Jubiläumskonzert zur Weihe der Votivkapelle im Mariendom
Im Linzer Mariendom ist am vergangenen Wochenende ein doppeltes Jubiläumskonzert anlässlich der Weihe der Votivkapelle vor 150 Jahren gegeben worden. Mit Anton Bruckners e-Moll-Messe erklang am Samstag und Sonntag eine Komposition, die untrennbar mit dem Bau des Linzer Mariendoms verbunden ist, wie die Diözese Linz berichtete: Am 1. Mai 1862 fand die feierliche Grundsteinlegung zum Dombau statt. Während der ersten Bauphase erhielt Bruckner im Sommer 1866 von Bischof Franz Joseph Rudigier den Auftrag, eine Messe zu komponieren. Der Komponist vollendete deren erste Fassung noch im selben Jahr, aufgeführt wurde sie aber erst am 29. September 1869 zur Einweihung der Votivkapelle.
Beim Jubiläumskonzert am 29. September 2019 wurde die Bruckner-Messe mit Schuberts populärer "Deutscher Messe" für gemischten Chor mit Blasinstrumenten und Orgelbegleitung (D 872, 1827) kombiniert. Tags zuvor erklang Bruckners Werk bereits beim Abendgottesdienst. An beiden Abenden musizierten der Domchor Linz, der Hard-Chor Linz unter der Leitung von Alexander Koller und ein Bläserensemble der Linzer Dommusik unter der Gesamtleitung von Domkapellmeister Josef Habringer. Die Orgel spielte Domorganist Wolfgang Kreuzhuber.
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer sorgte in seiner Predigt bei der Abendmesse für den "spirituellen Hintergrund" der Bruckner-Messe mit dem Hinweis auf die "Kultur schaffende Kraft des Christentums": Glaube, Spiritualität und Liturgie einerseits sowie Kunst, Architektur und Musik andererseits würden einander befruchten, betonte Scheuer. Die e-Moll-Messe und deren "expressive Modernität" würdigte der Bischof als "einsamen Gipfel der geistlichen Vokalmusik des 19. Jahrhunderts". Große Demut und höchste Jubelausbrüche würden einander abwechseln, ebenso zaghaftes Zweifeln und tiefste Gläubigkeit.
Bruckner empfand sich als Handwerker
Bruckner habe sich trotz seiner künstlerischen Meisterschaft durchaus als Handwerker verstanden, der eine große Affinität zur handwerklichen Gediegenheit der mittelalterlichen Baumeister und Steinmetze hatte, erinnerte Scheuer: Er habe "über lange Strecken zuerst die Dimensionen und Architekturen eines neuen Werkes entworfen, bevor er die so gedanklich konzipierten Räume gleichsam mit Musik füllte, sie beseelte, seinem Inneren Ausdruck verlieh", so der Bischof über die Herangehensweise Bruckners.
Dessen Musik sei Ausdruck seiner Spiritualität und seiner inneren Welt - und dies nicht nur in seinen kirchenmusikalischen Werken. Scheuer wörtlich:
Die Sehnsucht nach Beziehung und Freundschaft findet ihre letzte Erfüllung in der Begegnung mit dem Du Gottes, auf das Bruckner in seinen Kompositionen hinweist. Die ganze Lebensmelodie Bruckners ist dem höchsten Ziel gewidmet: 'Mein Lied ist der Herr', wie es in Psalm 118 heißt.
Für Domkapellmeister Habringer ist die e-Moll-Messe eng mit der Architektur und der Akustik des Mariendoms verbunden: "Die gotische Bauweise des Doms ist auch in der Komposition Bruckners hörbar." Ihre Aufführung sei zu einer "spirituellen Feierstunde" geraten, "in der Kunst, Architektur und Musik zu einer Einheit verschmolzen sind und uns ein Stück Himmel offenbart haben".
150 Jahre Votivkapelle im Linzer Mariendom
Die Votivkapelle entstammt der ersten Bauetappe des Linzer Mariendoms. Zuerst wurden die Fundamente des Doms gelegt und die Erde für den Unterbau der Kirche ausgehoben. Am 1. Mai 1862 fand die feierliche Grundsteinlegung statt und der offizielle Dombau begann. Direkt über der Krypta mit dem Grundstein befindet sich der Kapellenkranz hinter dem Hochaltar - mit der großen Votivkapelle und sechs weiteren Kapellen. Die Votivkapelle wurde am 29. September 1869 von Bischof Rudigier eingeweiht.
Anton Bruckners dafür komponierte Messe dirigierte er bei der Uraufführung selbst. Da die neue Votivkapelle nicht abgemauert war, fand die Aufführung zum Teil im Freien, zum Teil im Innern des Doms statt. Aus diesem Grund komponierte Bruckner die Messe ohne Solisten und ohne Streicher, also nur für 15 Holz- und Blechbläser und achtstimmigen Doppelchor. Bruckner erinnerte sich an die Uraufführung noch 1885 als an den "herrlichsten meiner Lebenstage".
Quelle: kathpress