Caritas fordert von künftiger Regierung Kinderrechte ein
Die Caritas Österreich hat an die künftige Bundesregierung appelliert, sich in Österreich und weltweit für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention einzusetzen. Anlass für die Aussendung am Dienstag war, dass sich die Verabschiedung des UN-Dokuments am 20. November, nun Welttag der Kinderrechte, zum 30. Mal jährt. "Kinder haben Rechte auf Schutz, Versorgung und Mitbestimmung!", betonte die Caritas auch im Blick auf Österreich: Kinderrechte würden auch hierzulande verletzt. Fast ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Österreich sei armutsgefährdet - ein Widerspruch zu ihrem Recht auf angemessenen Lebensstandard -, es fehle an kostengünstigen und ausreichenden Gesundheits- und Therapieangeboten, und Bildung werde viel zu stark "weitervererbt".
Noch immer entscheide hierzulande der Bildungsweg der Eltern über den ihrer Kinder, kritisierte die Caritas: Kinder, deren Eltern einen Pflichtschulabschluss haben, erreichen laut vorliegenden Zahlen deutlich seltener einen Hochschulabschluss als Kinder von Akademikern. Mit einem niedrigen Bildungsstandard werde auch Armutsgefährdung an die nächste Generation weitergegeben - "Chancengleichheit fehlt", hielt die Caritas fest.
"Wenn es um Kinder geht, geht es um die Gegenwart und die Zukunft unserer Gesellschaft", betonte Caritas-Österreich-Generalsekretär Bernd Wachter. Er forderte eine "armutsfeste Sozialhilfe", die kinderreiche Familien und Alleinerziehende nicht benachteiligt. Auch ein zweites kostenfreies, verpflichtendes Kindergartenjahr könne dazu beitragen, der Kinderarmut und "Bildungsvererbung" entgegenzuwirken, so Wachter.
Die Caritas lenkte den Blick auch auf Kinder in Asylverfahren, deren Rechte besser geschützt werden müssten und deren Wohl vorrangig zu berücksichtigen sei. Eine neue Studie von UNICEF Österreich und Asylkoordination Österreich über "begleitete Kinderflüchtlinge" lege nahe, "kinderspezifische Räume und familienorientierte Schutzsysteme" zu etablieren sowie durch bildungspolitische Maßnahmen zu möglichst guten Ausbildungen zu verhelfen.
"Einen Skandal" nannte es Andreas Knapp, Caritas-Generalsekretär für Internationale Programme, dass weltweit 387 Millionen Kinder in extremer Armut lebten und 124 Millionen nicht zur Schule gehen könnten. Sein Appell an die künftige Regierung: mehr Engagement für ein besseres Leben von Kindern - "weltweit und auch in Österreich". Die heimische Entwicklungspolitik müsse verstärkt auf Investitionen in Bildungseinrichtungen setzen. "Das ist die beste Investition in die Zukunft, auch im Sinne der weltweiten Armutsbekämpfung", erklärte Knapp.
"Kinderrechte in keinem Land garantiert"
Am 20. November 1989 verpflichtete sich die Staatengemeinschaft, Kindern eigene Rechte zuzugestehen. In 54 Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention wurden Minderjährigen auf der ganzen Welt Rechte auf Schutz, Versorgung und Mitbestimmung garantiert, erinnerte die Caritas. Bis auf die USA unterzeichneten alle Staaten die Kinderrechtskonvention; doch die Einhaltung der Kinderrechte sei "in keinem Land der Welt garantiert". Die Caritas macht sich daher als Mitglied des Netzwerks Kinderrechte in Österreich gemeinsam mit 44 anderen Organisationen und Institutionen für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention stark.
Die katholische Hilfsorganisation ist auch selbst für Kinderrechte engagiert, wie sie in ihrer Aussendung hinwies: In Österreich werden in 54 Lerncafés 2.100 Kinder und Jugendliche erfolgreich dabei unterstützt, in der Schule gut voran zu kommen. Verschiedene Caritas-Angebote helfen Familien in Not; Jugendzentren, Jugend-WGs und Notschlafstellen greifen Jugendlichen, die auf sich allein gestellt sind, unter die Arme. Im Ausland schütze die Caritas Kinder in Katastrophensituationen besonders, nach aktuter Krisenbewältigung bemühe sie sich darum, "dass für Kinder so schnell wie möglich wieder Normalität eintritt und sie eine Schule besuchen können" - derzeit etwa mehr als 10.000 Kinder in Syrien, Jordanien und dem Libanon.
Ab Mittwoch will die Caritas Kindern und Jugendlichen aus dem In- und Ausland auf ihren Social-Media-Kanälen 30 Tage lang "eine Stimme geben": Kinder erzählen, was sie brauchen, damit es ihnen gut geht, Hilfsprojekte und die Kinderrechte werden vorgestellt, kündigte die Caritas an. (Info: www.caritas.at/kinderrechte)
"Aktion Leben" pocht auf Rechte Ungeborener
Die "Aktion Leben" forderte zum "Welttag der Kinderrechte" eine Erweiterung der Kinderrechte auf die Zeit vor der Geburt. "Vorgeburtliche Einflüsse wirken sich gravierend auf jeden Menschen aus", betonte die Generalsekretärin des überkonfessionellen Vereins, Martina Kronthaler, in einer Aussendung am Dienstag. Konkret gehe es etwa um traumatische Erlebnisse, übermäßiger Stress, Alkoholkonsum in der Schwangerschaft oder auch spezifische Arten der Entstehung durch Maßnahmen der Reproduktionsmedizin; all das gehe "nicht spurlos an Kindern vorüber".
"Kinder vor der Geburt und ihre Mütter unter besonderen Schutz zu stellen, ist wirksamste Gesundheitsförderung", meinte Kronthaler, die für mehr Achtsamkeit gegenüber dem Lebensanfang appellierte. Der Lebensschutzverein erinnerte auch an die "Charta der Rechte der Kinder vor, während und nach der Geburt", die 2005 von der Internationalen Studiengemeinschaft für Prä- und Perinatale Psychologie und Medizin (ISPPM) verabschiedet wurde. Um das Bewusstsein für die Bedeutung des Lebensanfangs zu stärken müsse die Charta und deren neun Forderungen in die Kinderrechte inkludiert werden, mahnte Kronthaler.
Diakonie blickt auf Kinder mit Behinderung
Dass auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung Rechte haben, hat die evangelische Diakonie zum Tag der Kinderrechte betont. Direktorin Maria Katharina Moser forderte zum Start der Diakonie-Adventkampagne "Hoffnung braucht ein JA" vier Maßnahmen von der künftigen Regierung: Auch Kinder mit Behinderung sollten Zielgruppe eines verpflichtenden Kindergartenjahres sein; sie bräuchten Assistenz in der Schule, damit betroffene Eltern oder engagierte Lehrkräfte nicht länger "Bittsteller" sein müssten; ein Ja gelte es auch zu inklusiver Nachmittagsbetreuung zu sagen; und schließlich sollten behinderte Jugendliche ihre Schulkarriere auch nach der neunten Schulstufe leichter fortsetzen können.
"Menschen mit Behinderung haben viele Begabungen", betonte Moser. "Ziel inklusiver Bildung wie auch unserer Arbeit in der Diakonie ist es, diese Begabungen zu entdecken und zu fördern."
180 Jahre Adventkranz
Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien informierte die Diakonie auch über die Geschichte des Adventkranzes: Erfunden worden sei dieses vorweihnachtliche Traditionsgut vor 180 Jahren für Straßenkinder des beginnenden Industriezeitalters, denen die Diakonie Zuflucht und Zukunft ermöglicht habe. Der evangelische Theologe und Pädagoge Johann Hinrich Wichern habe die Not der verwahrlosten Kinder in den Vorstädten Hamburgs gesehen, Spenden bei wohlhabenden Bürgern gesammelt und eine "Rettungsanstalt" für Hamburgs Straßenkinder gegründet.
1839 wurde im Betsaal dieses "Rauen Hauses" der erste Adventkranz aufgehängt, erinnerte die Diakonie an das damalige große, mit Kerzen bestückte Wagenrad. "Der Adventkranz ist Symbol und Hoffnungsträger geworden", sagte die Diakonie-Direktorin. Die evangelische Hilfsorganisation wolle auch heute "Hoffnungs-Geschichten erzählen und auf unseren Straßenplakaten Hoffnungsträgern und Hoffnungsträgerinnen ein Gesicht geben".
Quelle: kathpress