Landau erwartet von Regierung Armutsbekämpfung und Pflege-Fokus
Zwei Themen stehen laut Caritas-Präsident Michael Landau für die frisch angelobte Bundesregierung "dringend an": Armutsvermeidung bzw. -bekämpfung und als "zweite große Aufgabe" die Organisation der Pflege. "Österreich ist pflegebedürftig. Hier hoffe ich auf die neue Bundesregierung. Das ist ein Bereich, wo es dringend Lösungen braucht", sagte Landau in der aktuellen Ausgabe des steirischen "Sonntagsblattes" auf die Frage nach seinen Erwartungen an das neue Kabinett von Kanzler Sebastian Kurz.
Ziel müsse es sein, dass am Ende der Legislaturperiode Kinderarmut und Altersarmut sinken und nicht steigen, betonte der Caritas-Chef. Er sei "erleichtert", dass der Verfassungsgerichtshof das unter Türkis-Blau beschlossene Gesetz zur Mindestsicherungsreform aufhob. Dieses habe vorgesehen, dass die Mindestsicherung ab dem dritten Kind bei 44 Euro im Monat liegt. "Das ist 1,45 Euro pro Tag für dieses Kind, und selbst, wenn man die Familienleistungen hinzuzählt, ist das einfach ein Betrag, der nicht der Lebenswirklichkeit der Menschen entspricht", befand Landau. Er verwies auf die in den Familienzentren, Sozialberatungsstellen und Mutter-Kind-Häusern der Caritas gemachten Erfahrungen, dass Alleinerziehende und kinderreiche, einkommensschwache Familien in besonderer Weise armutsgefährdet seien.
"Nur lästige Caritas ist gute Caritas"
Auch auf Facebook äußerte sich Landau mehrfach rund um den Regierungswechsel. Noch vor deren Angelobung wünschte er der neuen Bundesregierung - "wie jeder Bundesregierung" - alles Gute und Gottes Segen. Die Arbeit der Caritas bleibe auch unter Türkis-Grün die gleiche: "Not sehen und handeln", wie Landau darlegte. Auch wenn manche versuchten, "die Caritas in irgendein politisches Eck zu drängen", sei festzuhalten: "Wir sind weder türkis, noch schwarz, noch rot, auch nicht blau, grün oder pink. Wir stehen für Nächstenliebe ohne Wenn und Aber."
Das daraus resultierende Engagement werde "anstrengend bleiben" und zugleich "die schönste Aufgabe der Welt", es werde "auch nicht allen gefallen", so Landau. "Nur eine lästige Caritas ist eine gute Caritas. Wir werden jedenfalls weiterhin auf der Seite der Armen stehen."
In einem weiteren Posting dankte Landau Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein für ihren Einsatz für Österreich und dessen Bewohner. "In den Geschichtsbüchern wird bleiben, dass Sie die erste Frau in dieser hohen Funktion in Österreich gewesen sind."
Diakonie: "Regierungsprogramm der Überschriften"?
"Zwiespältig": Mit diesem Adjektiv umschrieb die evangelische Diakonie das Regierungsprogramm der neuen ÖVP-Grüne-Koalition. "Einerseits öffnet die gestern angelobte neue Bundesregierung in den Bereichen Bildung, Pflege und Inklusion Gestaltungsspielräume", anerkannte Direktorin Maria Katharina Moser; "andererseits wird im Bereich Asyl im menschenrechtlich bedenklichen Ausmaß an der Verschärfungsschraube gedreht". Als problematisch erachtet die Diakonie insbesondere die "jetzt offensichtlich vor der Umsetzung stehende" Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), mit der die bisher unabhängige Rechtsberatung für Asylwerber im Innenministerium angesiedelt wird, sowie die "vorgesehene Isolation" von Flüchtlingen in grenznahen Lagern.
In anderen Kapiteln weisen die Regierungsziele laut Moser in die richtige Richtung. "Damit es allerdings nicht ein Regierungsprogramm der Überschriften bleibt, wird es entscheidend sein, dass in Bereichen, in denen der soziale Notstand akut ist, wie zum Beispiel Pflege, Therapieplätze für Kinder und die Ausstattung benachteiligter Schulstandorte (Chancenindex), sofort mit der Arbeit begonnen wird." Es müssten konkrete Maßnahmen definiert, ein Umsetzungszeitplan erstellt, und Budgetmittel dafür freigemacht werden, betonte die Diakonie-Direktorin. Skeptischer Nachsatz: "Ob das Regierungsprogramm das Papier wert ist, auf dem es geschrieben steht, werden die Budgetverhandlungen in den nächsten Wochen zeigen."
Dass zivilgesellschaftliche Organisationen wieder in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollen, vermerkte die Diakonie als positiv. "Mit Freude und Neugier blicken wir den Gesprächen entgegen", so Moser abschließend.
Polak: Signal "gegen das Lagerdenken"
Für die Wiener Theologin Regina Polak hat es "einen hohen symbolischen Wert, dass die neue Regierungskoalition über die politischen Lager hinweg konstruktiv zusammenarbeitet". Sie wünschte der Regierung in einem in aktuellen Kirchenzeitungen abgedruckten "Wort der Woche" gegen das Lagerdenken alles Gute und der Bevölkerung, dass sie dem Team um Bundeskanzler Kurz eine Chance gibt.
Quelle: kathpress