Beiglböck: Kirche muss in Wahlkampf Grundlegendes einbringen
Kirchen und Religionen sind im Wahlkampf vor die Aufgabe gestellt, Fundamentales und somit "Wahrheit" zu vertreten, "die eben gerade nicht durch Interessen geleitet ist". Das betonte der steirische Caritas-Direktor Herbert Beiglböck in Anlehnung an ein bekanntes Wort des deutschen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert über die Unterscheidung von Wahrheit und Interesse. Kirchen komme so eine Korrektur-Funktion zu, denn "die politischen Parteien zeigen vor der bevorstehenden Wahl deutlich, dass ihre Programme von Interessen bestimmt sind" und "sich ihre inhaltlichen Positionen dementsprechend häufig als 'situationselastisch' erweisen", legte Beiglböck in einem am Freitag veröffentlichten Beitrag für die theologische Feuilleton-Website feinschwarz.net dar.
Aktuell ortete der Caritas-Direktor allerdings eine "fehlende gesellschaftliche Positionierung" der Kirchen und Religionen. Beiglböck:
Indem sie kaum grundlegende gesellschaftspolitische Positionen benennen, leisten sie einen wesentlichen Raum für weitgehend inhaltsarme, marketingorientierte Wahlauseinandersetzungen.
Dabei gebe es gerade in der derzeitigen Entwicklung der Welt wichtige Positionen aus der katholischen Soziallehre, die in der aktuellen Debatte unverzichtbar seien. Der Caritas-Direktor verwies etwa auf den Grundbegriff Solidarität, der angesichts einer globalisierten Welt integral für eine Ordnung des Zusammenlebens in der heutigen Gesellschaft sei.
An die Kirchen- und Religionsvertreter appelliert er deshalb, nicht von außen auf die Gesellschaft zu schauen und Mängel oder Fehlentwicklungen zu benennen, sondern sich als Teil dieser Welt und dieser Gesellschaft zu begreifen.
Die Frage ist also, welchen Nutzen wir für die Menschen bringen. Gerade Wahlauseinandersetzungen machen deutlich, wie unverzichtbar es ist, klare inhaltliche Positionierungen zu erarbeiten, damit in die Diskussion einzutreten und nach Lösungen und Antworten zu suchen.
Hierfür müsse innerkirchlich ein neuer Anlauf genommen werden, "wir müssen vor- gegen- und nachdenken, wie die großen Gestaltungsnotwendigkeiten unserer heutigen Welt bewältigt werden können. Dies erfordert aber intellektuellen und materiellen Einsatz und entsprechende Strukturen".
Nur so könne ein fruchtbares Spannungsverhältnis zwischen Staat und Kirche wiederhergestellt werden.
Besonders heute, da die Vielfalt in unserer Gesellschaft zunimmt, müssen die vorpolitischen Grundlagen des Staates vielfach neu diskutiert werden und es braucht eine gemeinsame Anstrengung, um sich auf jene Werte und Normen zu verständigen, die ein zukunftsfähiges Zusammenleben tragfähig sichern.
Quelle: kathpress