Graz-Seckau: Johann Weber seit 50 Jahren Bischof
"50 Jahre Bischof Weber" - unter diesem Titel würdigt die Diözese Graz-Seckau einen seltenen Anlass: Johann Weber (92) wurde als damaliger Pfarrer von Graz-St. Andrä am 10. Juni 1969 zum 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau ernannt, geweiht wurde er im Grazer Dom vor fast genau einem halben Jahrhundert am 28. September 1969. Auf der diözesanen Website wird auch daran erinnert, dass der gebürtige Grazer am 2. Juli 1950 zum Priester geweiht wurde und danach Kaplan in den Industriestädten Kapfenberg und Köflach sowie Seelsorger der Katholischen Arbeiterjugend war. "Wie ein Pfarrer der Kirche von Steiermark übte Bischof Weber seinen Hirtendienst in der steirischen Diözese aus", heißt es über den beliebten "Leutebischof".
Seine Erinnerungen an Begegnungen mit Johann Weber prägten ihn heute in der Ausübung seines Hirtenamtes, würdigte sein Nachfolger und früherer Zeremoniär Wilhelm Krautwaschl den Jubilar am Mittwoch in einer Aussendung. Er sei Weber und dem Herrgott für vieles dankbar, "dass er uns als Hirte in der Diözese so lange vorausging, mitten unter uns ging oder auch hinter uns, um uns auf dem Weg zu halten". Krautwaschl schloss mit dem Wunsch an Weber: "Gott segne und behüte Dich!"
Am 28. September ist Johann Weber ein Dankgottesdienst gewidmet, an dem Interessierte via Livestream der "Kleinen Zeitung" ab 10.30 Uhr teilnehmen können. Auf der Website www.katholische-kirche-steiermark.at findet sich weiters ein Gratulationsbuch, in dem Wünsche für den Jubilar, aber auch Erlebnisse mit ihm und Anekdoten über ihn deponiert werden können. Eine Fotostrecke erinnert an Johann Webers "Leben in Bildern" von seinen seelsorglichen Anfängen bis zum vertrauten Gespräch mit Bischof Krautwaschl.
Krautwaschl steuerte auch selbst eine Anekdote über seinen früheren "Chef" bei, die symptomatisch für Webers Führungsstil gewesen sei: Bei einem Treffen in seinen Amtsräumlichkeiten wurde Weber gefragt, wieso sein Schreibtisch so leer sei, "ob er denn keine Arbeit hätte". Webers Antwort:
Ich habe bei einem Kurs im Vatikan gelernt: Der volle Schreibtisch eines Bischofs ist nur ein Hinweis darauf, dass er seinen Mitarbeitern nicht traut.
Gottesvolk statt "Lager" in der Kirche
Das steirische "Sonntagsblatt" widmet Johann Weber eine 8-seitige Sonderbeilage. Dessen langjähriger Chefredakteur Herbert Messner schreibt darin über seinen Bischof der Jahre 1969 bis 2001:
Sein weiter Horizont des Katholischen half ihm, auch innerkirchliche Gegensätze in den Griff zu bekommen... In einer sehr kritischen Zeit für die Kirche in Österreich war Bischof Johann Weber 1995 bis 1998 Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz. Er litt unter neuen Spannungen, zeigte aber der Kirche Österreichs um so mehr, dass Vielfalt Miteinander und Dialog bedeuten kann.
Dazu passt ein Wort, das der neu gewählte Bischof am 5. Oktober 1969 an die Leser des "Sonntagsblattes" richtete: "... wie ein ordentlicher Pfarrer will ich für alle da sein. Für mich gibt es keine Progressiven und Konservativen, keine Fernstehenden und keine Elite oder welche Bezeichnungen man sonst noch verwenden will, sondern nur ein Volk Gottes auf seiner Pilgerfahrt in der Nachfolge Christi." Weber rief bereits damals zur "Erneuerung der Kirche" auf, die er gemäß seinem bischöflichen Wahlspruch "Evangelizare pauperibus" ("Frohe Botschaft den Armen") mit klaren sozialen Anliegen verband: Es gelte "immer deutlicher die Armut inmitten des Wohlstands (zu) erkennen: die Kranken und Verdrossenen, die Verzweifelten und Übersättigten, die Ratlosen und Lebensuntüchtigen, die vor Gott Fliehenden und die Enttäuschten. Für sie legen wir die Hand an den Pflug."
Ein Gendarmensohn aus Graz
Am 26. April 1927 in Graz als Sohn eines Gendarmerie-Beamten geboren, wuchs Johann Weber gemeinsam mit fünf Geschwistern auf. Bis zur Schließung des Bischöflichen Seminars 1938 war er dort Schüler, anschließend im Akademischen Gymnasium. Nach dem Militärdienst im Zweiten Weltkrieg begann Weber mit dem Theologiestudium an der Grazer Universität. Am 2. Juli 1950 wurde er in Graz zum Priester geweiht. Nach Kaplans-Jahren in Kapfenberg und Köflach wurde er 1956 Diözesanjugendseelsorger der Katholischen Arbeiterjugend, ab 1962 wirkte er als Stadtpfarrer von Graz-St. Andrä, wo er viele Initiativen im sozialen Bereich setzte, z.B. eine Unterkunft für Schwangere in Not. Am 10. Juni 1969 ernannte Papst Paul VI. Weber zum 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau. Die Bischofsweihe empfing er am 28. September im Grazer Dom.
Bischof Weber übernahm die Diözese in einer schwierigen Situation, geprägt durch den plötzlichen Rücktritt von Bischof Josef Schoiswohl und die starke nachkonziliare Polarisierung im Klerus. Als Bischof stellte Weber in vielen Bereichen neue Weichen im Sinne der Konzilsreformen und wurde durch seine herzliche, umgängliche Art zum beliebten "Leutebischof": In seiner Amtszeit wurden die Pfarrgemeinderäte und der Diözesanrat eingerichtet, er vergab erstmals an einen Laientheologen die Stelle eines Pastoralassistenten und er setzte zum ersten Mal Ordensfrauen zur "geschäftsführenden" Leitung einer priesterlosen Pfarre ein. Weber rief die Telefonseelsorge ins Leben, später wurden in Graz das Kulturzentrum bei den Minoriten und das Welthaus errichtet.
Viele große Ereignisse der folgenden Jahrzehnte - von der Österreich-Synode 1973/74 über den Katholikentag 1981 in Graz, den "Tag der Steiermark" 1993, die "Wallfahrt der Vielfalt" 1996, die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz bis zum "Dialog für Österreich" 1998 - wurden von Bischof Weber initiiert oder entscheidend mitgeprägt. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählte auch der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983 in Mariazell.
Ab 1995 Vorsitz der Bischofskonferenz
In der Österreichischen Bischofskonferenz war Bischof Weber zunächst Referent für Jugendfragen, später zuständig für den Bereich "Kirche in der Gesellschaft". Lange Zeit war er auch für die Gefangenenseelsorge, für die Ordensgemeinschaften und für pastorale Angelegenheiten zuständig. Weber war einer der Betreiber des Sozialhirtenbriefes der Bischofskonferenz von 1990. Im Mai 1995 wurde er zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt, nachdem Kardinal Hans Hermann Groer dieses Amt nach Missbrauchsvorwürfen zur Verfügung gestellt hatte; Weber übte diese Aufgabe bis 1998 aus. Außerdem wurde er "Medien-Bischof" und war für die Theologischen Fakultäten und Hochschulen sowie für die österreichische Theologische Kommission zuständig. Als langjähriger Referent für die Priesterseminare und Präsident des Zentrums für geistliche Berufe ("Canisiuswerk") war Bischof Weber die Sorge um den Priesternachwuchs ein großes Anliegen.
Im Jahr 2001 legt Johann Weber sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Der Papst ernannte Bischof Egon Kapellari zum Nachfolger. Heute lebt Weber in einem Alten- und Pflegeheim in Graz, als Seelsorger ist der 92-Jährige weiterhin aktiv.
Quelle: kathpress