Jesuit Hagenkord: Amazonien-Synode muss Lösungen liefern
Amazonien ist nicht irgendein Teil dieser Welt und auch nicht irgendein Teil dieser Kirche.
Das betonte der langjährige Leiter der deutschsprachigen Redaktion von "Vatican News", P. Bernd Hagenkord, im Interview mit "Kathpress". Die im Vatikan bis 27. Oktober stattfindende Amazonien-Synode mache einen Teil der Kirche sichtbar, der sonst nur in entwicklungspolitischen "Dritte Welt-Kreisen" behandelt wurde. Spannend bleibe, welche Konsequenzen und Lösungen die Synode für brisante Themen, wie "viri probati", soziale Gerechtigkeit oder Klimawandel, findet. Entscheidend sei, "was die Synode und letztlich der Papst daraus machen werden". Auch Kardinal Christoph Schönborn, Teil des Redaktionskomitees für das Schlussdokument, könne wesentlich zum Erfolg der Synode beitragen, so der Jesuit.
Hagenkord bekräftige im Interview auch die Aussage Schönborns, dass die Synode auf Themen wie Klimakrise, soziale Gerechtigkeit und Priestermangel eingehen müsse, sonst wäre sie "für die Katz". Hagenkord weiter:
Der Kardinal hat schon die richtige Vorlage geliefert, da muss was drinstecken, was konkret wird.
So müsse sich die Kirche noch stärker an die Seite der Indigenen stellen, "die durch Abholzung oder intensiven Soja-Anbau ihre Kultur verlieren.
Der Einsatz für die Kultur der Indigenen sei mit einer "spirituell politischen Stimmung" und womöglich gar mit Konflikten mit jenen verbunden, die sich nicht für die indigene Bevölkerung Amazoniens einsetzen, darunter auch pentekostale Kirchen, meinte Hagenkord, der nun in München die Leitung des Berchmanskollegs der deutschen Jesuitenprovinz übernimmt.
Als ersten Schritt gelte es, den in der Enzyklika "Laudato Si" von Papst Franziskus geforderten Schutz der Schöpfung umzusetzen, forderte Hagenkord. Es gehe dabei um konkrete Schritte, wie den Verzicht auf Edelhölzer oder die Einschränkung des Fleischkonsums in Europa.
Die aktuell mediale "Versteifung auf das Thema Zölibat" erklärte Hagenkord auch damit, dass "es eines der wenigen Themen ist, die die Kirche derzeit ändern kann". Nicht ändern könne die Kirche Problemlagen rund um die Klimakatastrophe, die Goldsuche mit Quecksilber, die Abholzung der Regenwälder oder den "großen Feind Soja für die Tiernahrung". Hier könne die Kirche lediglich auf "ihr übliches Programm" setzen, Appelle abgeben oder Aktionsbündnisse schließen. Hagenkord weiter:
Die Kirche kann nicht einfach einen Schalter umlegen und sagen 'Jetzt wird alles besser'.
Ähnlich wie in Europa gebe es auch in Südamerika die Frage nach der Leitung und Übernahme von Verantwortung in der Kirche. Im Zuge der Debatten sei weniger entscheidend, ob Themen "europäisch" seien oder genuin aus dem Amazonien-Gebiet stammen, sondern ob die Problemlage der südamerikanischen Christen und Kirche gesehen werden. So gebe es "Gebiete dreimal so groß wie Österreich", die von nur 21 Priestern betreut werden. In diesen Teilen Amazoniens erhalten Gläubige "maximal einmal pro Jahr die Eucharistie". Für die Betroffenen stelle sich laut Hagenkord die Frage, ob die Eucharistiefeier unter diesen Umständen tatsächlich noch das Zentrum der katholischen Kirche darstelle.
Das Ergebnis der noch diese Woche tagenden Bischofsversammlung hänge davon ab, in wie weit sich die Debatten der Bischöfe "laut und deutlich" auf den Synoden-Abschlussbericht auswirken. Mit dessen Veröffentlichung rechnet der Vatikan-Insider im Laufe des nächsten halben Jahres.
Kontroverse Diskussionskultur
Das Bischofstreffen in Rom zeige, dass auch innerhalb der katholischen Kirche "nicht immer alle einer Meinung sind." Dies wäre laut Hagenkord in der katholischen Kirche "auch verwunderlich. Wir waren nie alle einer Meinung, egal ob Bischof oder nicht." Als Beispiel nannte er Brasilien, wo "ganz im Norden andere Probleme herrschen, als im reichen Süden, in Rio oder Sao Paulo". Anhand dieses Landes zeige sich, dass die Bischöfe sich weder einig seien "was die Probleme angeht, noch was die Lösungen betrifft". Umso wichtiger sei es laut dem Jesuiten, dass die Bischöfe unter Ausschluss der Öffentlichkeit drei Wochen lang "reden, reden, reden. Damit hat man zwar nicht alles gelöst, aber viel gehört."
Die Nähe der Bischöfe zur Politik und Macht sei speziell in Südamerika ein brisantes Thema. Den Grund sah Hagenkord in den Diktaturen, aktuellen politischen Spannungen und dem früheren Machtmissbrauch einiger Bischöfe. "Da kann man nicht mehr so sein wie früher und sich auf die Seite der Generäle stellen, das haben die meisten Bischöfe auch begriffen", meinte der Jesuit.
Ein wichtiger Schritt sei dabei auch die Erneuerung des sogenannten "Katakomben-Paktes" von 1965 gewesen, initiiert von Schlüsselfiguren der tagenden Bischofsversammlung. Die Selbstverpflichtung der Bischöfe sei mehr als "nur ein symbolischer Akt", zeigte sich Hagenkord überzeugt. So wie der Verzicht des Papstes auf "rote Schuhe und roten Umhang" habe auch der Katakomben-Pakt eine positive Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit der Kirche.
Quelle: kathpress