Amazonien-Synode stößt auf großes Interesse
Bei der derzeitigen Amazonien-Synode im Vatikan sind nach Ansicht des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn europäische Teilnehmer Gäste.
Wir Europäer sind eine winzige Minderheit, Afrika, Asien mit je zwei Bischöfen präsent. Das heißt: Wir sind Gäste einer Regionalsynode, die aber weltkirchlichen Charakter hat, weil der Papst sie einberufen hat.
So Schönborn im Interview der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress in Rom. Das dreiwöchige Treffen von Bischöfen und anderen Experten Amazoniens sei stark geprägt von früheren Bischofstreffen in Lateinamerika wie der Versammlung von Aparecida 2007. Erstmals rücke das Amazonas-Gebiet mit all seinen Facetten ganz bewusst ins Blickfeld der Kirche.
Gleichwohl werde das Treffen aus europäischer Sicht mit großem Interesse verfolgt, so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz. Dabei überwiege aber das Interesse an innerkirchlichen Fragen wie Strukturen, Ämtern und dem Zölibat. Durch jüngste Entwicklungen in Amazonien wie die verstärkte Debatte um den Klimawandel schauten Beobachter aber auch auf die ökologisch-soziale Thematik der Synode. "Aber die innerkirchlichen Themen scheinen mir in unserem Sprachraum mehr Gewicht zu haben."
Insgesamt sei der Umgangsstil bei den Beratungen von einer großen Freiheit geprägt, sagte der Kardinal. "Wer behauptet, hier bestünden Redebeschränkungen, der hat dies nicht erlebt."
Angesprochen auf seine vor wenigen Tagen erfolgte Berufung in das 13-köpfige Redaktionskomitee der Synode, die das Schlussdokument erarbeiten soll, zeigte sich Schönborn überrascht. Andererseits sei die Beauftragung durch Papst Franziskus nicht so unvorhergesehen, da er bei früheren Synoden oft versucht habe, zwischen Positionen zu vermitteln. Zudem habe er im Laufe seiner Arbeit in der Kirche öfter redaktionelle Aufgaben wahrgenommen, spielte der Kardinal auf seine Rolle als Redaktionssekretär des 1992 erschienenen Weltkatechismus an.
Die bis 27. Oktober angesetzte dreiwöchige Synode steht unter dem Titel: "Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie". Die rund 300 in der vatikanischen Synodenaula versammelten Bischöfe, Ordensleute, Vertretern von Indigenen und Experten nehmen zusammen mit dem Papst Umweltschäden im Amazonasgebiet und deren soziale Folgen in den Blick. Ebenso geht es um mehr Aufmerksamkeit für die Belange der Indigenen und die Seelsorge in der riesigen und schwer zugänglichen Amazonasregion. Auch die Weihe verheirateter Familienväter, die Übertragung von Leitungsaufgaben an Laien und neue Ämter für Frauen werden diskutiert.
Die Synode tagte seit ihrem Beginn am 6. Oktober abwechselnd als Plenumsversammlung und in zwölf kleineren Sprachgruppen ("circoli minori"). Am Donnerstag hatten die zwölf Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse vorgestellt. Sie sollten konkrete Eingaben und Handlungsschritte für das Schlussdokument formulieren und begründen. Am Freitag wurden die Texte veröffentlicht.
Arbeit am Schlusspapier beginnt
Das Redaktionskomitee erstellt nun über das Wochenende einen ersten Entwurf für das Schlusspapier. Nach einer ersten Sichtung und Zusammenfassung werde er sich am Samstagabend in die Arbeit einschalten, sagte Kardinal Schönborn "Vatican News". Mit anderen soll er den Entwurf kritisch gegenlesen. Dieser wird in der kommenden Woche im Plenum vorgestellt und erneut in den Arbeitsgruppen besprochen. Am 26. Oktober stimmen die Synodenväter in der letzten Generalversammlung über die einzelnen Punkte des Schlusspapiers ab. Ob der Text veröffentlicht wird, liegt in der Entscheidung des Papstes.
Der 74-jährige Wiener Erzbischof ist unter den insgesamt 285 Teilnehmern der aktuellen Amazonien-Synoden jener mit der größten Synodenerfahrung. Erste Synodenerfahrungen machte Schönborn als theologischer Berater 1985 bei der Sondersynode zum 20-Jahr-Jubiläum des Konzilsendes, bei der die Herausgabe eines neuen Katechismus angeregt wurde. Als Bischof war Schönborn dann bei den beiden Sondersynoden für Europa (1991 und 1999), bei den beiden Familiensynoden (2014 und 2015) sowie bei den Synoden über Neuevangelisierung (2012) und Jugend (2018). Die Amazonien-Synode ist seine siebente Bischofsversammlung dieser Art.
Ämterfrage "wichtig", aber nicht entscheidend
In mehren Interviews mit den verschiedenen Sprachredaktionen des Portals "Vatican News" äußerte sich Kardinal Schönborn am Wochenende u.a. auch zu den Inhalten seines eigenen Redebeitrags im Synodenplenum. Er habe in den bisherigen zwei Wochen der Amazonien-Synode vor alle intensiv zugehört, wolle auf keinen Fall mit "fertigen Rezepten" kommen und habe daher stattdessen eher Fragen gestellt, schilderte der Kardinal. So hab es ihn gewundert, wie wenig bisher in Amazonien offensichtlich die Möglichkeit des Einsatzes von Diakonen ausgeschöpft worden ist, meinte der Wiener Erzbischof auch mit Blick auf die guten Erfahrungen mit Ständigen Diakonen in Österreich.
Das große Thema für sehr viele Bischöfe und auch Laienteilnehmer der Synode sei der Weg von einer sogenannten "Besuchspastoral", bei der Priester wegen der großen Entfernungen nur ein oder zwei Mal jährlich in eine Gemeinde kommen, hin zu einer Pastoral der Präsenz. In Amazonien gebe es viele Frauen, die bereits jetzt das Leben dieser kleinen, weit verstreuten Gemeinden tragen, so Schönborn unter Bezugnahme auf entsprechende Berichte in der Synode. Diese hätten auch die Erlaubnis zu taufen, würden Ehepaare und auch Sterbende begleiten. Hier sei der Wunsch, dass diese Dienste einen offizielleren Charakter bekommen "was sicher möglich ist, da hat die Synode gute und praktische Vorschläge gemacht", sagte der Kardinal.
Hinsichtlich der Diskussion um eine Weihe von "viri probati", habe er eben die Frage gestellt, warum man in Amazonien nicht stärker mit der Weihe von Ständigen Diakonen, also "viri probati diakoni" begonnen habe. Man könne dann sehen, ob sich diese bewähren und auch für den presbyterialen Dienst geeignet wären.
Es gebe insgesamt eine weite Palette pastoraler Möglichkeiten zur Sicherstellung der seelsorglichen Präsenz der Kirche vor Ort. Dieses Dasein sei aber "nicht zuerst die Aufgabe von Ämtern, sondern von Christinnen und Christen", betonte Schönborn unter Verweis auf das gemeinsame Priestertum aller Getauften.
Die Kirche ist da, wo immer Menschen zusammenkommen und ihren christlichen Glauben leben.
An der "wichtigen" Ämterfrage in der Kirche, "wird gearbeitet, da entwickelt sich viel", so der Kardinal, "aber das Heil liegt nicht bei der Frage 'viri probati - ja oder nein'". Entscheidend sei vielmehr, als wanderndes Gottesvolk gemeinsam unterwegs zu sein und Christus in die Mitte zu stellen. "In dieser Gemeinsamkeit als Volk Gottes finden dann auch das Amt und die Dienste ihren richtigen Platz", sagte Schönborn.
Quelle: kathpress