Pro Oriente setzt auf informellen orthodox-katholischen Dialog
Die "Pro Oriente"-Kommission für orthodox-katholischen Dialog wird sich in den kommenden Jahren vertieft heiklen ökumenischen Themen widmen und zugleich auch versuchen, dem katholisch-orthodoxen Dialog mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Das waren einige der grundsätzlichen Ergebnisse des jüngsten zweiten Treffen des "Pro Oriente Steering Commitee for Orthodox-Catholic Dialogue" in Wien, wie die Stiftung mitteilte. Erste Ergebnisse des neuen inoffiziellen Dialogs sollen in die Feierlichkeiten zum 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nizäa im Jahr 2015 einfließen.
Bei der Tagung in Wien sei auch deutlich geworden, dass in Zeiten angespannter inter-orthodoxer Beziehungen inoffizielle Formate für orthodox-katholischen Dialog, wie dasjenige von "Pro Oriente", für die Fortführung und Vertiefung des Dialogs mehr denn je an Bedeutung gewinnen. So nahm an den Beratungen auch ein Vertreter der russischen orthodoxen Kirche teil. - Der Konflikt zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel um die Ukraine hat auch massive Auswirkungen auf den offiziellen Dialog zwischen der Orthodoxie und der katholischen Kirche, da Moskau seine Teilnahme an entsprechenden Foren bis auf weiteres eingestellt hat.
Der inoffiziellen Dialogkommission gehören sechs orthodoxe und sechs katholische Theologinnen und Theologen aus acht verschiedenen Ländern an. Innerhalb der Kommission gibt es drei Arbeitsgruppen. Die Arbeitsgruppe "Heilung der Erinnerung", die sich mit den besonders heiklen Themen der Aufarbeitung der historischen Belastungen des Verhältnisses von Orthodoxen und Katholiken auseinandersetzt, wird ab 2021 in drei Jahresschritten die spezifischen Situationen im Nahen Osten, auf dem Balkan und in Osteuropa behandeln.
Die Arbeitsgruppe "Vernetzung der verschiedenen Dialoginitiativen" setzt auf das Internet. Geplant ist der Aufbau einer Datenbank, die in vier "westlichen" und in vier "östlichen" Sprachen alle wichtigen Dialogpapiere des Fortschritts der ökumenischen Annäherung von Katholiken und Orthodoxen in Europa, im Nahen Osten und den Amerikas dokumentieren soll, einschließlich des entsprechenden Bildmaterials. Die besondere Funktion des Kirchenrechts spielte in den Überlegungen der Arbeitsgruppe "Rezeption und Inspiration" eine große Rolle, die neue Formate für die Vermittlung der erreichten Dialogergebnisse in die kirchliche und gesellschaftliche Öffentlichkeit entwickeln wird.
Das dritte Treffen der "Pro Oriente"-Kommission für orthodox-katholischen Dialog wird im November 2020 in Wien stattfinden. In der Zwischenzeit werden die an der Kommission beteiligten Theologinnen und Theologen sich intensiv um Verwirklichung der Vorhaben der drei Arbeitsgruppen bemühen.
Anfragen an Ökumene-Verweigerer
Beim aktuellen Treffen in Wien referierte u.a. der Direktor der Theologischen Akademie im griechischen Volos, Pantelis Kalaitzidis, zur Frage "Wie verhält man sich im ökumenischen Dialog zu Fundamentalisten?" Die zentralen Fragen in diesem Zusammenhang lauteten: "Wie weit kann der Dialog mit Leuten gehen, die den Dialog verweigern?", und: "Welche Antwort kann man auf den Anspruch einiger Fundamentalisten geben, dass Dialog kein Dialog sei, wenn sie nicht einbezogen sind, und wenn man nicht wage, ihre Kritik und sogar ihre Opposition gegen den Ökumenismus zu diskutieren".
Fundamentalisten und religiöse Extremisten, so Kalaitzidis, verließen sich auf Pluralismus und Diversität, um beide zu bekämpfen. Im Grund gehe es um eine ähnliche Fragestellung wie in der Politik, wo die Feinde der Demokratie und der Menschenrechte sich der modernen Kommunikationsmittel bedienen, um gegen die Moderne zu kämpfen", betonte der griechische Theologe. Die Moderne - mit Menschenrechten, Toleranz und Akzeptanz von Diversität - könne als ein von fundamentalistisch gesonnenen Orthodoxen abgelehntes Element des Ökumenismus angesehen werden.
Selbstkritik als Faktor der Einigung
Der Direktor der Akademie von Volos unterstrich seine persönliche Überzeugung, dass es keinen Dialog ohne Regeln und ohne Voraussetzungen geben könne. Eine grundsätzliche Regel des ökumenischen Dialogs sei es, den "Anderen" in seiner Würde und christlichen Identität zu respektieren. Eine Voraussetzung sei aber auch die Akzeptanz des Kircheseins der anderen Kirchen. Hier müsse man sich die Frage stellen, ob Fundamentalisten bereit sind, andere Christen als Christen zu akzeptieren oder ob sie sie als "Häretiker, Verräter oder Apostaten" betrachten. Durch den Verweis auf die Treue zum dialogischen Ethos des Christentums lasse sich aber die radikal antichristliche Mentalität der Gegner des Ökumenismus entlarven, so Kalaitzidis.
Abschließend trat der griechische Theologe für einen Prozess der "Heilung der Erinnerungen" und die Überwindung der "Last von Geschichte und Psychologie" durch die Theologie und einen "wahrhaft ökumenischen Geist" ein. Man müsse die Rolle der Geschichte als trennenden Faktor und zugleich die Möglichkeiten des gemeinsamen ökumenischen Blicks auf die historische Vergangenheit als "einigenden Faktor" sehen. Buße und Selbstkritik sollten als zentrale Faktoren auf dem Weg zur christlichen Einheit und zur Versöhnung gesehen werden.
Quelle: kathpress