Wien: Neues Buch über umstrittenen Bischof Hudal erschienen
Unter dem provokanten Titel "Hitlers Mann im Vatikan" ist in diesen Tagen ein neues Buch des Historikers und Lektors Johannes Sachslehner über den aus Graz stammenden Bischof und früheren Rektor des deutschen Priesterkollegs Santa Maria dell'Anima in Rom, Alois Hudal (1885-1963), erschienen. Er wollte durch eine Zusammenschau möglichst vieler Quellen und Fakten den eigentlichen Charakter Hudals als ein "Kämpfer und Karrierist" aufzeigen, betonte Sachslehner bei einer Buchpräsentation in der vergangenen Woche in Wien im Gespräch mit "Kathpress". Hudal gilt spätestens seit seiner Publikation "Grundlagen des Nationalsozialismus" von 1936 und seines Einsatzes als Fluchthelfer für Nationalsozialisten als höchst umstrittener Kirchenmann.
Laut Verlagstext zeichnet Sachslehner in seinem biografischen Porträt Leben und Werk Hudals nach, "der seinen nationalsozialistischen Prinzipien bis zum Ende treu blieb". So fokussiert Sachslehner etwa auf antisemitische Aussagen, die sich bei Hudal bereits knapp nach dem Ende des Ersten Weltkrieges fanden. Hudal sei Anhänger der sogenannten "Dolchstoßlegende" gewesen und habe seine Predigten stets als Plattform politischer Botschaften genutzt, führte Sachslehner aus. Hudal habe sich - trotz spürbarem Gegenwind im Episkopat und im Vatikan auf seine Publikation hin - "dazu berufen gefühlt, weiter für die Größe des deutschen Volkes zu arbeiten"; er sei also einer klaren Berufung gefolgt, ist der Historiker überzeugt.
Verwundert zeigte sich Sachslehner darüber, dass es nie eine öffentliche Verurteilung Hudals gegeben habe: "Das öffentliche Österreich, sowohl die Kirche, als auch die Politik, hat den Weg gewählt, zu schweigen." Zwiespältig sei auch die Rolle der Bischofskonferenz im Blick auf Hudal gewesen, so Sachslehner gegenüber "Kathpress": So hätte diese Hudal in einem Brief zwar öffentlich verurteilt, in einem weiteren, "inoffiziellen" Schreiben hätten sich dann jedoch viele Bischöfe bei ihm entschuldigt und erklärt, dass der erste Brief nur auf internen Druck hin entstanden sei.
Kritik von Hudal-Experte Klieber
Teils scharfe Kritik an dem Werk übt indes der Wiener Kirchenhistoriker und Hudal-Experte Prof. Rupert Klieber. Zwar zeuge das Buch von "großem Fleiß" und fördere "etliche bisher unbekannte Details zum Wirken Hudals" gerade in dessen vor-römischer Zeit hervor, doch mangele es gerade im Blick auf die "heiße Phase" der Jahre zwischen 1930 und 1950 an sauberer Quellenarbeit und "seriöser historiografischer Einbettung". Indem Hudal "holzschnittartig als Krypto-Nazi von Anfang an stilisiert" werde, würden tatsächliche biografische Brüche und Entwicklungen übersehen. Somit leiste das Buch in der Gesamtschau zur Person Hudals eher einen Bärendienst als dass es zur Aufklärung beitrage, so Klieber im Interview mit "Kathpress".
Konkret fehlten etwa wichtige Forschungsergebnisse wie jene Studie aus dem Jahr 2012, in der die Rolle Hudals im Umbruch Österreichs 1933/34 beleuchtet wird und in der u.a. Hudals Aufruf zu einer kurialen Verurteilung von "NS-Irrtümern", vor allem des "radikalen Antisemitismus voller Ungerechtigkeiten und barbarischer Akte gegenüber den Juden" angeführt wird. Solche Details würden in der Gesamtschau ein weitaus komplexeres Bild Hudals ergeben, wiewohl Hudal zweifellos "notorisch geltungssüchtig" und letztlich ein "Blender" gewesen sei, spätestens durch seine NS-Studie 1936 zum "Außenseiter" und kirchlich praktisch "kaltgestellt" wurde.
Schließlich sah Klieber auch in der seines Erachtens reißerischen Aufmachung des Buches ein Problem: Freischaffende Historiker seien nunmal auf die intensive Produktion und den Verkauf von Büchern angewiesen - und "Hitler sells". Diese Arbeitsweise habe jedoch, wie sich an diesem Beispiel zeige, "ihren Preis", so Klieber.
Das Buch "Hilters Mann im Vatikan. Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche" ist im Molden-Verlag erschienen und kostet 28 Euro.
Quelle: kathpress