Evangelischer Bischof mahnt politische Karfreitagslösung ein
In der Debatte um die Feiertagsregelung am Karfreitag hat der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka neuerlich eine politische Lösung eingemahnt. Eine "bessere" Lösung als die im Frühjahr beschlossene "Husch-Pfusch-Regelung" mit dem persönlichen Feiertag müsse Thema bei den Koalitionsverhandlungen um eine neue Regierung sein, forderte er am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Chalupka hofft konkret auf einen "neuen Anlauf" für einen seit längerem im Raum stehenden "Runden Tisch" mit Politik, Sozialpartnern und Kirchen.
Ziel der evangelischen Kirche ist laut Chalupka, den Karfreitag als Feiertag für alle Österreicher zu etablieren. Alternativ sei ein individueller, zusätzlicher "persönlicher Feiertag", der nicht aus dem bestehenden Urlaubskontingent zu bestreiten ist, oder ein Abtausch mit einem anderen Feiertag denkbar. Sollte es eine politische Lösung geben, werde die evangelische Kirche auch ihre zuletzt beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Verfassungsbeschwerde gegen die Streichung des Feiertags zurückziehen.
Durch die derzeitige Regelung fühlten sich die Evangelischen in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt, hielt der seit September amtierende neue lutherische Bischof fest. Dies sei auch Kernpunkt der Verfassungsklage. Die Gottesdienste am höchsten protestantischen Feiertag könnten "nicht mehr in gewohnter Weise" gefeiert werden, weil viele ehrenamtliche Lektoren, Küster und Organisten daran beteiligt seien. "Unser gottesdienstliches Leben ist hier bedroht", betonte Chalupka. Der Karfreitag sei aber auch gesamtgesellschaftlich wichtig, weil an ihm "das Brüchige im Leben, das Leiden" thematisiert werde: "Da schauen wir gerne weg."
Auf Änderungen drängte der neue lutherische Bischof auch in der Asyl- und Migrationspolitik. Notwendig sei eine Rückkehr zum früheren Grundkonsens, dass "denen, die wirklich Schutz suchen, geholfen werden soll", so Chalupka. Im Umgang mit Flüchtlingen in Österreich setzt der lutherische Bischof auf Integration und die Förderung von Begegnungsmöglichkeiten: "Ängste und Sorgen bekomme ich am besten Weg, indem ich die Menschen kennenlerne." Wichtig sei insgesamt, "dass Migrationspolitik gestaltet wird und sich Politik nicht immer als ohnmächtig hinstellt", betonte der Bischof. "Dann ist die Bevölkerung sicher auch offen."
Tatsächlich ausbauen müsse Österreich seine Hilfe vor Ort, etwa in Syrien. Drei Euro pro Einwohner leiste die Republik jährlich an humanitärer Hilfe. Skandinavische Länder brächten hier bis zu 90 Euro pro Kopf und Jahr auf, forderte Chalupka u.a. die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds auf jährlich 60 Millionen Euro: "Die Rede von der Hilfe vor Ort und der humanitären Hilfe muss endlich mit Substanz gefüllt werden."
"Große Reform" bei Pflege nötig
"Nicht nur neues Geld in alte Schläuche", sondern eine "große Reform" müsse es im Pflegebereich geben, so der lutherische Bischof zu einem anderen Themenbereich, der aus seiner Sicht "prioritär auf der Agenda einer neuen Regierung" stehen soll. Pflegeangebote müssten bedarfsgerechter gestaltet werden, etwa durch den Ausbau von Plätzen in Tagesbetreuungszentren. Zwischen mobiler Pflege und Pflegenheime oder 24h-Pflege brauche es zusätzliche Angebote, die pflegende Angehörige entlasten.
Allein auf pflegende Angehörige zu vertrauen - die zudem selbst immer älter würden - ist für Chalupka jedoch kein gangbarer Weg. Er plädiert daher für die Aufnahme aller Pflegeberufe in die Mangelberufsliste und eine erleichterte Vergabe von Rot-Weiß-Rot-Karten an Pflegekräfte aus dem Ausland.
Kirchengemeinden tun Gesellschaft gut
Zum gesellschaftlichen Wert von Kirchengemeinden betonte Chalupka, dass in diesen regelmäßig Menschen unterschiedlichster sozialer Herkunft bei Gottesdiensten und Einrichtungen wie Pfarrcafes zusammentreffen und miteinander ins Gespräch kommen. "Hier treffen sich Menschen nicht, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, sondern um etwas Höheres in ihr Leben zu lassen. Das macht ja Religion und Christentum aus", sagte Chalupka. Gerade in einer Zeit, "in der es so viel um das Ego geht", könne man in den Kirchengemeinden erleben, dass man als Mensch nicht nur auf sich alleine angewiesen sei.
In der Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare habe sich die lutherische Kirche im vergangenen Frühjahr zu einem "Kompromiss" durchgerungen, sagte Chalupka auf die Frage, ob er selbst in einer Pfarre einen öffentlichen Segnungsgottesdienst für ein gleichgeschlechtliches Paar feiern würde. Dementsprechend würde er kein solches Paar in einer Pfarrgemeinde segnen, die sich dagegen ausgesprochen hat, verwies der lutherische Bischof auf den im März bei der Synode seiner Kirche gefundenen innerkirchlichen Kompromiss. Es gelte, die Gewissensentscheidungen der einzelnen ernst zu nehmen und den gefundenen Kompromiss zu leben, so Chalupka: "Wir werden daran nichts ändern."
Quelle: kathpress