dem ÖRKÖ gehören derzeit 16 Kirchen an: "Volle Mitglieder" sind Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche und der Bund der Baptistengemeinden sind "Mitglieder mit beratender Stimme". Eine Reihe weiterer Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus. Die ÖRKÖ-Vollversammlung tritt üblicherweise zwei Mal im Jahr zusammen. Dazwischen führt der Vorstand - der jeweils auf drei Jahre bestellt wird - die Geschäfte.
Im Rat sind Kirchen von sehr unterschiedlicher Größe vertreten. - Ein Problem, das im Statut dadurch gelöst wurde, dass sich die Zahl der Vertreter im Rat wohl nach der Größe der jeweiligen Kirche richtet, jede Mitgliedskirche aber mindestens einen, höchstens jedoch zehn Vertreter entsendet.
Der Ökumenische Rat hat weder angestellte Mitarbeiter noch eigene Büroräume. Allerdings stellen die größeren Mitgliedskirchen - insbesondere die Römisch-katholische Kirche und die Evangelische Kirche A.B. - Räume, Einrichtungen und Arbeitsleistungen von Mitarbeitern dem ÖRKÖ für seine Arbeit zur Verfügung.
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) wurde 1958 gegründet. Gründungsmitglieder waren vier Kirchen: Altkatholiken, Lutheraner, Reformierte und Methodisten. Die offizielle Gründungsversammlung fand am 12. Dezember 1958 in Wien statt. 1964 stießen vier orthodoxe Kirchen (Griechen, Serben, Russen und Rumänen), die Armenier und die Anglikaner zum ÖRKÖ hinzu. Später schlossen sich die bulgarisch-orthodoxe, die koptisch-orthodoxe und die syrisch-orthodoxe Kirche dem Rat an. Die katholische Kirche in Österreich arbeitete seit 1970 als Beobachterin im ÖRKÖ mit, 1994 wurde sie Vollmitglied. Einer der Höhepunkte in der Geschichte des Rates war die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz.
Gottesdienste, Soziales und Dialog
Seit 1959 veranstaltet der ÖRKÖ alljährlich in der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen (18. bis 25. Jänner) einen Gottesdienst: jedes Jahr lädt eine andere Kirche zu dieser Veranstaltung ein und der Prediger gehört jeweils einer anderen Konfession an. Zum Tag des Judentums (17. Jänner) veranstaltet der ÖRKÖ ebenfalls jährlich einen eigenen Gottesdienst. Seit 2008 gibt es zudem alljährlich im September einen Gottesdienst zu der von einigen Mitgliedskirchen eingehaltenen Schöpfungszeit (1. September bis 4. Oktober). Der ÖRKÖ folgt damit Empfehlungen der Zweiten und Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (Graz 1997 bzw. Sibiu 2007).
Von besonderer Bedeutung für die Ökumene war (und ist) das Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, das 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist und das im Prozess "sozialwort 10+" fortgeschrieben wurde. Nach vierjähriger Vorbereitung wurde 2003 ein von allen, den unterschiedlichen Traditionen angehörenden Mitgliedskirchen gemeinsamer Text veröffentlicht, in dem die Kirchen Probleme der Gesellschaft ansprechen und die christlichen Perspektiven dazu zur Geltung bringen. Das Sozialwort versteht sich dabei nicht als "letztes Wort", sondern als eine Einladung an alle, sich den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu stellen und Lösungen zu suchen.
Von November 2013 bis November 2014 lief der Prozess "sozialwort 10+". Die Einladung des ÖRKÖ erging an alle Interessierten, sich mit den Themen des Sozialworts auseinanderzusetzen und neue Herausforderungen zu benennen. Ergebnis ist die Broschüre "Solidarische Gemeinde". Diese bietet Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und liefert konkrete Handlungsanregungen, wie die Gemeinden ihr soziales Profil noch weiter schärfen können.
Regelmäßig entsendet der ÖRKÖ Delegierte zu den Vollversammlungen der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK/CEC) und des Weltkirchenrates (ÖRK). Regelmäßige Kontakte bestehen zudem zu den Ökumenischen Räten in Europa, insbesondere zu jenen der Tschechischen Republik, der Slowakei, von Ungarn und Polen. Weiters besteht ein enger Kontakt zwischen dem ÖRKÖ und dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit.
Erfolgsprojekt "Lange Nacht der Kirchen"
Zu einem ökumenischen Erfolgsprojekt ersten Ranges hat sich schließlich die "Lange Nacht der Kirchen" entwickelt. Der ÖRKÖ hat sich an dieser Initiative, die von der Erzdiözese Wien ausgegangen ist, von Anfang an beteiligt. Bis zu 750 Kirchen zwischen Bodensee und Neusiedlersee haben jedes Jahr im Frühsommer in der "Langen Nacht" ihre Tore geöffnet und laden alle interessierten Besucher mit einem bunten Programm zu einem Besuch ein. Alle christlichen Kirchen in Österreich beteiligen sich an der Aktion, die inzwischen auch in einigen Nachbarländern durchgeführt wird. Heuer findet die "Lange Nacht" bereits zum 15. Mal statt.
(Infos: www.oekumene.at)
Quelle: kathpress