"Kirchenasyl" in Unken: Kirche für "Vernunft und Barmherzigkeit"
Die Kirche tritt in Bezug auf Abschiebungen von in einer Lehre befindlichen Asylwerbern für von "Vernunft und Barmherzigkeit" getragene Lösungen ein. Das hat der Salzburger Flüchtlingspfarrer Alois Dürlinger zu einem aktuellen Fall von "Kirchenasyl" in der Pfarrgemeinde Unken im Bezirk Zell am See unterstrichen. Er äußerte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur "Kathpress" am Dienstag Unverständnis darüber, dass jetzt kurz vor der gesetzlichen Neuregelung der Asylpraxis noch Betroffene außer Landes und zugleich ins Lebensgefahr gebracht werden sollen. Diese Abschiebungen sollten gestoppt werden, bis im Parlament diese Neuregelung auf Schiene gebracht wurde, forderte Dürlinger.
Neben dem von Abschiebung bedrohten afghanischen Kochlehrling in Unken sorgt derzeit auch ein ähnlich gelagerter Fall in Schladming - bei dem sich die evangelische Kirchenspitze für einen Verbleib stark macht - für Aufregung. Gerade Flüchtlinge aus Afghanistan wie die beiden aktuell Betroffenen seien in den vergangenen Jahren oft Opfer "unprofessioneller" Gutachter gewesen, erinnerte Dürlinger an den von dieser Aufgabe in Asylberufungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entbundenen Geschäftsmann Karl Mahringer. Dieser hatte als der einzige gerichtlich beeidete Sachverständige bis zu seiner Abberufung die Versorgungslage in Afghanistan als gut und die Rückführung junger, alleinstehender Männer in ihre frühere Heimat als unbedenklich bezeichnet.
Alle Parlamentsparteien mit Ausnahme der FPÖ hatten sich im Vorfeld der jüngsten Nationalratswahl darauf geeinigt, dass Asylbewerber, die eine Lehre in einem Mangelberuf wie Koch absolvieren, in Zukunft während der Ausbildung nicht mehr abgeschoben werden sollen. Ein Initiativantrag für ein abgeändertes Gesetz soll noch im November im Nationalrat beschlossen werden. Momentan gilt noch das "Erbe" der früheren ÖVP-FPÖ-Koalition, wonach eine Lehre keinen Einfluss auf das Asylverfahren hat und im Falle eines rechtskräftigen negativen Asylbescheids ein Lehrverhältnis automatisch beendet ist.
Der für den Pfarrverband Salzburg Mitte-Süd verantwortliche Alois Dürlinger - er ist Sprecher des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner in Asyl- und Flüchtlingsfragen - verlangte, dass die Neuregelung der Abschiebepraxis nicht nur Asylwerbern in laufendem Verfahren, sondern auch Betroffenen mit negativem Asylbescheid Schutz gewähren müsse. Alles andere wäre "zynisch", denn gerade letztere würden am dringendsten des Schutzes bedürfen. Der Salzburger Flüchtlingspfarrer hatte im Februar den pakistanischen Lehrling Wajid Ali nach Kenia begleitet, als die Einladung einer dortigen Benediktinergemeinschaft die Abschiebung des jungen Mannes nach Pakistan im letzten Moment verhinderte.
"Wie in einer Diktatur in der Nacht"
Zum aktuellen Fall in Unken im Bezirk Zell am See teilte Dürlinger mit, es handle sich dabei um eine "Gewissensentscheidung" des Ortspfarrers Ernst Mühlbacher, dessen Agieren Ausdruck der von der Kirche eingeforderten Vernunft und Barmherzigkeit sei. Es geht um den afghanischen Hotelmitarbeiter Sayed, den die Fremdenpolizei am Wochenende, kurz vor dem Abschluss seiner Kochlehre, wegen eines negativen Asylbescheids abholen wollte, ihn aber nicht vorfand. Um die Abschiebung zu verhindern, gab Pfarrer Mühlbacher dem Lehrling sogenanntes "Kirchenasyl" und nahm ihn im Pfarrhof auf, wie die "Salzburger Nachrichten" (Dienstag) berichteten.
Der Geistliche wurde mit dem Satz zitiert: "Es kann nicht sein, dass die Polizei wie in einer Diktatur in der Nacht kommt und die Leute abholt." Sayed sei sehr gut in Unken integriert, Arbeitgeber und Kollegen schätzten ihn. "Wir verstehen nicht, dass er jetzt abgeschoben werden soll." Ob Behörden und Polizei die Maßnahme tolerieren ist ungewiss, da es in Österreich keine rechtliche Grundlage für Kirchenasyl gibt.
Quelle: Kathpress