Insiderin: Synode erlebte zwischenzeitlich eine Krise
Die am Sonntag beendeten Amazonien-Synode war von großer Offenheit und äußerst konstruktiver Zusammenarbeit bestimmt, wenngleich es mittendrin auch eine "Krise" gab: So hat die aus Niederösterreich stammende Vatikan-Journalistin Gudrun Sailer, die bei Bischofsversammlung als deren Mitarbeiterin für Kommunikation freien Zugang zur Synodenaula hatte, in einem Interview mit "Vatican News" ihre Erfahrungen der vergangenen drei Wochen resümiert. Das Ergebnis der Beratungen könne "sich sehen lassen", der Ball für das weitere Geschehen liege aber beim Papst, der von der Synode beschlossenen Vorschläge nun ja annehmen könne oder auch nicht, so die Expertin.
Unter den Bischöfen wie auch den andere Synodenteilnehmern habe es viel "Zusammengehörigkeitsgefühl, Offenheit und den aufrechten Willen, die anderen zu hören und ernstzunehmen" gegeben, sagte Sailer. Auch in den Sprachzirkeln habe "ein echtes Miteinander" geherrscht, wobei der Papst die alle zusammenhaltende Klammer gebildet und somit die Einheit garantiert habe. "Es war eine ganz klar katholische Erfahrung", so die Expertin, die seitens der Synode offiziell für die deutschsprachigen Medien zuständig war.
Dennoch habe die Synode auch Krisen durchlebt. Nach einer Phase mit starken und eindrucksvollen Redebeiträgen - laut Sailer "die allereindrucksvollsten übrigens von Laien, gerne auch Frauen" - und den Sprachzirkeln seien dann "alle ein wenig mutlos" gewesen. Der Papst, dem diese "Wüstenphase" auch aufgefallen sei, habe mit einer "kleinen geistigen Anregung" reagiert und bemerkt, den präsentierten Texten fehle das "Überfließen". Genau dieses Element sei in den 24 Stunden darauf jedoch zurückgekommen, so Sailer mit einem Verweis auf die Bemerkung einer Kollegin, sie habe "wirklich den Atem des Heiligen Geistes gespürt".
Erstentwurf total überarbeitet
In den letzten Synodentagen sei "viel passiert", besonders nach der Präsentation des Entwurfs für das Schlussdokument, berichtete die Redakteurin. Dieser Erstentwurf sei von manchen Bischöfen als so schlecht empfunden worden, dass manche ernsthaft in den Raum stellten, es wäre besser, gar kein Dokument vorzulegen. Nach den Eingaben und Überarbeitungen - insgesamt gab es 832 Änderungsvorschläge, die noch berücksichtigt werden mussten - seien viele erleichtert über das Endergebnis gewesen. Man finde in diesem auch keinen Verweis mehr auf Inhalte des vor der Synode erstellten "Instrumentum laboris"-Arbeitstextes, der noch im Vorfeld verschiedentlich kritisiert worden war.
Als inhaltliche stärksten Punkt des Schlussdokuments bezeichnete Sailer "die Perspektive der Umkehr", die stets in Richtung "zurück zum Evangelium" gewandt sei. "Wenn die Kirche sich ganz klar an die Seite der Indigenen, der Entrechteten, der entwurzelten Migranten in den Städten stellt, dann deshalb, weil sie Jesus treu ist", so Sailer. Auch der im Text enthaltene Protest gegen Umweltzerstörung oder Forderungen nach Energiewende und nachhaltiger Wirtschaft kämen daher, "weil es Jesus von uns verlangt".
Frauendiakonat "nicht vom Tisch gewischt"
Das Diakonat der Frau, zu dem sich das Dokument sehr zurückhaltend äußert, sei bei der Synode häufig Thema gewesen, "und zwar meist befürwortend". Auch wenn dann im Schlusstext die Vorsicht überwogen habe, sei das Thema "immerhin nicht vom Tisch gewischt". Die relativ vielen Neinstimmen zu diesem Punkt - es waren 30 - seien ausnahmslos von männlichen Synoden-Teilnehmern gekommen, denen die Position wohl "zu schwach war", vermutete die Publizistin bereits mehrerer Bücher über Frauen im Vatikan und in der katholischen Kirche.
Insgesamt habe die Synode den Frauen "viel Lob und Anerkennung" gezollt und kleinere Reformen verlangt, wie etwa die Zulassung zu Lektoren, Akolythen und Gemeindeleiterinnen. In Amazonien würden Frauen diese Dienste zwar längst übernehmen, doch bisher ohne hochoffizielle Absicherung.
Innen- und Außensicht der Synode
Die Berichterstattung über die Synode bewertete die Vatikanistin als "großteils sehr gut", wiewohl einige Medien vor allem im angelsächsischen Raum die Synode offenbar nur zum Anlass für Papst-Kritik nähmen. "Synode und Papst kann man natürlich kritisieren. Aber hie und da hat aus meiner Sicht der Wille gefehlt, sich mit den zentralen Anliegen der Synode auseinanderzusetzen", so Sailer.
Die kommunikative Herausforderung einer Synode sei stets, die deutliche "Grenze zwischen Innen und Außen" zu durchbrechen. Der Vatikan unterstütze dies durchaus, durch tägliche Pressebriefings oder die Möglichkeit für Synodale, freie Interviews zu geben.
Quelle: kathpress