Caritas startet Winteraktuhilfe für Obdachlose
Die nächste Bundesregierung muss die Armut bekämpfen, nicht die Armutsbetroffenen: Darauf hat Caritas-Präsident Michael Landau bei einem Pressegespräch am Mittwoch in der Wiener Obachloseneinrichtung "Gruft" hingewiesen. Gemeinsam mit dem Schauspieler Karl Markovits, der leitenden Sozialarbeiterin Susanne Peter und einem ehemaligen Obdachlosen machte er auf die Not obdachloser Menschen im Winter aufmerksam. Neben den aktuellen Minustemperaturen erschwere derzeit vor allem das Ende der bisherigen Bedarfsorientierten Mindestsicherung sowie hohe Heiz- und Mietkosten vielen Menschen das Leben. Dringend erforderlich sei eine Reparatur der zuletzt beschlossenen "Sozialhilfe neu" und eine Mietrechtsreform, forderte Landau.
"Ziel einer Reform muss es sein, dass es den Menschen besser geht als vorher, nicht schlechter", so Landau wörtlich. Die mit Anfang 2020 in Kraft tretende "Sozialhilfe neu", die die bisherige Bedarfsorientierte Mindestsicherung ablöst, werde die Armut "verschärfen, aber nicht lösen". Schon jetzt seien laut Caritas 21.000 Menschen in Österreich wohnungslos, "die Zahl könnte steigen, wenn man die Abschaffung der Mindestsicherung nicht überdenkt", mahnte Landau mit Blick auf die künftige Bundesregierung.
Kritik übte Landau auch an der aufkeimenden Bettler-Debatte in Wien, denn "niemand stellt sich freiwillig auf die Straße, um zu betteln". Ein Verbot löse keine Probleme, sondern "verschärft die Situation nur noch". Darunter würden auch etwaige Geldstrafen für Bettler fallen:
Wenn jemand schon heute nicht weiß, wie er den Alltag auf die Reihe bekommt, wird die Not durch Verwaltungsstrafen nicht kleiner, sondern größer.
Grenzen brauche es aber im Blick auf "aggressives Betteln oder Betteln mit Kindern", meinte Landau, der Betteln als "Stachel in der Gesellschaft" bezeichnete.
Winterakuthilfe läuft an
"Wenn das Thermometer sinkt, steigt der Druck auf Menschen, die auf der Straße leben", mahnte der Caritas-Präsident. Der Auftrag an die Hilfsorganisation sowie an ganz Österreich sei darum, dass niemand "unversorgt" auf der Straße stehen und bei Minusgraden erfrieren müsse. Auf den aktuell hohen Bedarf an langfristig gesichertem Wohnraum und Unterstützung für obdachlose Menschen machte auch Schauspieler Karl Markovics aufmerksam, der die Streetworkerinnen der Gruft bei einem ihrer Nachteinsätze begleitet hat. In einem reichen Land wie Österreich dürfe niemand in Kälte, Nässe und Hunger allein gelassen zu werden, so Markovics, der auch zu Spenden für die "Gruft" aufrief.
Konkret hat die Caritas in den vergangenen Wochen die Zahl ihrer Notquartiersbetten um 200 Plätze aufgestockt; insgesamt stellt die Caritas in Wien 1.850 Notquartiers-, Schlaf- und Wohnplätze zur Verfügung, die u.a. vom Fonds Soziales Wien finanziell unterstützt werden. Zusätzlich sind in den Wintermonaten Streetworker und Kältebusse der Hilfsorganisation sieben Tage in der Woche im Einsatz, um möglichste viele Obdachlose mit Winterkleidung und Schlafsäcken zu versorgen. Seit 2. November steht zudem die Leitung des Caritas-Kältetelefons (01/480 45 53) offen, knapp 1.000 Anrufe sind laut Caritas bereits eingegangen.
"Gruft": Schon 110.000 Mahlzeiten ausgegeben
Auch die Obdachloseneinrichtung "Gruft" verstärkt in den Wintermonaten ihren Einsatz, gibt Schlafsäcke sowie warme Kleidung aus. Noch wichtiger sei aber der Sozialkontakt zu den Betroffenen, meinte Peter. Scham, Angst oder Kraftlosigkeit würden es Obdachlosen oft schwer machen zur Gruft zu kommen oder Hilfe überhaupt anzunehmen. Mit Hilfe von Sozialarbeitern werde den Menschen Mut zugesprochen und gemeinsam Optionen überlegt, wie konkrete Hilfe aussehen könnte. Oft reiche schon eine warme Dusche und eine Mahlzeit, berichtete Peter.
Bis Ende November wurden in der "Gruft" bereits 109.950 Mahlzeiten ausgegeben und 20.500 Nächtigungen gezählt. Im Vergleich dazu: im Jahr 2018 waren es insgesamt 121.000 warme Mahlzeiten und 22.000 Nächtigungen. Eine enorme Steigerung im Vergleich mit vorhergegangen Jahren, so Peter. 2009 lag die Zahl der Essensausgaben noch bei knapp 82.000 Mahlzeiten, 2006 zählte man lediglich 65.000 Mahlzeiten.
Um den Bedarf an Hilfsleistungen zu decken benötige die "Gruft" neben Sachspenden, wie Winterschuhe oder lange Unterhosen aber auch Spenden für die Caritas Kälte- sowie Suppenbusse oder die mobile Arztpraxis. Es fehlen laut Caritas-Angaben noch rund 100.000 Euro, um das erhoffte Spendenziel zu erreichen. (Spenden unter Kennwort: "Gruft Winterpaket": IBAN: AT163100000404050050, BIC: RZBAATWW; Online-Spenden: www.gruft.at)
Quelle: kathpress