Islamische Glaubensgemeinschaft feiert 40 Jahre Anerkennung
Mit einem Festakt und unter Teilnahme hochrangiger Vertreter von Staat, Religionsgemeinschaften und Gesellschaft hat die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) am Sonntagnachmittag in Wien den 40. Jahrestag ihrer Gründung als Körperschaft öffentlichen Rechts gefeiert. Die zweitgrößte staatlich anerkannte Religionsgesellschaft zählt heute rund 500.000 Mitglieder. An dem Festakt im Wiener Rathaus nahmen u.a. Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bürgermeister Michael Ludwig und zahlreiche Vertreter aus den Religionsgemeinschaften teil. Die Katholische Kirche wurde vertreten durch den Wiener Weihbischof Franz Scharl, Bischofsvikar Dariusz Schutzki sowie Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka.
Bundespräsident Van der Bellen erinnerte in seiner Ansprache an das eigentliche Datum, das Jahr 1912, auf dem das positive Verhältnis zwischen Staat und Muslimen in Österreich basiere: Es war dies das Datum der Verabschiedung des Islamgesetzes, durch welches der Islam in der Donaumonarchie anerkannt wurde und wodurch Österreich eine Pionierrolle im Umgang mit dem Islam eingenommen habe. 107 Jahre später sei es nun "an der Zeit, Muslime und Musliminnen nicht als das ewig Fremde in Österreich anzusehen", appellierte der Bundespräsident.
Heute gelte es schließlich zu erkennen, dass eine Verfassung und ein liberaler Rechtsstaat allein nicht ausreiche, um das Zusammenleben positiv zu gestalten: Den Religionen komme als "wichtige Stimme in der Gesellschaft" eine wichtige Funktion zu. "Nur zusammen sind wir eine Gesellschaft", so Van der Bellen. Er selber habe den Eindruck, dass der Dialog der Religionen mit dem Staat sowie untereinander in Österreich gut funktioniere: So erinnerte der Bundespräsident etwa an beeindruckende Zeichen der Solidarität, als nach gezielten Beschädigungen von Bildern an der Wiener Ringstraße, die als Teile einer Ausstellung an die Opfer der NS-Gräuel erinnern sollten, eine spontane Mahnwache gemeinsam von Muslimen, Juden und Christen abgehalten wurde.
Vural: "Islam mit österreichischem Gesicht"
Der Präsident der IGGiÖ, Ümit Vural, betonte, dass der Islam heute eine in Österreich heimische Religion sei. Die gesetzliche Anerkennung der IGGiÖ vor 40 Jahren sei ein "Privileg, um das uns viele Muslime im Ausland beneiden" und eine "Qualitätsidee altösterreichischer Prägung", unterstrich Vural. Heute gelte es, manch in den letzten Jahren aufgerissene Gräben wieder zuzuschütten, denn: Es gibt auch Diskriminierung von Muslimen und einen "antiislamischen Rassismus" in der Gesellschaft: "Ich bin angetreten vor einem Jahr, um den Islam in Österreich ein europäisches, österreichisches und wienerisches Gesicht zu geben" und um so das vorherrschende Zerrbild von Muslimen zu korrigieren, strich Vural heraus. Freiheit, Demokratie, Religionsfreiheit und Selbstbestimmung seien Werte, die die Muslime leben und stärken wollten.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig erinnerte in seiner Ansprache daran, dass vor 40 Jahren nicht nur die IGGiÖ anerkannt wurde, sondern auch die erste Moschee in Wien auf der Donauinsel "mit Minarett" errichtet wurde. Sorge und Ängste löse heute in der Bevölkerung nicht die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich aus, sondern Konflikte im Ausland, so Ludwig. Leider versuchten jedoch Kräfte in Österreich, die Vorurteile gegenüber Muslime zu schüren. "Ich werde allen Versuchen von Rassismus und Islamfeindlichkeit in Wien eine Absage erteilen", unterstrich Ludwig. Als ein "Vorzeigeprojekt" für gelingende Kooperation und Zusammenleben bezeichnete Ludwig den geplanten "Campus der Religion" in der Seestadt Aspern, an dem sich auch die IGGiÖ beteiligt. In der Bundeshauptstatt leben rund 300.000 der insgesamt rund 500.000 Muslime in Österreich.
Die Feier begann zunächst mit einer Koranrezitation und der Präsentation eines Imagefilmes. Darin wird IGGiÖ-Präsident Vural mit den Worten zitiert:
Einheit in Vielfalt. Stärke im Zusammenhalt. Der österreichische Weg zu einer europäischen muslimischen Identität.
In einem Interview mit der "Presse" hatte Vural unterstrichen, dass er den Islam stärker als Teil Österreichs positionieren wolle und dazu auch Imame als Vermittler eigens ausbilden sowie repräsentative Moscheen in allen Bundesländern errichten wolle. "Ich möchte die nächsten 40 Jahre mit dem Slogan 'Einheit in Vielfalt, Stärke im Zusammenhalt' starten", so Vural.
Ich möchte vorlegen, dass es kein Widerspruch ist, zu sagen: Ich bin Österreicher und ich bin Muslim.
Weitere Teilnehmer der Feier waren u.a. der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Thomas Hennefeld, Militärerzdekan Harald Tripp, der evangelische Bischof Michael Chalupka, der Wiener evangelische Superintendent Matthias Geist, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister, der griechisch-orthodoxe Militärseelsorger Alexander Lapin, der Präsident der buddhistischen Religionsgesellschaft, Gerhard Weißgrab, sowie Außen- und zuständiger Kultusminister Alexander Schallenberg und Kultusamtsleiter Florian Welzig.
Quelle: kathpress