Peter Pilz: "Religion beschäftigt mich nicht"
Oft sind Spitzenpolitiker eher zurückhaltend, wenn es um Fragen des persönlichen Glaubens und der Religion geht. Auf Peter Pilz, Spitzenkandidat der Liste JETZT, trifft das nicht zu, wie der neuen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" zu entnehmen ist. "Religion beschäftigt mich nicht. In meinem ganzen Leben noch nie. Ich habe mir eigentlich noch gar nicht überlegt, warum nicht", erklärt Pilz dort unumwunden in einem Interview. "Ich bin eigentlich Agnostiker." Das hält den Politiker, der mit Unterbrechungen seit 1986 dem Parlament angehört, aber nicht davon ab, sich im Gespräch mit Armin Haiderer, dem Präsidenten der Katholischen Aktion der Diözese St. Pölten, deutlich zu Themen wie Feiertage, Religions- und Ethikunterricht und das Staat-Kirche-Verhältnis zu positionieren.
So habe zwar die Geschichte des arbeitsfreien Sonntags mit dem Christentum zu tun, aber keine aktuelle Bedeutung mehr, meinte Pilz und:
Das Christentum hat auch nichts damit zu tun, warum ich zu 100 Prozent für den arbeitsfreien Sonntag bin: Es muss Tage geben, an denen Familien die Gewissheit haben können, dass sie diese auch gemeinsam verbringen können.
Ähnlich pragmatisch sieht der promovierte Sozialwissenschafter die Diskussion um den Karfreitag: "Man sollte Leuten einfach die Feiertage nicht wegnehmen." Eigentlich sei ihm egal, wie die Feiertage heißen.
Ich finde es aber super, dass es sie gibt, vor allem, wenn sie an einem Donnerstag sind. Da hat man eine gute Chance, dass am Freitag auch nicht gearbeitet wird.
"Der Ethikunterricht muss für alle ein Muss sein. Der Religionsunterricht kann nur freiwillig sein", hielt Pilz im Gespräch weiter fest und verwies in diesem Zusammenhang auf persönliche Erfahrungen:
Ich komme aus einer nicht-religiösen Familie, bin auch nicht getauft worden und war nie Angehöriger der Kirche. Ich habe als Kind in der Schule darunter gelitten, dass der Religionsunterricht am Vormittag wie eine normale Stunde war. So bin ich entweder in einem Unterricht gesessen, in dem ich eigentlich nichts verloren hatte, oder ich bin vor der Klasse eine Stunde lang gestanden. Und das geht nicht.
Zu brisanten ethischen Fragen rund um den Beginn und das Ende des Lebens sagte Pilz: "Abtreibung ist immer eine Lösung in der Not, also eine Notlösung." Gleichzeitig ortet er als Problem, dass die mit dem Beschluss der Fristenregelung angekündigten flankierenden Maßnahmen bis heute ausgeblieben sind. "Es ist damals sehr viel versprochen, aber leider nicht viel eingehalten worden." Angesprochen auf die Problematik einer Spätabtreibung aufgrund einer eugenischen Diskussion plädierte Pilz für Nachdenklichkeit. Er sei dagegen, die Fristenlösung rückgängig zu machen, "aber behutsam dabei vorzugehen und immer zu bedenken, was das für Behinderte heißt". Gleichzeitig bekräftigte Pilz die Forderung seiner Partei nach aktiver Sterbehilfe, zumal es dabei um eine persönliche Entscheidung gehe. Wenn jemand dazu Hilfe brauche sein Leben zu beenden, "muss dies mit allen Sicherheitsmaßnahmen geschehen, damit es keine spontane Entscheidung ist und damit überprüft werden kann, dass es ein freier Wille ist", so der Politiker.
Rechtsstaat und Religion
Als "gefährlich" bezeichnete Pilz "die Vermischung von Rechtsstaat und Religion". Er spricht sich für einen religionsfreien Raum und daher auch gegen das Kreuz im Klassenzimmer aus. Zum grundsätzlichen Verhältnis von Staat und Kirche konstatierte Pilz, dass die Kirche in Österreich Kirche mittlerweile wisse, "dass der Rechtsstaat etwas außerhalb ihrer Reichweite ist". Diesbezügliche Zweifel bekundete der Politiker im Blick auf den Islam und sagte:
Die Liberalen müssen wir hier unterstützen und die salafistischen Hassprediger will ich ausweisen, mit denen will ich keinen Dialog führen.
Und zum Thema Christenverfolgungen sagte Pilz:
Wenn es konkret in islamistischen Staaten zu diesen Christenverfolgungen kommt, dann muss man das ernst nehmen und Christen unterstützen, genauso wie andere verfolgte religiöse Minderheiten.
Wie mit dem "politischen Islam" umzugehen sei, war auch Thema eines Interviews in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche", wo Pilz sagte, dass man diesen nicht verbieten könne, "sehr wohl aber seine Organisation". Damit seien Organisationen gemeint, die im Islam eine Handlungsanleitung zur Errichtung eines islamischen Staates sehen. "Ich will deshalb ein Verbot von ATIP und Milli Görus, der türkischen Muslimbruderschaft schon in der Nationalratssitzung am 25. September."
Das "Kirche bunt"-Interview mit Pilz entstand im Rahmen der Reihe "Mit der KA im Gespräch", die die Katholische Aktion (KA) der Diözese St. Pölten im Vorfeld der Nationalratswahlen ins Leben gerufen. KA-Präsident Haiderer befragt dazu allwöchentlich einen Parteienvertreter.
Quelle: kathpress