Ganze Menschheit für Schutz Amazoniens zuständig
Bei der Amazonien-Synode in Rom haben sich kurz vor Ende der ersten Halbzeit etliche Wortmeldungen noch einmal auf ökologische Themen konzentriert. "Der Schutz des Amazonas vor der Zerstörung durch den Menschen liegt in der Verantwortung der gesamten Menschheit", heißt es in einer am Dienstagabend vom Vatikan verbreiteten Zusammenfassung der Redebeiträge. Wie bereits in der Vorwoche, teilen sich die Synodenteilnehmer ab Mittwoch erneut für zwei Tage in Kleingruppen auf. Deren Ergebnisse sollen am Donnerstagabend im Plenum vorgestellt und anschließend veröffentlicht werden.
In den Diskussionen vom Dienstag kamen die Synoden-Teilnehmer überein, dass ein Desinteresse am Schicksal künftiger Generationen "nicht tolerierbar" sei. Zur Aufgabe von Christen - individuell, gemeinschaftlich wie global - gehöre die "Pflege des Gemeinsamen Hauses". Dazu müsse sich die Kirche noch stärker im Bildungssektor engagieren. Auch sollte sie sich - etwa über die Päpstliche Akademie der Wissenschaften - an der Schaffung eines weltweiten Netzwerks von Wissenschaftlern beteiligen.
Einer der vielen vorgebrachten Vorschläge lief darauf hinaus, in das kirchliche Gesetzbuch einen neuen Kanon aufzunehmen, der die Pflichten der Christen gegenüber der Umwelt behandelt. Andere Beiträge mahnten, angesichts der vielfältigen Herausforderungen in Amazonien, zu denen neben Umweltzerstörung auch Gewalt, Diskriminierung, Rechtsbrüche und Probleme in der Seelsorge gehören, dürften Menschen nicht in der Opferrolle bleiben. Vielmehr sollten sie sich für den Aufbau ihres Schicksals mitverantwortlich fühlen, daher Rechte beanspruchen und Pflichten übernehmen.
Bischofsrat und Beobachtungsstelle
Auch eine mögliche Schaffung eines eigenen ständigen und repräsentativen Bischofsrates für Amazonien, der vom bisherigen bischöflichen Netzwerk Repam koordiniert werden könnte, wurde diskutiert. Dieser könnte sich für die Verteidigung der Rechte indigener Völker, die Ausbildung der Seelsorger und die Gründung amazonischer Seminare einsetzen und der Kirche mehr Wirksamkeit im Einsatz gegen Ausbeutung des Territoriums, Kriminalität, Drogenhandel, Menschenhandel und Prostitution verleihen. Wichtig sei weiters, die Rechte der Indigenen auf Konsultation und Information vor Eingriffen in ihren Stammesgebieten zu stärken, wozu eine ständige Beobachtungsstelle für Menschenrechte und Schutz des Amazonas vorgeschlagen wurde.
Eine nachdrückliche Würdigung gab es für die Märtyrer-Missionare im Amazonas, darunter der spanische Bischof Alejandro Labaka (1920-1987) und dessen Mitarbeiterin Sr. Ines Arango (1937-1987) sowie die aus den USA stammende Ordensfrau und Menschenrechtsaktivistin Sr. Dorothy Stang (1931-2005). Zur Stärkung der Missionsarbeit im Amazonasgebiet - insbesondere für die Kosten des Transports und der Ausbildung der Missionare - sollte ein nationaler und internationaler Finanzfonds eingerichtet werden, hieß es in einem weiteren Vorschlag. Ein ähnlicher Fonds könnte zudem die Bildung von Laien in biblischen, theologischen und pastoralen Bereichen finanzieren.
Expertin: Gemeinsamer Weg, nicht Parlament
"Eine der markantesten Eindrücke aus der Synodenaula ist die Tatsache, dass die katholische Kirche mit ihren Ordensleuten schon lange und unverbrüchlich auf der Seite der Unterdrückten am Amazonas steht", berichtet die im Vatikan tätige österreichische Journalistin Gudrun Sailer in der dieswöchigen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (17. Oktober). Eindrucksvoll komme der "Hunger vieler Getaufter nach den Sakramenten" zur Sprache, sowie der Wunsch nach einer "Seelsorge der Präsenz", also nach mit den Menschen lebenden und wirkenden Kirchenvertretern, die nicht nur selten zu Besuch kämen. Um dies umzusetzen, stehe die Frage nach verändertem Amtsverständnis im Raum.
Zugleich stellte Sailer auch einige Irrtümer über die Kirchenversammlung der 184 Bischöfe und 55 Fachleute - darunter 35 Frauen - klar. So sehr die Synodenaula auch tagelange Debatten erlebe und von ihrer Anordnung her an ein Parlament erinnere, die Synode sei kein solches - was auch Papst Franziskus nicht müde werde zu betonen. Wer vor Ort dabei sei, erlebe die Synode vielmehr als einen "gemeinsamen Weg und darüber hinaus ein geistliches Ereignis", unterstrich die Mitarbeiterin im Medien-Stab der Synode.
Erstentwurf am Wochenende
Am Ende der zweiten Synodenwoche wird sich am Freitag und Samstag eine 13-köpfige Redaktion erstmals mit dem Entwurf eines Abschlussdokumentes befassen, ehe die Versammlung in die abschließende dritte Woche geht. Das Redaktionskomitee wurde mit vier vom Papst nominierten Mitgliedern am Dienstag komplettiert. Zu diesen gehören Kardinal Christoph Schönborn, der Präsident der Päpstlichen Wissenschaftsakademien, Bischof Marcelo Sanchez Sorondo, Erzbischof Edmundo Ponciano Valenzuela von Asuncion/Paraguay sowie der italienische Salesianer-Pater Rossano Sala.
Bereits vorher standen als Redaktionsmitglieder fest der Generalrelator der Synode und Präsident des kirchlichen Amazonas-Netzwerks, der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, der Generalsekretär der Synode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, sowie sein Stellvertreter, der maltesische Bischof Mario Grech, Kardinal Michael Czerny sowie der peruanische Bischof David Martinez de Aguirre. Von der Synodenversammlung zu Beginn bereits gewählt wurde der brasilianische Bischof Mario Antonio da Silva, Bischof Hector Miguel Cabrejos aus Peru, der auch Vorsitzender des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM ist. Außerdem wurden gewählt der kolumbianische Bischof Nelson Jair Cardona sowie Erzbischof Sergio Alfredo Gualberti aus Bolivien.
Quelle: kathpress