Kremsmünster: Neueste Erkenntnisse zum Tassilokelch präsentiert
Bei einem fünfjährigen wissenschaftlichen Forschungsprojekt rund um den "Tassilo-Liutpirc-Kelch", der im Stift Kremsmünster beherbergt wird, konnten einige vieldiskutierte Fragen über Herkunft, Funktion, Bildschmuck und Bedeutung des frühmittelalterlichen Kelchs geklärt werden. Die Ergebnisse wurden jetzt im Rahmen einer Buchpräsentation im Kaisersaal des Stift Kremsmünster vorgestellt.
Die knapp 500 Seiten starke, reich bebilderte Publikation mit dem Titel "Der Tassilo-Liutpirc-Kelch im Stift Kremsmünster - Geschichte - Archäologie - Kunst" beinhaltet wissenschaftliche Erkenntnisse von 20 international renommierten Wissenschaftlern - darunter Archäologen, Archäometriker, Goldschmiede, Historiker, Kunsthistoriker und Theologen - aus vier Ländern. An der detaillierten und nach jüngstem Stand der Technik betriebenen Forschung am Tassilokelch waren das Archäologische Museum Frankfurt, das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz und das Stift Kremsmünster selbst beteiligt.
Egon Wamers, Herausgeber der Publikation und Leiter des Forschungsprojektes, bezeichnete es als "große Ehre und Höhepunkt meines Forscherlebens", dieses Projekt federführend begleitet zu haben. "Dieser außergewöhnliche Abendmahlskelch wurde vor etwa 1250 Jahren im Salzburger Raum geschaffen. Auf wundersame Weise hat er die Stürme der Zeit überlebt." Zweifelsfrei seien Herzog Tassilo und seine Frau dessen Stifter. Die Inschrift auf dem Kelch lautet: "Tassilo dux fortis, Liutpirc virga regalis" (Tassilo, starker Fürst - Liutpirc, aus königlichem Geschlecht). Da aber auch Tassilos Ehefrau Luitpirc am Kelch als Stifterin genannt wird, sei es höchste Zeit, den Kelch als Tassilo-Liutpirc-Kelch zu bezeichnen.
Kirchenrektor P. Altman Pötsch, Kustos der Kunstsammlungen undAnstoßgeber der Untersuchungen, machte deutlich, wie sich der Umgang mit dem Tassilo-Liutpirc-Kelch im Stift Kremsmünster gewandelt hat.
Noch im Jahre 1877 wurde der Kelch zur 1100-Jahr-Feier unserer Gründung als Weinbecher herumgereicht. Seit 1964 verwenden wir ihn ausschließlich liturgisch in der Eucharistiefeier am Gründonnerstag, am Stiftertag am 11. Dezember sowie bei einem Papstbesuch in Österreich.
So wurde der Kelch 1983 im Donaupark von Papst Johannes Paul II. und 2007 in Mariazell von Papst Benedikt XVI. verwendet. Er findet zudem Verwendung als Wahlurne bei einer Abtwahl.
"Wegbegleiter durch zwölf Jahrhunderte"
Abt Ambros Ebhart OSB betonte, es sei ein kostbares Geschenk, dass der Tassilokelch dem Kloster anvertraut ist.
Für unser Kloster Kremsmünster ist er ein Wegbegleiter durch zwölf Jahrhunderte. Der Tassilokelch veranschaulicht die Wurzel, die an den Anfang unseres Klosters zurückführt.
Ein gesundes Traditionsbewusstsein müsse aber auch einher gehen mit der Offenheit für wissenschaftliche Untersuchungen, so Ebhart.
Das Stift Kremsmünster bietet nun bis Ende Dezember 2019 immer am Samstag und Sonntag, jeweils um 14 Uhr Spezialführungen an. Am 4. Oktober hält P. Altman Pötsch im Stift einen Vortrag über das religiöse Programm des Tassilokelchs. Außerdem wird der Tassilo-Liutpirc-Kelch am 12. Dezember im Ars Electronica Center Linz zu sehen sein.
Das Buch "Der Tassilo-Liutpirc-Kelch im Stift Kremsmünster - Geschichte - Archäologie - Kunst" (Schnell & Steiner Verlag, Regensburg 2019) ist im Fachhandel erhältlich.
Quelle: kathpress