Religionsrechtsexperte hinterfragt türkis-grüne Religionspolitik
Der eigentliche Adressat der türkis-grünen Religionspolitik ist der Islam. Darauf hat der Religionsrechts-Experte Prof. Richard Potz in der Wochenzeitung "Die Furche" (Ausgabe vom 9. Jänner) hingewiesen. Die Forderungen der neuen Bundesregierung nach einem integrationsfördernden Religionsunterricht, Kontrollen von Materialien und Büchern des Religionsunterrichts - "insbesondere des islamischen Unterrichts" - sowie nach einem Kopftuchverbot bis zum vollendetem 14. Lebensjahr zeigen laut Potz eine "nicht unbedenkliche Tendenz, Religionsrecht zu einem Teilbereich von Integrations- und Sicherheitspolitik zu machen". Die neue Regierung vergesse dabei aber auf die paritätische Behandlung der Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Schon Realität sei laut Potz die türkis-grüne Forderung nach einer "qualitätsgesicherten Ausbildung von islamischen Religionslehrerinnen und Religionslehrern". So gebe es bereits eine Zusammenarbeit der Islamischen Glaubensgemeinschaft mit allen Kirchen, die Religionsunterricht in den Schulen erteilen, im Rahmen der Kirchlichen-Pädagogischen Hochschule Wien. Diese Kooperation in der Lehrerausbildung gelte "europaweit als Vorbild". Positiv ließ Potz aber gelten, dass diese "qualitätssichernde Zusammenarbeit" durch das Regierungsübereinkommen nun eine Unterstützung erfahre.
Kritik übte der Rechtsexperte daran, dass im Regierungsprogramm einerseits von einer "notwendigen institutionellen 'Trennung von Religion und Staat'" die Rede sei, andererseits aber "in Feldern wo es zur Kooperation kommt, die staatliche Aufsicht verstärkt" werden solle. Als Beispiel führe er die Stärkung des Kultusamtes an, das künftig kultuspolizeiliche Aufgaben übernimmt. Laut Regierungsprogramm fällt darunter auch die "Sicherstellung einer effizienten Kontrolle des 2015 eingeführten Verbots der Auslandsfinanzierung von Religionsgemeinschaften". Auch hier ortete Potz ein Problem mit der paritätischen Behandlung aller Kirchen und Religionsgemeinschaften, da auch hier vermutlich nur der Islam gemeint sei.
Kritik an staatlicher Kontrolle des Religionsunterrichts
Enttäuscht über die geplante staatliche Kontrolle des islamischen Religionsunterrichts und der Forderung nach mehr "Integrationsförderung", zeigte sich die islamische Schulamtsleiterin, Carla Amina Baghajati. Im "Ö1 Journal um acht" am Donnerstag meinte sie, dass die Formulierung ein völlig falsches Bild entstehen lasse, da "ein Großteil unserer muslimischen Schülerinnen und Schüler Bürgerinnen und Bürger unseres Landes" seien, für die darum das Wort Integration schlicht nicht passe.
Integration sei für die frühere Frauensprecherin der Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) nur ein "Faktor von mehreren im Religionsunterricht". Dieser solle viele Aufgaben erfüllen, Integration - "sich zugehörig fühlen zu diesem Land Österreich" - könne aber nicht die Hauptaufgabe des Religionsunterrichtes sein. Dies löse bei ihr "Fragezeichen aus", so Baghajati wörtlich.
Es zeige sich die Tendenz , "dass immer der Islam gemeint ist, wenn eigentlich Religion dasteht", kritisierte auch der evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair. Der Plan der neuen Bundesregierung künftig Bücher und Materialien des Religionsunterrichts - insbesondere des islamischen Unterrichts - überprüfen zu wollen, löste bei ihm Erstaunen aus. Schiefermair wörtlich: "Ich glaube es gibt im ganzen Schulunterricht keinen anderen Unterricht, der besser kontrolliert und besucht würde als der Religionsunterricht". Der evangelische Schulverantwortliche wünschte sich im Gegenzug, dass auch andere Unterrichtsgegenstände auf deren "Integrationsförderungen" untersucht werden.
Quelle: kathpress