Tück: Papst wird kaum umhin können den Zölibat zu lockern
Nach dem Ende der Amazonien-Synode im Vatikan liegt es nun an Papst Franziskus, seine Schlüsse aus dem vorliegenden Schlussdokument zu ziehen und den Weg für die Weihe verheirateter "bewährter Männer" frei zu machen. Dem Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück zufolge wird der Papst dieser Empfehlung wohl auch folgen, "will er nicht als Papst der Ankündigungen in die Geschichte eingehen", meinte Tück im Gespräch mit "Kathpress". Dabei dürfte der Weg über die Einführung des Amtes des ständigen verheirateten Diakons laufen, wie dies bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) vorgesehen hat, was aber bislang von den Bischöfen der Amazonas-Region nicht hinreichend umgesetzt worden sei. So könnten diese Diakone ein "Reservoir" für die spätere Weihe sogenannter "viri probati" bilden.
Tück würdigte das Synodenabschlussdokument und den Verlauf der Synode auch vor dem Hintergrund der jüngeren Kirchengeschichte als "hoch innovativ": So habe noch Papst Paul VI. (1963-1978) das Thema "viri probati" der Diskussion des Zweiten Vatikanischen Konzils entzogen. Auch seine Nachfolger Papst Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013) hätten gemeinsam mit den nachkonziliaren Bischofssynoden eine Änderung der Zulassungsbedingungen zum priesterlichen Amt entschieden abgelehnt.
Nun habe Franziskus selber die Synodenväter angeregt, "mutige Vorschläge" zu machen, um der realen pastoralen Not in Amazonien zu begegnen und katholischerseits auch den missionarisch erfolgreichen Pfingst- und Freikirchen etwas entgegensetzen zu können - und es sei erstmals offen und ohne kuriale Vorgaben über das Thema diskutiert worden. Dabei gehe es nicht um eine schlichte Frontstellung zwischen "viri probati" und dem Zölibat, sondern darum, "in großer Wertschätzung für den Pflichtzölibat zugleich Perspektiven vor Ort zu eröffnen", so Tück.
Warnung vor "Verklärung indigener Kultur"
Kritisch zeigte sich Tück im Blick auf die Diskussionen über einen eigenen regionalen Ritus. Hier warnte er vor einer teils "unkritische Verklärung der indigenen Kultur"; eine "synkretistische Vermischung christlicher und naturreligiöser Elemente" gelte es unbedingt zu vermeiden. Eine "Wiederverzauberung der Natur" etwa, wie sie bei der Rede von der "leidenden Mutter Erde" mitschwinge, drohe "einen rational verantwortlichen Zugang zur Welt zu erschweren", so Tück.
Im Ö1-Mittagsjournal (Montag) verwies der Wiener Dogmatik-Professor außerdem darauf, dass bei Suche nach neuen zeitgemäßen Formen einer erhöhten Präsenz von Frauen in kirchlichen Ämtern nun theologische "Kreativität gefordert" sei. Nötig sei eine Art Spagat im Blick auf die Gefahr vor "schismatischen Rissen" in der Weltkirche und die Einsicht der Synodenväter, dass es eine erhöhte Präsenz von Frauen brauche: Papst Franziskus halte am "Nein" zur Frauenordination in der Spur von Papst Johannes Paul II. und dessen Apostolischen Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" definitiv fest, daher brauche es "jenseits der klassischen Amtstheologie Wege, um Freiräume für eine erhöhte weibliche Präsenz in der Kirche zu suchen", betonte Tück.
Quelle: kathpress