Kirchliche Impulse für künftige Sozialpolitik Österreichs
Armut senken, Grundbedürfnisse sichern, soziales Netz und Zusammenhalt stärken - Caritas-Präsident Michael Landau und Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser haben als Chefs der beiden kirchlichen Hilfsorganisationen vor dem Hintergrund der Regierungsbildung Impulse für die künftige Sozialpolitik Österreichs formuliert. In der aktuellen Ausgabe der von der Katholischen Aktion herausgegebenen Zeitschrift "Quart" (Ausgabe 3/2019) äußern sie sich neben Fachleuten aus anderen Bereichen wie dem Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister und dem kürzlich emeritierten Theologen und Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger, über "Österreichs Baustellen" - so der Hefttitel und richten "Forderungen an die nächste Regierung".
Gesellschaftlicher Zusammenhalt, Reform der Pflege und leistbarer Wohnraum sind für Caritas-Präsident Landau wichtige Anliegen. Einmal mehr wandte er sich gegen das noch von der ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossene neue Sozialhilfegesetz; dieses "birgt die massive Gefahr, das Armutsrisiko vor allem von Kindern zu erhöhen". Es dürfe in Österreich nicht vorkommen, dass gerade kinderreiche Familien durch die Kosten für Miete oder auch nur Nahrung unter Druck geraten.
Österreich sieht Österreich als Land, "das von einer Grundmelodie des Respekts, der Hoffnung und der Zuversicht getragen wird". Seinen "Appell für eine gute Zukunft Österreichs" richtete Landau auch an alle Parlamentsparteien: "Erliegen Sie nicht der populistischen Versuchung." Die notwendige Reform des Pflege- und Mietrechtsgesetzes muss laut dem Caritas-Präsidenten mit der Stärkung des politischen und gesellschaftlichen Zusammenhalts einhergehen. Ein sensibler Umgang mit der Lebensrealität der Menschen sei dabei unabdingbar.
Kritik übte Landau an der Stagnation im Bereich der Pflege: "Unser Land wird alt aussehen, wenn die Reform der Pflege nicht zügig in der nächsten Legislaturperiode auf den Weg gebracht wird. Qualität, Umfang und Kosten der Pflege dürfen nicht länger vom Wohnort der Betroffenen abhängen."
Österreichs braucht starkes soziales Netz
Als Fundament für eine gedeihliche Zukunft Österreichs sieht Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser ein starkes soziales Netz, das Bedürftige unabhängig von deren nationaler Herkunft oder Familiengröße auffängt. Zudem diene ein tragfähiges Sozialsystem auch aus wirtschaftlicher Sicht der gesamten Gesellschaft. "Das Soziale ist eine Produktivkraft", wie Moser betonte. "Länder mit starkem Sozialstaat sind wettbewerbsfähig, weisen hohe Arbeitsproduktivität und ein hohes Bruttoinlandsprodukt auf."
Neben materieller Grundsicherung, der Unterstützung für ältere Arbeitssuchende und dem Wunsch nach leistbarem Wohnraum vervollständigt Mosers Aufruf nach Sicherung der Grundbedürfnisse ihre Anliegen für die Zukunft Österreichs. "Gerecht ist, das zu bekommen, was man braucht", appellierte die Diakonie-Direktorin zu Chancengleichheit. Individuelle Fertigkeiten sollen gefördert, Chancen eröffnet werden: "Jeder Mensch hat Fähigkeiten und Ressourcen. Aber manchmal stehen Barrieren im Weg, und Menschen können ihre Fähigkeiten nicht entwickeln oder einsetzen", schrieb Moser.
Konkreten Bezug nahm die Diakonie-Direktorin auf Menschen mit Sprachbehinderung. Informationstechniken wie mit Augensteuerung zu bedienende Sprachausgabe-Computer ermöglichten es Betroffenen zu kommunizieren. "Einen Rechtsanspruch auf diese Hilfsmittel gibt es in Österreich aber nicht", bemängelte Moser. Zudem fehle in Österreich eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene.
Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister plädierte in "Quart" für eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik, der frühere Präsident der Österreichischen Rektorenkonferenz, Heinrich Schmidinger trat dafür ein, dass der Zugang zu höherer Bildung nicht vom Wohlstand anhängen darf. (Weitere Beiträge siehe www.quart-online.at)
Quelle: kathpress