Österreicher spenden 2019 erstmals 700 Millionen Euro
Auch wenn mit den Weihnachtstagen die gebefreudigste Zeit des Jahres noch aussteht - das diesjährige Spendenaufkommen in Österreich wird heuer erstmals die 700 Millionen Euro Marke erreichen und damit um 2,2 Prozent über jenem des Jahres 2018 liegen. Diese Prognose stellte Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria (FVA), bei der Präsentation des zehnten Spendenberichtes des Dachverbands der Spendenorganisationen. Die heimische Bevölkerung gebe damit doppelt so viel wie vor zehn Jahren, die Spendenbeteiligung bleibe auf Rekordniveau. An der Pressekonferenz am Mittwoch in Wien nahmen auch Bernhard Hofer vom Sozialforschungsinstitut "Public Opinion" und Jakob Maierhofer-Wieser, Geschäftsführer der Dreikönigsaktion, teil.
Freilich: Die "vielzitierten Spendenweltmeister" seien die Österreicher nicht, verwies Lutschinger auf deutlich höhere Pro-Kopf-Spenden in der Schweiz, in Großbritannien, Skandinavien und erst recht im Vergleich mit den hier führenden Ländern USA, Myanmar und Neuseeland. Aber das österreichische Spendenwesen habe sich vor allem seit Einführung der Spendenabsetzbarkeit kontinuierlich weiterentwickelt. Knapp zwei Drittel der Bevölkerung spende, und das in einer Höhe von durchschnittlich 113 Euro. Nimmt man die Gesamtbevölkerung als Maßstab, spenden die Österreicher im Schnitt 78 Euro.
Die Spender in den drei westösterreichischen Bundesländern erwiesen sich mit durchschnittlich 113 Euro als besonders spendabel, Wien mit 99 Euro und die Steiermark sowie Kärnten lägen hier mit 100 Euro pro Spender klar darunter, erläuterte Sozialforscher Hofer. Wien liege jedoch mit einem Spenderanteil von 71 Prozent bei der Spendenbeteiligung voran. Lutschinger nannte Österreich ein "Land der Kleinspender", großes Mäzenatentum wie anderswo sei hier viel weniger ausgeprägt.
Rotes Kreuz und Caritas voran
Bei den Spendenzielen sind den Österreichern - und hier besonders den älteren, besonders großzügigen Spendern - bundesweit eindeutig Kinder, Tiere und die Soforthilfe bei Katastrophen am wichtigsten, erklärte Hofer. Für heuer zeichne sich ab, dass Zuwendungen für Tiere hier die Spitze übernehmen werden. Bei den spendenempfangenden Non-Profit-Organisationen lag 2018 das Rote Kreuz mit 73 Mio. Euro an der Spitze, gefolgt von der Caritas mit 72 Mio. Deren Einbuße von fast 6 Mio. Euro gegenüber 2017 erklärte Lutschinger mit Schwankungen, die mit besonderen Katastrophen oder Krisen zu tun hätten.
Deutlich hinter den Top 2 im Ranking liegen SOS Kinderdorf mit 37 Mio. Euro, "Ärzte ohne Grenzen" (24) und die Dreikönigsaktion (DKA) der Katholischen Jungschar (18). Bei den unter den besten 30 NPOs gereihten kirchlichen Organisationen fällt auf, dass die DKA wie auch "Missio", "Jugend Eine Welt", "Sei so frei" der Katholischen Männerbewegung und die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis von 2017 auf 2018 kleinere Einbußen beim Spendenaufkommen verzeichneten.
Bereits drei von vier der 100 größten NPOs tragen das Österreichische Spendengütesiegel, wies Günter Lutschinger hin. Österreich sei somit eines der sichersten Spendenländer. Um die Entwicklung des gemeinnützigen Sektors auch für die kommenden Jahre sicherzustellen, forderte der FVA-Geschäftsführer von der nächsten Bundesregierung das Schließen von Lücken bei der 2017 eingeführten Spendenabsetzbarkeit: 94 Prozent aller Spenden seien hierzulande steuerbegünstigt, unter die verbleibenden 6 Prozent entfielen Zuwendungen für Bildung, Tierschutz und Sport.
Besonderes Augenmerk gilt im Spendenbericht 2019 der Jugend: Sie zeige sich besonders gegenüber Bettlern und Obdachlosen freigiebig und engagiere sich lieber für Projekte als für bestimmte Organisationen. Und auch wenn die traditionelle Erlagscheinspende immer noch am wichtigsten für das Aufkommen ist - Online-Spenden werden immer wichtiger, nicht zuletzt durch die internetaffinen jungen Spender.
Sternsingen der Jungschar ist "Lebensschule"
Bemerkenswert: Rund 2,3 Millionen Menschen in Österreich engagieren sich laut dem Spendenbericht ehrenamtlich in weit über 100.000 Vereinen und Spendenorganisationen. Darunter unzählige Jugendliche, etwa die 85.000 Sternsingerinnen und Sternsinger, die jährlich zu großzügigen Spenden im Rahmen der Dreikönigsaktion motivieren. "Durch diesen großartigen ehrenamtlichen Einsatz von vornehmlich Kindern und Jugendlichen können wir über einer Million Menschen in Not helfen", betonte DKA-Vertreter Jakob Maierhofer-Wieser. Dies sei ein "starkes Zeichen für die große Solidarität in unserem Land" und habe auch einen Nachhaltigkeitseffekt als "Lebensschule", sich für eine gute Sache zu engagieren und so auch als Erwachsener zum sozialen Zusammenhalt beizutragen.
Hingewiesen wurde bei der Presskonferenz auf dem "GivingTuesday" am 3. Dezember, der gerade auch von Jugendlichen als Kontrast zum "Konsumwahn" des "Black Friday" gesehen werde, wie Lutschinger sagte. Millionen Menschen auf der ganzen Welt feiern am kommenden Dienstag das Geben - 2019 erstmals in größerem Rahmen auch in Österreich: Mehr als 80 Unternehmen und Spendenorganisationen sowie viele Privatpersonen engagieren sich an diesem Tag mit kreativen Spendenaktionen, ehrenamtlichen Mitarbeiteraktivitäten sowie Geld- und Sachspenden. Der "Tag des Gebens" wird unterstützt von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein. (Info: Spendenbericht 2019 online im Pressebereich auf www.fundraising.at)
Quelle: kathpress