Moraltheologe: Ökosteuer eins zu eins an Bürger zurückgeben
Wer Treibhausgase in die Atmosphäre bläst, soll dafür ebenso zahlen wie der, der die Gewässer mit chemischen Stoffen belastet oder die Artenvielfalt bedroht.
Dafür hat sich der Moraltheologe an der Katholischen Privatuniversität Linz, Michael Rosenberger, ausgesprochen. Einen Tag vor dem nächsten globalen "Earth Strike" der "Fridays For Future"-Bewegung (29.11) plädierte der Umweltsprecher der Diözese Linz damit für eine sozial verträgliche Ökosteuer. Rosenberger stellte sich in seinem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag auf dem Blog der Katholischen Sozialakademie auch explizit hinter den an die Politiker gerichteten Slogan der "Fridays For Future"-Klimabewegung: "Wir streiken, bis ihr handelt!"
Bisher würden die Folgekosten der Klimakrise nicht den Verursachern angelastet, sondern der Allgemeinheit, kritisierte der Professor für Moraltheologie mit Forschungsschwerpunkten in Umwelt- und Tierethik. "Preise von Produkten sprechen nicht die ökologische Wahrheit." Die Vordenker einer ökosozialen Steuerreform wollten den Bürgern keine Mehrkosten aufbürden, so Rosenberger. Die Mehreinnahmen des Staates aus der Ökosteuer sollten im Sozialbereich "eins zu eins zurückgegeben werden". Gerade Geringstverdiener und Sozialhilfeempfänger könnten von so einer Weichenstellung profitieren: "Zwei Ziele werden mit einer einzigen Maßnahme erreichbar."
Jedenfalls werde der Druck auf die Politik größer, 30 Jahre nach der erstmaligen Forderung einer ökologisch-sozialen Steuerreform - durch den damaligen ÖVP-Spitzenpolitiker Josef Riegler - "endlich etwas für den Klimaschutz zu tun", befand der Linzer Theologe. Freilich sei der Erfolg trotz der enormen Breite der gesellschaftlichen Öko-Initiativen nicht garantiert. "Es gilt daher, nicht locker zu lassen."
Auch kirchliche Vordenker einer Ökologisierung
Rosenberger erinnerte auch an kirchliche Vordenker einer Ökologisierung des Steuersystems: Im ökumenischen Sozialwort der Kirchen in Österreich von 2003 werde für eine Neuorientierung mit entsprechenden "entschiedenen Maßnahmen" plädiert: Von teilweisem Konsumverzicht sei ebenso die Rede, wie von einer Stärkung des fairen Handels, von Marktpreisen, die auch die ökologischen Kosten widerspiegeln, sowie von einer "ökologischen Steuerreform".
Je später wir etwas tun, umso teurer und schmerzlicher werden die nötigen Maßnahmen sein.
So der Theologe warnend. "Noch ist es nicht zu spät" - hätten Papst Johannes Paul II. und der orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel schon 2002 in Venedig in einer dramatischen Botschaft an die Welt gemahnt. Noch könne die Menschheit die Folgen des menschengemachten Treibhauseffekts auf ein erträgliches Maß begrenzen, sprachen sich die beiden Kirchenführer für einschneidende Veränderungen aus. Dieser Appell liege nun schon 17 Jahre zurück, so Rosenberger. Aber:
Geschehen ist nichts. Im Gegenteil: Die Industrieländer emittieren heute sogar mehr Treibhausgase als damals.
Das Jahr 2019 wird als Jahr einer breiten Bürgerbewegung für entschlossenen Klimaschutz in die Geschichte eingehen, prognostizierte der katholische Theologe, der mit Gesinnungsgenossen aus der evangelischen Kirche, aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Buddhistischen Religionsgesellschaft zu den Erstunterzeichnern der Initiative "Religions for Future" gehört. Rosenberger verwies auf den vierten globalen Klimastreik am 29. November, die mit Millionen von Teilnehmern in einem Vierteljahresrhythmus von Mal zu Mal größer würden. Und "die Zeit drängt!", machte Rosenberger auf bereits überschrittene Belastungsgrenzen des Planeten aufmerksam: Die Erwärmung des Klimas und die Änderung der Landnutzung befänden sich "im hochriskanten Bereich", die Zerstörung der Artenvielfalt und die Entgleisung der Kreisläufe von Phosphor und Stickstoff lägen sogar "bereits weit im katastrophalen Bereich".
Umkehr durch Freude an der Schöpfung
"Was gerade vor sich geht, stellt uns vor die Dringlichkeit, in einer mutigen kulturellen Revolution voranzuschreiten", erinnerte Rosenberger an die Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus. Die christliche Spiritualität rege zu einem Wachstum mit Maß an und zu einer Fähigkeit, mit dem Wenigen froh zu sein.
Eine "Umkehr von innen heraus" könne laut Franziskus nur wachsen auf der Basis einer tiefen Freude über die Schöpfung. "Aus dem Staunen über den unermüdlichen Fleiß einer Ameise und das wunderbare Liebesduett eines Singvogelpärchens. Aus der Faszination über die Widerstandskraft der Flechte auf einem Felsgipfel in 3000 Meter Meereshöhe und die kühlende Wirkung einiger Laubbäume in der Sommerhitze einer Großstadt." Eine solche Haltung werde nachhaltig sein, wenn sie "aus freien Stücken und nicht gezwungen" Konsequenzen ziehe, "mit Freude und nicht mit zusammengebissenen Zähnen".
Quelle: kathpress