Graz: Symposium reflektiert "Missbrauch im Kopf"
Unter dem Motto "Geistiger Missbrauch" diskutieren am 29. und 30. November in Graz Experten aus Kirche, Justiz, Medizin und Psychologie über Grauzonen und Grenzüberschreitung in der Begleitung von Menschen. Das Symposium mit einem öffentlichen und geschlossenen Programm wird von der Diözese Graz-Seckau zusammen mit der Medizinischen Universität und der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Graz veranstaltet. Im Zentrum der wissenschaftlichen Fachtagung steht die Frage nach dem Machtpotential von Glaube und Spiritualität, sowie das Phänomen der Beeinflussung von Menschen durch Erziehung oder Therapie.
"Geistiger Missbrauch ist Teil des menschlichen Charakters", stellte Gerhard Hörting, Gerichtsvikar der Diözese Graz-Seckau und Organisator des Symposiums, im Vorfeld der Veranstaltung klar. Die Frage des Umgangs mit Menschen, die einem das Leben anvertrauen und nach Orientierung suchen, sei darum dringend notwendig. Schließlich führe die Macht über andere leicht "in Versuchung" und es bedürfe "großer menschlicher Reife, damit umzugehen".
Glaube und Spiritualität würden sich durch ein "enormes Machtpotential auszeichnen". In der katholischen Kirche zeige sich ein geistiger Machtmissbrauch laut Hörting in unterschiedlichen Formen. Beispiele dafür seien eine unter Druck entstandene Eheschließung genau so wie das Anbieten der Kommunion ausschließlich an kniende Menschen. Dem gegenüber stehe jedoch die von Jesus vorgelebte Form der freien Entscheidung: "In der Bibel steht öfters, dass die Anderen sich traurig abwandten. Sie haben frei entschieden und das war in Ordnung", so der Gerichtsvikar.
Im öffentlichen Teil am Vormittag des 29. November von 9 Uhr bis 12.15 Uhr am Universitätszentrum Theologie (Heinrichstraße 78) geht es in fünf Vorträgen um die theologisch-ethische Perspektive von Selbstbestimmung und geistlichem Missbrauch, um die systemische Verlockung zu geistigen Übergriffen, um Missbrauch von Glaube, Hoffnung und Liebe sowie um einen Ausblick auf ein Leben trotz aller Zerstörung. Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl und Christoph Heil, Dekan der Katholisch-theologischen Fakultät, sprechen die Grußworte zu Beginn der interdisziplinären Tagung mit Fachleuten aus dem In- und Ausland.
Darauf folgt eine Fachtagung in geschlossenem Rahmen, das das Thema "Geistiger Missbrauch" am 29. und 20. November unter den drei Blickwinkel Theologie und Psychologie, Recht und Medizin näher beleuchtet. Die Vorträge halten u.a. Katharina Anna Fuch, Professorin an der Universität Gregoriana in Rom, Christian Pilnacek, Leiter der Sektion "Strafrecht" im Justizministerium sowie Psychiater Patrick Frottier.
Ziel des Symposiums ist die Erstellung eines Kriterienkatalogs aus medizinischer, juristischer und theologischer Perspektive, der definiert, wann inakzeptables Verhalten beginnt, erklärte Hörting. Dazu gehöre z.B. auch das Wissen, wo man sich hinwenden kann, wenn man eine Grenzüberschreitung ortet. Im kirchliche Bereich seien das beispielsweise die Ombudsstellen, die in allen Diözesen eingerichtet sind und weisungsfrei arbeiten.
(Infos und Anmeldung unter https://theol.uni-graz.at/de/neuigkeiten/detail/article/grauzonen-symposium-geistiger-missbrauch-am-29112019/)
Quelle: kathpress