Bierlein: Frohbotschaft zuerst an Hirten zeigt Option für Arme
Dass die frohe Botschaft der Geburt Jesu zuerst den Hirten überbracht wurde, zeigt laut Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, "dass der neugeborene König allen Menschen, auch und gerade den Armen und Benachteiligten, Solidarität und Wohlwollen entgegenbringt". Die erste Regierungschefin Österreichs äußerte sich im aktuellen Pfarrblatt der Dompfarre Wien-St. Stephan, in dem auch andere bekannte Persönlichkeiten die Frage beantworteten: "Welche Figur aus der Weihnachtsgeschichte steht Ihnen am nächsten?" Ex-Bankmanager und -Flüchtlingskoordinator Christian Konrad nahm dabei auf die fehlenden Herbergsgeber für Josef und Maria Bezug, die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, Johanna Rachinger, ging besonders auf die drei Weisen aus dem Morgenland ein.
Weiters äußerten sich M. Hildegard Brem, Äbtissin der Zisterzienserinnenabtei Mariastern im vorarlbergischen Hohenweiler, Abt Lukas Dikany, Abt des Prämonstratenserstiftes Schlägl, Kammersängerin Ildiko Raimondi und Staatsoperndirektor Dominique Meyer.
Den Hirten komme in der Weihnachtsgeschichte als Erstadressaten der Verkündigung besondere Bedeutung zu, wies Kanzlerin Bierlein in ihrem Beitrag hin. Auch wenn sie einer damaligen sozialen Randgruppe angehörten, seien sie Teil der Gemeinschaft gewesen und hätten Verantwortung für die ihnen anvertraute Herde getragen.
Die Mühen bleiben oft unerkannt, sind aber für das Funktionierendes Gemeinwesens unabdingbar", plädierte Bierlein für soziale Sensibilität: "Menschen, die unbemerkt von der Öffentlichkeit am Rande der Gesellschaft leben, sind damals wie heute mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert.
Das "Fürchtet euch nicht!" des Engels an die Hirten sei wohl nicht nur dem Schrecken über dessen Erscheinen geschuldet gewesen, mutmaßte Bierlein: "Wer sich in einer unsicheren sozialen Lage befindet, kann Neues und Unerwartetes als Bedrohung empfinden." Die Hirten jedoch hätten ihre Furcht überwunden und sich mutig auf den Weg in die Stadt Davids gemacht.
Die Weihnachtsgeschichte erinnere besonders an unsere Verpflichtung zum sozialen Engagement, zur Nächstenliebe und zur Verantwortung füreinander, hielt die Kanzlerin abschließend fest. Es gelte das Wohl aller Menschen im Blick zu behalten.
Denn nur auf dieser Grundlage kann unsere solidarische Gesellschaft besser gedeihen.
"Jeder kennt den - abweisenden - Wirt in sich"
Christian Konrad, Initiator der Allianz "Menschen.Würde.Österreich", ging vom bekannten Weihnachtslied "Wer klopfet an?" aus, in dem Wirte die in einer misslichen Lage befindlichen Josef und Maria keine Unterkunft gewähren. "Jeder von uns kennt den Wirt in sich", zog Konrad eine Parallele zur Flüchtlingsbewegung der letzten Jahre. "Hinhören und fragen, das ist ja schon die erste Hürde. Ist sie genommen, hat man ja schon etwas getan", So Konrad.
Aber sich öffnen, sich berühren lassen, das ist schwer. Jeder der vier Wirte antwortet durch die verschlossene Tür. Das ist bequemer.
Als Flüchtlingskoordinator im Auftrag der Bundesregierung habe er ab 2015 die Aufgabe gehabt, das Zusammenwirken von Bund, Ländern und NGOs zu fördern. Das Engage-ment der Zivilgesellschaft habe damals "der Republik Österreich 'den Arsch gerettet' (Verzeihung!)", sprach Konrad Klartext. Viele unterschiedliche Menschen - Jung und Alt, Studierende und Mindestpensionistinnen, Unternehmer und alleinerziehende Frauen, autochthone Österreicher und Zugewanderte - hätten damals "die Hilflosigkeit von Ver-waltung und Politik ausgeglichen". Sie alle hätten "die Türen aufgemacht", hätten hingesehen und nicht weggeschaut, zugepackt, Lösungen gesucht, gekocht, gespendet, getan. "Ihnen gilt mein Respekt!", betonte Konrad. "Die Erfahrungen seit 2015 haben mir bewusst gemacht, welche Kraft diese Zivilgesellschaft in Österreich hat."
Als kleines Mädchen war es Johanna Rachingers - wie sie schrieb - sehnlichster Wunsch, auch einmal Sternsingerin zu sein. Sie habe deren Lieder auswendig gekannt und hätte sofort einspringen können - "allerdings durften das damals nur Buben". Heute freue sie sich jedes Jahr, wenn die Heiligen Drei Könige an die Tür klopfen.
Viel mehr als einzelne Figuren in der christlichen Krippe beeindrucken ihn die "Grundidee, die in dem Ensemble sichtbar wird", teilte Dominique Meyer mit:
Es ist Platz für viele! Für Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Hautfarbe sowie unterschiedlicher sozialer und wohl auch religiöser Hintergründe.
Die Krippe erinnert den Staatsoperndirektor auch an "Schlagworte, die so wichtig wären für eine gute Welt: Frieden, Harmonie, Liebe, Menschlichkeit, Toleranz - und Bescheidenheit".
Quelle: kathpress