Tück: Synode wird auch in Europa zur Zölibatslockerung führen
Der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück geht davon aus, dass es im Fahrwasser der jüngst zu Ende gegangenen Amazonien-Synode auch in Europa mittelfristig zu einer Lockerung der Zölibatspflicht und zur Möglichkeit der Weihe von "bewährten Männern" (viri probati) kommen wird: "Auch in Westeuropa wird die pastorale Not größer, und es wird bischöflicherseits über neue Formen des Amtes nachgedacht. Ich rechne damit, dass auch in Europa 'viri probati' kommen werden", sagte Tück am Montagabend dem "Kurier"-Online-Sender "Schau TV". Gegenüber "Kathpress" hatte Tück bereits zuvor betont, dass Papst Franziskus nicht umhin kommen werde, die Zölibatspflicht im Amazonas-Gebiet zu lockern, "will er nicht als Papst der Ankündigungen in die Geschichte eingehen".
Ein generelles Ende des Zölibats sieht Tück damit aber nicht kommen - der Zölibat genieße in der lateinischen Kirche weiterhin eine hohe Wertschätzung und auch die lange Tradition spreche gegen eine generelle Abschaffung bzw. für "Zurückhaltung bei dieser Frage". Außerdem warnte der Theologe davor, mit einer etwaigen Abschaffung des Zölibats bereits das Ende der aktuellen kirchlichen Krise zu sehen. Das würde die Tiefe der Krise verkennen.
Darüber hinaus sieht Tück positive Signale in Richtung einer Erhöhung der weiblichen Präsenz in der Kirche. Zwar bleibe das Priesteramt unter Franziskus wohl für Frauen verwehrt und auch die Einführung von Diakoninnen sei eine "delikate theologiehistorische Frage", aber die Möglichkeit etwa, zeitlich begrenzte Mandate zur Leitung von Gemeinden zu erteilen, eröffne - auch wenn dies im Dokument "einigermaßen nebulös" bleibe - zumindest Chancen.
Es hängt jetzt von kreativer theologischer Energie ab davon ab, wie man das ausgestaltet. Klar ist, dass den Communities vor Ort jedenfalls eine Leitungskompetenz zugesprochen wird, ich vermute, dass sie bevollmächtigt werden, Eheschließungen und Taufen auszuführen.
Mit Nachdruck verwies Tück abschließend darauf, dass die Synode sich nicht auf diese bekannten "heiße Eisen"-Fragen beschränken lasse: Es ging der Synode schließlich um eine "Umkehr mit Blick auf eine ganzheitliche Ökologie", so der Wiener Dogmatiker.
Die Kirche, die durchaus mit kolonialen Interessen verquickt war, sieht es jetzt als ihre Aufgabe, an die Seite der Benachteiligten, der Armen zu treten, auch der indigenen Völker, um sie vor neokolonialen ökonomischen Interessen zu schützen. An uns Westler wird klar die Warnung platziert: Ändert euren Lebensstil, sonst kann es sein, dass die grüne Lunge, die Amazonasregion, implodiert.
Quelle: kathpress