"Globaler Notruf" wichtiger als verheiratete Priester
"Stirbt Amazonien, dann stirbt die Welt." Das ist laut Kardinal Christoph Schönborn die zentrale wie zugleich dramatische Kernbotschaft der Amazonien-Synode. Demgegenüber sei es ein Nebenaspekt, dass sich die Synodenväter für die Seelsorge in Amazonien auch für verheiratete Priester ausgesprochen haben. Schönborn äußerte sich am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz. Die Ergebnisse der Synode standen im Mittelpunkt der Beratungen der Bischöfe. Schönborn sprach von einem "globalen Notruf".
An Amazonien werde deutlich, dass der "Schutz des gemeinsamen Hauses", den Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si" eingefordert hat, "zu einer Überlebensfrage der ganzen Welt geworden ist". Deshalb würden auch die Bischöfe zu einem fundamentalen Umdenken und einer Änderung des Lebensstils aufrufen.
Bei der Synode sei es zudem auch um die bedrohliche Lage der indigenen Völker gegangen, berichtete der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter. Und er hob ausdrücklich den austro-brasilianischen Altbischof von Xingu, Erwin Kräutler, hervor. Er habe bei der Synode erleben können, so Schönborn, welch hohes Ansehen Kräutler genieße, er sei gleichsam eine Symbolgestalt für den Einsatz für Natur und Menschen in Amazonien.
Die Synode habe weiters die Möglichkeit, in Amazonien bewährte Männer zu Priestern zu weihen vorgeschlagen, und jetzt sei der Papst am Zug, so Schönborn:
Diese Entscheidung wird nicht in Wien und auch nicht im Waldviertel oder Mühlviertel fallen. Wir warten, wie der Papst reagiert und dann sehen wir weiter.
Franziskus hat sein nachsynodales Schreiben - nach Möglichkeit - bis Weihnachten angekündigt.
Schönborn nahm auf Nachfrage auch zur Frage des Frauenpriestertums Stellung. Er verwies auf das Schreiben "Evangelii gaudium" von Papst Franziskus. Darin hält der Papst - gemäß der kirchlichen Lehrtradition - fest, dass das Männern vorbehaltene Priestertum nicht zur Diskussion steht, es sich bei priesterlichen Vollmachten aber um eine Funktion handelt und dies keine Frage der Würde oder Heiligkeit sei. "Wir verstehen die Enttäuschung so mancher Frauen, die sich in dieser Frage eine andere Entwicklung kirchlicher Lehrauffassung wünschen. Wir sprechen dennoch die Bitte aus, miteinander im Dialog zu bleiben", zitierte Schönborn bei der Pressekonferenz aus einer Erklärung der heimischen Bischöfe.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz bekräftigte die Bemühungen der Bischöfe, "alles zu tun, was innerhalb der aktuellen kirchlichen Vorgaben möglich ist, um Frauen in konkrete Leitungsverantwortung auf allen Ebenen der Diözese einzubinden". Dies betreffe etwa auch Gemeindeleitungen.
"Sicher keine Heldentat"
Schönborn nahm auf Anfrage auch einmal mehr zur Entwendung von Holzfiguren indigener Völker aus einer Kirche in Rom Stellung. Ein Wiener Student und Lebensschutzaktivist hatte die Figuren in den Tiber geworfen und sich später zu der Tat bekannt. "Dieser Akt war ungeheuerlich" und "sicher keine Heldentat", so Schönborn im Blick auf kirchliche Kreise, die den Täter dafür lobten.
Schönborn erinnerte einmal mehr daran, dass er als dienstältester Kardinal während der Synode in der ersten Reihe und somit unmittelbar gegenüber einer idigenen Statue gesessen sei, die eine nackte schwangere Frau mit Kind zeigt. "Das ist ein deutliches Bekenntnis für das Leben, das ist 'pro life', was soll daran skandalös sein?" Der Kardinal verwies auf den Sonnengesang der hl. Franz von Assisi, in dem dieser von der "Mutter Erde, die uns trägt und nährt" spricht. "Dass die Indigenen die Mutter Erde in Verbindung bringen mit einer schwangeren Frau, was ist daran skandalös?"
Für den Wiener Erzbischof bei der Synode unterbelichtet geblieben ist die pastorale Herausforderung in Amazonien durch die zahlreichen Freikirchen. Manche Beobachter gingen von bis zu 80 Prozent aller Katholiken aus, die sich solchen Kirchen zuwenden würden. Für dieses Thema hätte er sich mehr Aufmerksamkeit von den Synodenteilnehmern erwartet, so Schönborn. Die Freikirchen seien jedenfalls vor Ort stets sehr präsent.
"Pakt für Einsamkeit"
Ein weiteres Hauptthema der viertägigen Bischofskonferenz war die Caritas, die der Kardinal als "Herzschlag der Kirche" bezeichnete. So hätten die Bischöfe gemeinsam mit allen neun Caritasdirektoren über oft versteckte Formen von Not und Armut beraten. Aufgrund der zunehmenden Vereinsamung von Alten, aber auch Jungen, "plädieren die Bischöfe für einen 'Pakt gegen Einsamkeit'", betonte der Vorsitzende des österreichischen Episkopats und sagte: "Die Ich-AG kann nicht das letzte Wort einer lebendigen Gesellschaft sein," Im Namen der Bischöfe bedankte er sich bei 50.000 Freiwilligen und sprach sich für einen Ausbau des Projekts "youngCaritas" aus. Damit erreiche die Caritas schon jetzt rund 100.000 Kinder und Jugendlich in Österreich.
Schließlich räumte Schönborn auf Nachfrage ein, dass er nicht wisse, wann der neue Bischof für die Diözese Gurk-Klagenfurt bekannt gegeben wird. Die Bischofskongregation werde sich aber wohl diesen Herbst damit befassen. Wenn Nuntius Erzbischof Pedro Lopez Quintana davon gesprochen hat, dass es bis Weihnachten einen neuen Bischof für Kärnten geben wird, dann "hat seine Wahrscheinlichkeitsrechnung wohl ein gewisses Fundament". Er denke zudem, so Schönborn, dass es im Zuge der Bischofsernennung von Rom aus auch eine Art Bericht über die Vorgänge in Kärnten geben wird.
Quelle: kathpress