Caritas-Appell an Regierung: Sozialhilfe muss armutsfest sein
Caritasdirektor Michael Landau hat an die künftige Bundesregierung appelliert, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen. "Ein soziales Netz muss Menschen in Not auffangen, eine neue Sozialhilfe muss armutsfest gestaltet werden, und Wohnen muss für alle leistbar sein", so der Caritas-Präsident wörtlich. Er äußerte sich am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Salzburg zum Auftakt der diesjährigen Caritas-Inlandskampagne.
1,2 Millionen Menschen in ganz Österreich seien von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Somit müsse sich jeder Siebte am Ende des Monats entscheiden, die Heizkosten zu bezahlen oder Essen zu kaufen, warnte Landau:
Wir leben in Österreich in einer Leistungsgesellschaft, in der Reichtum und Wohlstand als Ergebnis einer 'richtigen' Lebensführung dargestellt werden. Durch Alter, Krankheit oder andere Lebenskrisen kann es aber rasch kommen, dass Ansprüche auf Sozialleistungen verlorengehen.
Ein soziales Netz müsse alle Menschen - und besonders Kinder - in Not auffangen, "wenn sie Unterstützung benötigen und ihnen faire Chancen geben. Wir brauchen Zusammenhalt und Zuversicht für ein gutes Miteinander in Österreich."
Die Pressekonferenz, die Landau gemeinsam mit dem Salzburger Caritasdirektor Johannes Dines bestritt, fand im Caritas-Haus Elisabeth statt. Die Einrichtung wird ab Anfang November eine Lücke in der Betreuung obdachloser Menschen schließen. Für bis zu 50 Menschen bietet die Caritas hier ein Tageszentrum, also einen geschützten Raum mit Verpflegung, Ruhebereich, Beratung, Duschen und WCs. Das Tageszentrum steht für jede und jeden offen. Ergänzend zur Notschlafstelle "Haus Franziskus" und zur Jugendnotschlafstelle "Exit7" wird das neue Haus Elisabeth auch zur Winternotschlafstelle für rund 20 obdachlose Frauen. Zudem enthält die Einrichtung eine Beratungszentrum. Geplant sind auch spezielle Aktivitäten im kulturellen Bereich. Dines:
Das Haus Elisabeth ist Symbol der Hoffnung und der Solidarität in Salzburg. Wir geben uns nicht damit zufrieden, dass Menschen arm und einsam sind. Dass sie auf der Straße schlafen müssen oder sich kein Essen leisten können.
Es gebe auch in Salzburg bittere Not. "Wir nehmen sie nur oft nicht wahr, weil sie mit Folgen verbunden ist, die diese Menschen unsichtbar werden lässt: zum Beispiel Scham, Krankheit, psychischen Belastungen und sozialer Ausgrenzung." Die Caritas sehe jedoch "genau hin" und handle, wo Not sichtbar werde.
"Wenn Menschen, wenn insbesondere Frauen, kein zu Hause haben, nicht einmal ein Obdach haben, dann sind sie in unmittelbarer Lebensgefahr, vor allem jetzt in der kalten Jahreszeit", warnte Landau und weiter:
Wir haben mit Österreich in der Geburtslotterie einen Haupttreffer gezogen. Die meisten Menschen in unserem Land kennen Hunger oder Krieg nur aus Erzählungen. Aber ein nicht unbeträchtlicher Anteil aller Menschen in Österreich weiß leider ganz genau, was es heißt, sich nicht sicher, sich nicht geborgen, nicht ausreichend satt zu fühlen. Denn Armut ist mitten unter uns.
In Bildung von Kindern investieren
Der Caritas-Präsident verwies auf Zahlen der Statistik Austria. Diese belegten eindeutig, dass Armutsgefährdung und der Bildungsgrad in Österreich zusammenhängen würden:
Wer eine Pflichtschule, Lehre oder mittlere Schule abgeschlossen hat, trägt statistisch gesehen ein doppelt so hohes Armutsrisiko wie jene, die eine Matura oder einen Universitätsabschluss vorweisen können.
Klar sei, so Landau, "dass alles, was in die Bildung von Kindern investiert wird, in die Zukunft Österreichs investiert wird".
Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, das in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen wurde, erhöhe etwa das Armutsrisiko von Kindern. "Ich appelliere an die Politik, vor allem an die Politikerinnen und Politiker der künftigen Bundesregierung, die Würde des Menschen in den Mittelpunkt zu stellen: Dann, wenn es um Pflege geht, aber auch dann, wenn wir über Armutsbekämpfung sprechen", so der Caritas-Präsident. Gemeinsam mit dem Salzburger Caritasdirektor appellierte er zugleich an die Österreicherinnen und Österreicher, für die Caritas-Inlandskampagne zu spenden.
(Spenden: Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, BIC GIBAATWWXXX, Kennwort: Inlandshilfe. Online-Spendenkonto: https://www.caritas.at/inlandshilfe)
Quelle: kathpress