Caritas fordert von künftiger Regierung: "Sozialstaat stärken"
Die Caritas hat die nächste Regierung zum Einsatz für einen "starken und stärkenden Sozialstaat" aufgerufen. Vor dem Hintergrund der laufenden Koalitionsverhandlungen appellierte der amtierende Caritas-Präsident Michael Landau am Donnerstag in Wien gemeinsam mit seinen Vorgängern Helmut Schüller und Franz Küberl für eine "Politik die nach Zukunft schmeckt und nicht nach Vergangenheit riecht". Die Reparatur des zuletzt beschlossenen Sozialhilfegesetzes, das Landau als "Fehler" bezeichnete, würde dazu genau so gehören, wie konkrete Maßnahmen "gegen Einsamkeit und für leistbaren Wohnraum und Arbeit, von der man leben kann" sowie für Klimaschutz und Entwicklungshilfe.
"Wir können uns einen funktionierenden Sozialstaat leisten. Was wir uns nicht leisten können, ist ohne ihn zu sein", betonte Caritas-Präsident Landau im Rahmen einer Pressekonferenz im Caritas-Betreuungszentrum "Zweite Gruft" zum bevorstehenden kirchlichen "Welttag der Armen" (17. November). Den heimischen Sozialstaat lobten Landau als " große Errungenschaft", warnte aber gleichzeitig davor mit "sozialen Ängsten zu spielen" oder Gruppen gegeneinander auszuspielen. Landau wörtlich: "Mindestpensionistinnen und Mindestpensionisten haben nichts davon wenn Kinder frieren."
Österreich stehe zwar im "internationalen Vergleich noch immer sehr gut da", so Landau, in der täglichen Arbeit der Hilfsorganisation werde aber sichtbar, dass "Armut auch in unserem Land Realität ist". Der Caritas-Präsident verwies auf Zahlen der Statistik Austria, laut denen 1,2 Millionen Menschen von Armut betroffen oder armutsgefährdet sind, 367.000 Menschen gelten als manifest arm, 140.000 leben in Wohnungen, die sie nicht angemessen heizen können. Die kommende Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass Menschen "in Not von einem sozialen Netz tatsächlich aufgefangen werden und faire Chancen erhalten".
Kritik an Entwicklungshilfepolitik
Der ehemalige Caritas-Chef Küberl übte bei dem Medientermin Kritik an den zahlreichen nicht eingehaltenen Versprechen im Zusammenhang mit der Katastrophen- und Entwicklungshilfe von Seiten der Politik. So habe schon SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky 1973 betont, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe bereitstellen zu wollen. "Ich habe das dann 22-mal gehört, in den Jahren als ich als Caritas-Präsident tätig war", sagte Küberl.
Aktuell werde laut Küberl "gerade einmal drei Euro pro Kopf" von Österreich in die humanitäre Hilfe investiert. Deutschland gebe 25 Euro pro Kopf aus, die Schweiz 34 Euro. Konkret erwartet sich der ehemalige Präsident der Caritas Österreich (1995 bis 2013) von der Regierung Investitionen gegen den Hunger und die Klimakatastrophe.
Der Blick über den Tellerrand mache zusätzlich deutlich, dass Österreicherinnen und Österreicher in der "Geburtslotterie gewonnen haben". Küberl verwies auf die aktuell weltweit 821 Millionen hungernden Menschen - eine Zahl, die laut dem Welternährungsprogramm der UNO zuletzt erstmals wieder gestiegen ist. Österreich müsse hier Verantwortung übernehmen und auch aus Eigeninteresse heraus Investitionen in die lokale Wirtschaft in Ländern des globalen Südens, wie Kleinunternehmen tätigen, sowie bessere Perspektiven vor Ort schaffen, appellierte Küberl.
Schüller: Franziskus "rüttelt auf"
Eine "Politik des Zusammenhalts" anstelle einer "Rhetorik der Angst", erwartet sich der ehemalige Caritas-Präsident Schüller. Anlässlich des Elisabethsonntags am 17. November, den Papst Franziskus zum "Welttag der Armen" ausgerufen hat, meinte der Geistliche, dass der Papst radikalere Worte finde als Hilfsorganisationen in Europa. Franziskus "rüttelt uns auf", so der Caritas-Präsident von 1991 bis 1995.
In Pfarren und Diözesen, kirchlichen Gemeinschaften und sozialen Organisationen gibt es jeweils am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres Initiativen zum "Welttag der Armen", heuer unter dem biblischen Motto "Der Elenden Hoffnung ist nicht für immer verloren". In Österreich fällt der Welttag mit dem "Elisabethsonntag" der Caritas zusammen, an dem die in allen Pfarren durchgeführte Spendensammlung für Bedürftige bereits lange Tradition hat. Bischofskonferenz und Hilfsorganisationen, wie die Caritas greifen dieses Anliegen auf und machen auf den Platz der Kirche an der Seite der Armen aufmerksam.
Spenden: Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX, Kennwort: Inlandshilfe; Online-Spendenkonto: https://www.caritas.at/inlandshilfe
Quelle: Kathpress