Nur geteilte Charismen lassen Kirche wachsen
Die christliche Tradition kommt aus einer positiven Wertschätzung verschiedener Berufungen und Charismen, und nur wenn diese geteilt werden, kann die Kirche wachsen. Das unterstrich Bischof Manfred Scheuer im Blick auf zahlreiche Veränderungsprozesse, die in den österreichischen Diözesen derzeit im Gang sind. Die nötigen kirchlichen Strukturreformen seien jedoch oft von negativen Haltungen überlagert, so der Linzer Bischof am Dienstagmorgen bei der Messe mit den Mitgliedern der Bischofskonferenz im Kloster Laab im Walde (NÖ.). Daher gelte es sich angesichts aktueller Herausforderungen "immer wieder neu im Evangelium zu verankern".
Eindringlich warnte der Bischof vor innerkirchlichen Tendenzen des Neids, des Vergleichens und Messens gerade angesichts der Tatsache, alles statistisch erfassen zu wollen. Die Konsequenz daraus seien Rivalität und Konkurrenz sowie "die Traurigkeit über das Glück eines anderen". "Miss dich nicht, vergleich dich nicht, denn es Gift für die Seele", laute daher der Rat der Wüstenväter, so Scheuer. Eine andere Gefahr bestehe darin, Charismen und Gnadengaben auf Kategorien des Rechts, des Dürfens oder der Macht zu reduzieren oder auf emanzipatorische Gegenbegriffe zu verkürzen.
Schließlich ortete der Bischof auch noch eine tiefer liegende Versuchung, die er unter Bezugnahme auf Erich Fromm als "Delegieren von Lebendigkeit an Maschinen" beschrieb. Jeder solle sich die Frage stellen, wie viel Zeit er mit dem Computer verbringe, wie viel mit Menschen und "wem unsere Leidenschaften gehört". Sollte diese Leidenschaft mehr den Strukturen als den Charismen gelten, dann gelte es, diese Strukturen quasi als Kraftfelder zu begreifen, die - vom Geist bestimmt - Bewegung und Dynamik ermöglichen sollten, riet der Linzer Bischof.
Auf andere Weise habe diese Thematik Papst Franziskus aufgegriffen, erinnerte Scheuer unter Verweis auf das Apostolische Schreiben "Evangelii gaudium" und das dortige Diktum "Die Zeit ist mehr wert als der Raum". Der Zeit Vorrang zu geben bedeute, sich damit zu befassen, "Prozesse in Gang zu setzen anstatt Räume zu besitzen", so der Bischof mit den Worten des Papstes. Ziel müsse eine Kirche sein, die dem "Geheimnis und der Schönheit Gottes Raum gibt, so dass sie die Leute entzücken und sie anziehen kann". Dies könne gelingen, wenn die zahlreichen Gnadengaben, von denen in der Tageslesung aus dem Römerbrief die Rede war, geteilt und auf diese Weise vermehrt werden. Bischof Scheuer abschließend:
Charismen sind dann lebendig, wenn sie geteilt werden und zu einem Wachstum der Kirche und zu einem Wachstum in Glaube, Liebe und Hoffnung führen.
Quelle: kathpress