Caritas richtet Blick auf versteckte Armut
Selbst im "reichen" Burgenland gibt es viele Menschen, die aufgrund von Armut hungern oder frieren, auch wenn dies auf den ersten Blick oft unsichtbar ist: Darauf macht die Caritas der Diözese Eisenstadt zum Auftakt ihrer Inlands-Spendensammlung für Menschen in Not aufmerksam. 49.000 Burgenländer sind laut Statistik von Armut und Ausgrenzung betroffen, "jeder Siebente ist armutsgefährdet. Das ist die traurige Bilanz", mahnte Caritas-Direktorin Edith Pinter am Mittwoch in Eisenstadt vor Journalisten. Die kirchliche Hilfsorganisation will mit Angeboten der Nothilfe den Armuts-Kreislauf zerschlagen und sucht dafür Unterstützer.
Als eines der "vielen verschiedenen Gesichter" der Armut führte Pinter beispielhaft das Schicksal von einer der 700 jährlichen burgenländischen Klientinnen und Klienten der Caritas-Sozialberatung an. Frau K. habe 20 Jahre lang den Alkohol, die Wutanfälle und Schläge ihres Partners in Angst ertragen, sei nicht zur Polizei gegangen und habe selbst vor den Nachbarn die Fassade der glücklichen Familie aufrechterhalten. Bis sie eines Tages ihre Sachen packte und mit ihrer Tochter zu einer Freundin flüchtete - weg von einer finanziell gesicherten Existenz, hinein in die Armut, nun ohne Zuhause und sicherem Einkommen. Mittlerweile leben die beiden in einem Mutter-Kind-Haus der Caritas.
"Wunschloses Unglück"
"Wenn Sie Frau K. auf der Straße begegnen, kämen Sie nicht im Traum auf die Idee, sie als arm zu bezeichnen!", unterstrich Pinter. Alleinerziehende Mütter würden unter schwierigsten Umständen oft alles unternehmen und ertragen, um ihre Kinder über die Runden zu bringen: Ständige Angst vor dem Schuldenberg, vor drohendem Jobverlust oder vor unberechenbarer Gewalt des Partners, zu dem man eine Zweckbeziehung pflege. Pinter sprach mit den Worten von Peter Handke von einem Zustand des "wunschlosen Unglücks", der vor allem von der Sorge um die Wohnung bestimmt sei, ohne der ja die Kindeswegnahme drohe.
Ganz konkret bedeute Armut für betroffene Familien, Alleinerzieherinnen, Pensionisten oder Alleinstehende, am Monatsende entscheiden zu müssen, ob man eher etwas zu essen kaufen oder die Wohnung heizen soll, so die vielfache Erfahrung aus der Caritas-Sozialberatung. Kinder müssten in kalten Zimmern schlafen und spielen, weil die Wohnung nicht angemessen warmgehalten werden kann, zusätzliche oder unerwartete Ausgaben wie Klassenfahrten sowie Reparatur von Waschmaschine oder Heizung seien finanziell nicht möglich. Was Menschen an den Rand der Gesellschaft dränge, sei oft eine persönliche Krise, Kündigung, Überschuldung oder in letzter Konsequenz eine Delogierung, mit der außer dem Wohn- auch der Schutz- und Erholungsraum verloren gehe.
Letzte Anlaufstelle
Die Caritas sei auch im Burgenland bei Armut oder Obdachlosigkeit die "letzte Anlaufstelle, wenn es alleine nicht mehr geht", sagte Pinter. So wird beispielsweise in Neusiedl, Eisenstadt, Oberwart, Güssing und Jennersdorf Sozial- und Nothilfeberatung angeboten, um in jährlich 2.200 Beratungsstunden Auswege aus Lebenskrisen zu finden. Ziel sei es, Menschen in der Not beizustehen und ihnen zu helfen, "wieder auf die Beine zu kommen und wieder ein selbstbestimmtes Leben führen zu können", erklärte die Caritas-Direktorin. Dazu gibt es Mutter-Kind-Häuser, von denen ein neues in Marz bei Mattersburg kurz vor der Eröffnung steht, weiters den "ZufluchtsRaum" und eine Notschlafstelle in Eisenstadt sowie den Delogierungsfonds.
Das Anliegen der Caritas im Burgenland: Einerseits die Unterstützung durch Spender, um die Maßnahmen gegen Armut auch zu finanzieren. 20 Euro ermöglichen einer armutsbetroffenen Jungfamilie die Erstausstattung für ihr Baby, 33 Euro eine Nacht im Mutter-Kind-Haus für eine alleinerziehende Mutter, 50 Euro einen Schlafsack für obdachlose Menschen. Gezielt werden auch Unternehmen gesucht, die die Errichtung eines weiteren "Lerncafes" im Süden des Landes sponsern. Direktorin Pinter appellierte jedoch auch an die Politik: "Maßnahmen im Bereich der Sozialhilfe, der Lernunterstützung und der Schaffung von leistbarem Wohnraum könnten der Armut gezielt entgegensteuern", so die Caritas-Landeschefin bei der Pressekonferenz.
(Spenderinfo: Caritas-Spendenkonto: IBAN AT34 3300 0000 0100 0652, Kennwort "Für BurgenländerInnen in Not 2019", oder online unter: www.caritas-burgenland.at)
Quelle: kathpress