Sternsinger unterstützen Bildungsprojekte für Straßenkinder
Zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag ziehen sie wieder von Haus zu Haus durch ganz Österreich: Rund 85.000 Sternsinger aus etwa 3.000 Pfarren verkünden die Weihnachtsbotschaft und sammeln für einen guten Zweck. Schwerpunktland der Sternsingeraktion 2020 ist Kenia. Mit den ersungenen Spenden unterstützen die als Kaspar, Melchior und Balthasar verkleideten Kinder und Jugendlichen Straßenkinder in Afrikas größtem Armutsviertel, dem Mukuru-Slum in Nairobi. Laut Schätzungen der Dreikönigsaktion (DKA) leben 700.000 Menschen dort auf engstem Raum, davon 60.000 Straßenkinder. Die meisten Straßenkinder seien von ihren Eltern zurückgelassen worden. "Ein Zeichen absoluter Hoffnungslosigkeit", wie die Sozialarbeiterin Anne Muthoni Wachirar im Interview mit "Kathpress" berichtete.
Oft würden alleinerziehende Mütter aus "absoluter Verzweiflung" und Hoffnungslosigkeit ihre Kinder verlassen, so die DKA-Projektpartnerin, die selbst im Slum aufgewachsen ist. Wachirar arbeitet heute als Programm-Organisatorin des MSDP (Mukuru Slums Development Projects), das mit Spenden der Sternsingeraktion unterstützt wird. Es gebe auch Fälle, bei denen der neue Partner die Mutter zwinge, ihre Kinder wegzugeben, da dieser die Kinder von einem anderen Mann nicht akzeptieren könnte. Eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt, so Wachirar.
Neben der Betreuung der Straßenkinder sei daher die wichtigste Aufgabe der Hilfsorganisation, die Eltern mittels Mikrokrediten für Investitionen, Ausbildungen oder Nahrungsmittel zu unterstützen. Ziel sei die Rückführung der Kinder in ihre Familien oder zumindest ein Leben bei Pflegeeltern. Viele Kinder seien durch ihr Leben auf der Straße traumatisiert und von ihren Eltern enttäuscht; bedeutend seien daher regelmäßige Gespräche mit Eltern und Kinder gemeinsam mit Sozialarbeitern und Therapeuten. Nur so könne das Vertrauen in der Familie wieder aufgebaut werden, erklärte Wachirar.
Ausweg durch Bildung
Aufgrund der fehlenden medizinischen Versorgung, Armut und mangelnden Bildung werden viele Mädchen sehr jung schwanger. Dann ziehe sich die Spirale der Armut weiter, "denn eine arme Mutter bekommt arme Kinder ohne Hoffnung", meinte die langjährige Lehrerin Risper Adhiambo Ogutu. Die Pädagogin arbeitet für das MPC (Mukuru Promotion Centre), einem Sozial- und Ausbildungszentrum für Kinder und Jugendliche im Mukuru-Slum, das ebenfalls von der DKA finanziell unterstützt wird. Ziel der Hilfseinrichtung sei es möglichst viele Kinder weg von der Straße zu bekommen und wieder in Schulen zu integrieren, auch schwangere Mädchen.
In Kenia sei die Schulausbildung zwar offiziell bis zur achten Klasse kostenlos, "viele Familien können sich aber weder Schuluniformen, noch Schuhe, Bücher, Stifte oder Hefte leisten", berichtete Ogutu. Hier unterstützt das MPC indem sie den Kindern die Schulausbildung finanziert. Kinder und Jugendliche bilden fast die Hälfte der kenianischen Bevölkerung (2012: 47.564.296). Eine Investition in deren Zukunft sei daher eine Investition in das Land, so Ogutu.
Das Leben im Slum oder auf der Straße hinterlasse bei vielen Kindern Traumata oder Ängste. Manche würden - wie ihre eigenen Eltern - jede Hoffnung in eine positive Zukunft verlieren und "in den Tag hineinleben", kritisierte die Lehrerin. Das MPC habe darum Mentoring-Programm gestartet, in denen erfolgreiche ehemalige Slum-Bewohner über ihren Werdegang berichten. Andere motivieren Jugendliche mit Tanz oder Kunst zu mehr schulischer Disziplin. Dies sei notwendig, um es "heraus zu schaffen", wie es Ogutu nannte.
Sternsinger besuchen Spitzen von Staat und Kirche
Die Sternsinger sammeln für insgesamt über 500 soziale Projekte in 20 Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika und besuchen dabei auch Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche und Politik. Der Sternsingerauftaktbesuch erfolgt heuer am 27. Dezember um 11.00 Uhr beim Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky im Erzbischöflichen Palais. Der österreichische Jugendbischof vertritt dabei den rekonvaleszenten Kardinal Christoph Schönborn.
Rund 100 Sternsinger werden am 27. Dezember um 12.30 Uhr bei Parlamentspräsidenten Wolfgang Sobotka um eine Spende bitten; der traditionelle Sternsingerbesuch aus ganz Österreich bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Wiener Hofburg findet am 30. Dezember um 13.30 Uhr statt.
Traditionell wird auch wieder eine österreichische Sternsinger-Delegation - heuer aus der burgenländischen Pfarre Ollersdorf - beim Neujahrsgottesdienst von Papst Franziskus im Petersdom am 1. Jänner um 10.00 Uhr sein. Am Neujahrstag empfangen um 16.00 Uhr Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Außenminister Alexander Schallenberg Sternsinger aus der Wiener Pfarre "Maria Drei Kirchen". (Infos: www.dka.at/sternsingen)
Quelle: kathpress