Neuer Bischof Chalupka fordert "Runden Tisch" zum Karfreitag
Der langjährige Diakoniedirektor Michael Chalupka hat mit Sonntag das Bischofsamt in der evangelisch-lutherischen Kirche übernommen. Der 59-jährige gebürtige Grazer steht damit an der Spitze von rund 280.000 evangelisch-lutherischen Christen in Österreich. Im Interview mit "Kathpress" und den Wiener Diözesanmedien "radio klassik Stephansdom" und der Zeitung "Der Sonntag" zu seinem Amtsantritt betont er die Bedeutung von Sonntagsgottesdiensten für ein gesellschaftliches Miteinander. In der Karfreitags-Debatte wiederum fordert Chalupka einen "Runden Tisch" von Religionsgemeinschaften, Sozialpartnern, Wirtschaft und Politik. Es gelte, eine "bessere" Lösung als die im Frühjahr beschlossene "Husch-Pfusch-Regelung" mit dem persönlichen Feiertag zu finden.
Ziel der evangelischen Kirche ist weiterhin, dass der Karfreitag zu einem Feiertag für alle Österreicher wird, sei es in Form eines zusätzlichen Feiertags oder im Tausch gegen einen anderen Feiertag, so Chalupka. Als eine seiner ersten Tätigkeiten werde er die im Wahlkampf stehenden Parteivorsitzenden anschreiben und sie nach ihrer Haltung beim Karfreitagshema befragen, kündigt der neue lutherische Bischof an.
Für Evangelische ist das natürlich ein wichtiger Indikator, um zu wissen woran man ist, und was man sich auch in Regierungs- und Koalitionsverhandlungen zu erwarten hat.
Weitere Wünsche an die neue, künftige Regierung betreffen etwa den Bereich Pflege, "wo wir ein Konzept brauchen, das darüber hinausgeht, den Pflegefonds jährlich anzupassen", wie Chalupka festhält.
Bei Bildungsthemen wiederum gebe es in der Politik "schon viel zu lange ein Herumprobieren und sich gegenseitiges Blockieren". Österreich brauche ein Schul- und Bildungssystem "das niemanden zurücklässt", so der lutherische Bischof. "Wir können es uns nicht leisten, dass 10, 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen die Bildungsziele nicht erreichen und dann nicht selbstständig für sich auf dem Arbeitsmarkt sorgen können. Da muss etwas passieren."
Ein deutliches Umdenken erhofft sich Chalupka insbesondere im Bereich der Elementarpädagogik in den Kindergärten, wo etwa die personellen, finanziellen und pädagogischen Ressourcen nicht mit den hohen Erwartungen an diesen Bereich mitgewachsen seien.
Kllimaschutz auch in Politik angekommen
"Das wichtigste Thema für unsere Kinder und Enkel ist das Thema der Kllimagerechtigkeit", betont Chalupka weiter. Die politischen Parteien würden mittlerweile den Klimaschutz "alle zumindest auf den Lippen tragen", nun seien "wirklich konkrete Schritte" etwa bei Mobilität, dem Ausbau des Nahverkehrs und der Steuerung des CO2-Ausstoßes notwendig.
Beim Klimaschutz gelte es, einerseits für jeden selbst was zu tun, andererseits dürfe man das große Gesamte nicht aus dem Blick verlieren und müsse hier Schritte setzen, betonte Chalupka. Als Bischof wolle er in diesem Sinn selbst auf Elektromobilität setzen, besonders aber bestehende Initiativen in den Pfarrgemeinden, die sich etwa mit Mobilitätskonzepten mit Elektroauto-Pools oder der Öffnung von Pfarrgärten engagieren, unterstützen. Er hoffe, dass die in der Kirche schon sehr lebendige Bewegung für die Schöpfungsverantwortung noch breiter wird.
Die Kirchen betonten seit 30 Jahren den Zusammenhang zwischen Klimakatastrophe und Gerechtigkeit, erinnerte Chalupka auch mit Blick auf die am Sonntag gestartete jährlichen Schöpfungszeit der christlichen Kirchen: "Man muss sich bewusst machen, dass die Erde nicht unser Eigentum ist, mit der wir machen können was wir wollen. Sie ist uns geliehen und überantwortet, damit wir sie bewohnen und bewahren."
"Kirche muss sich eigener Stärke bewusst werden"
Zu seinen Zielen als Bischof gehöre es, die Glaubwürdigkeit und Ausstrahlung seiner Kirche zu steigern, so Chalupka mit Blick auf die in Mitteleuropa sinkenden Mitgliederzahlen christlicher Kirchen.
Meine Kirche muss sich wie jede Kirche ihrer Stärken bewusst werden, diese auch leben und auf die Einheit in der Kirche schauen - ohne sich permanent mit sich selber zu beschäftigen.
Es gelte demnach, "die Lebendigkeit von Kirche und unserer Gemeinden sichtbar zu machen". Als größte Gefahr bezeichnete der lutherische Bischof, "dass wir vergessen haben, dass wir einen Missionsauftrag haben", also "unsere Botschaft zu verkündigen, dass der Mensch Wert und Würde hat, dass wir in eine Gemeinschaft gestellt sind und in eine uns anvertraute Welt, wo wir auch Verantwortung haben".
Sonntagsgottesdienste tun Gesellschaft gut
Besondere Bedeutung misst Chalupka den Sonntagsgottesdiensten bei. Er sieht darin auch einen Ort, "an dem etwas passiert, was wir gesellschaftlich ganz dringend brauchen". So kämen bei den sonntäglichen Gottesdiensten und Einrichtungen wie Pfarrcafes Menschen mit verschiedensten politischen Haltungen und aus unterschiedlichen sozialen Bereichen miteinander ins Gespräch und tauschten sich aus: "Wir wollen alle miteinander keine Gesellschaft, in der es nur mehr einzelne Individuen gibt, die mit ihrem Smartphone allein glücklich sind", so Chalupka, "sondern wir wollen auch Gemeinschaft haben, wo Vertrauen gebildet wird, weil das für unser Zusammenleben wichtig ist. Da können Pfarrgemeinden, ob sie katholisch, evangelisch oder orthodox sind, ein ganz zentraler Ankerpunkt sein."
"Insel der Seligen" in Sachen Ökumene
Zum Thema Ökumene betonte der neue lutherische Bischof, er sei dankbar, dass in Österreich die Einheit der christlichen Kirchen in Vielfalt gelebt werden könne. "Österreich ist in dem Fall eine Insel der Seligen. Es gibt kaum ein Land wo es so eine gute ökumenische Zusammenarbeit gibt", so Chalupka. Als Beispiel dafür nennt er die Entstehung des "weltweit einzigartigen" Ökumenischen Sozialworts aller damals in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Das ist ein Orientierungspunkt, wie Ökumene gelingen und gelebt werden kann.
Gleichzeitig habe er die Hoffnung, dass die Kirchen "noch stärker als bisher" das betonen könnten, was sie im Glauben und im gesellschaftlichen Engagement etwa für Menschen an den Rändern des Lebens eine, fügte der lutherische Bischof hinzu. In "großer Offenheit und Ehrlichkeit" gelte es aber auch über trennende Dinge wie die Amtsfrage oder das gemeinsame Abendmahl zu reden. Vor allem letzteres sei "eine wirklich schmerzliche Wunde und ich hoffe, dass wir hier in den nächsten Jahren Fortschritte erreichen", so Chalupka.
Das gesamte Interview mit Michael Chalupka ist am Montagabend um 17.30 Uhr in der Reihe "Perspektiven" auf "radio klassik Stephansdom" zu hören.
Michael Chalupka (59) wurde von der gesamtösterreichischen Synode der evangelischen Kirche am 4. Mai zum Bischof gewählt. Er folgt auf Michael Bünker, der nach einer zwölfjährigen Amtszeit und dem Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist. Bischof Chalupka stammt aus Graz. Er studierte evangelische Theologie in Wien und Zürich. Von 1994 bis 2018 war er Direktor des evangelischen Hilfswerks Diakonie. Davor war Chalupka fünf Jahre Pfarrer in Mistelbach im niederösterreichischen Weinviertel.
Quelle: kathpress