Bünker: Einsatz für freien Karfreitag geht weiter
Die evangelische Kirche hat den Kampf um den Karfreitag als Feiertag noch lange nicht aufgegeben: Das hat Bischof Michael Bünker in einem Interview klargestellt, das er unmittelbar vor seinem Abschied als Bischof der evangelischen Kirche in Österreich der Katholischen Medienakademie gegeben und dabei zu zentralen Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft Stellung genommen hat. Der Kampf gegen den Klimawandel und für Solidarität mit Menschen am Rand der Gesellschaft seien für ihn zentrale Anliegen, so der scheidende Bischof, der zudem Sorgen über die stetig sinkende Zahl der Evangelischen in Österreich äußerte. Bünker geht mit 31. August nach 12 Jahren als Bischof in den Ruhestand und übergibt diese Funktion an Michael Chalupka, den die Synode im Mai gewählt hat.
"Wir stehen vor riesigen Herausforderungen. Die größte davon ist der Klimawandel, der sich, wenn nichts Wirksames geschieht, zu einer Klimakatastrophe auswachsen wird", warnte der Bischof. Von der Frage, "welche Welt wir unseren Nachkommen hinterlassen", leite sich auch eine theologische und spirituelle Verantwortung ab.
Ebenso wichtig sei ihm die Frage, "wie wir mit den Menschen umgehen, die in unserer Gesellschaft am Rand stehen". Dazu zählten auch die Flüchtlinge, sagte Bünker. Europa nehme seine Verantwortung hier nur sehr mangelhaft wahr. "Die Seenotrettung ist nicht nur eine humanitäre Pflicht, sondern ein Gebot der Nächstenliebe. Es kann nicht sein, dass wir Menschen an den Außengrenzen Europas ertrinken lassen", so der Bischof. Er freue sich, dass nun einige EU-Mitgliedsstaaten positive Initiativen setzten.
Bünker, der von 2007 bis 2018 Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischen Kirchen Europas (GEKE) war, zeigte sich überzeugt, dass zuallererst die Ursachen der Flucht beseitigt werden müssten. Stattdessen habe Österreich aber in den letzten Jahren die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt. Freilich müsse auch jenen Menschen geholfen werden müsse, die bereits auf der Flucht seien.
Karfreitag bleibt Wunde
Als große Herausforderung bezeichnet Bünker weiters die Neuregelung des Karfreitags, der für Evangelische bislang ein freier Tag war. In der höchst emotionalen Debatte hatte Anfang diesen Jahres vor allem eine Aussage des damaligen ÖVP-Bundeskanzlers Sebastian Kurz, wonach sich durch die Neuregelung für 96 Prozent der Österreicher ohnehin nichts ändere, für Aufregung gesorgt. "Diese Aussage hat viele Evangelische sehr gekränkt und verärgert, weil es wieder ein Stück die zahlenmäßige Minderheit betont", unterstrich der Bischof. So dürfe man mit religiösen Minderheiten generell nicht umgehen.
Die neue seit Frühjahr 2019 gültige Regelung sieht vor, dass sich jeder Arbeitnehmer einen persönlichen Feiertag aus seinem eigenen Urlaubskontingent nehmen kann. Seine erste, verhalten positive Reaktion sieht Bünker mittlerweile als Fehler: "Ich war froh, dass der zuvor angedachte halbe Feiertag weg war." Er habe dieser Urlaubsbestimmung aber nie zugestimmt.
Unsere Synode hat am 9. März klargestellt, dass es für die Evangelischen wichtig ist, dass der Karfreitag ein Feiertag für uns bleibt.
Man müsse sich mit Sozialpartnern und anderen Religionsgemeinschaften zusammensetzen und eine gute Lösung finden. "Dieses völlige Privatisieren und Individualisieren ist nicht der Sinn der religiösen Feiertagsregelung. Dass man den Tag aus dem eigenen Urlaub nehmen muss, ist eigentlich auch ein Widerspruch in sich selbst", so Bünker. Den Karfreitag als gemeinsamen Feiertag für alle könne er sich gut vorstellen, da er für die katholische Kirche ebenso wichtig sei wie für die evangelische. In der Diskussion sei die evangelische Kirche zwischen die Mühlsteine unterschiedlicher Interessensvertetungen geraten. Deshalb müsse man sich auf zukünftige politische Debatten besser vorbereiten.
Ehe für Alle
Heftige Diskussionen gab es in der evangelischen Kirche im Frühjahr 2019 zum Thema "Ehe für Alle." Die neue Regelung beurteilte Bünker positiv. Der Kompromiss sieht vor, "dass wir nun generell von öffentlichen Segnungsgottesdiensten für Ehepaare sprechen." Diese Möglichkeit wurde auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Das geschieht auf freiwilliger Basis der Pfarren: Diejenigen, die diese Segnung vornehmen möchten, müssen es bekanntgeben.
Als schmerzhaft bezeichnete der Bischof im Interview den Rückgang der Kirchenmitglieder. "Das ist gerade für eine zahlenmäßige Minderheitskirche ein schmerzhafter Prozess." Dieser betreffe alle Kirchen, einige mehr, andere weniger. Die religiöse Landschaft Europas werde sich weiter pluralisieren und durch die fortschreitende Säkularisierung immer mehr zu einer Minderheitenangelegenheit werden.
Dafür gebe es verschiedene Gründe. "Das eine ist der Traditionsabbruch. Junge Menschen sind nicht mehr automatisch überall dort Mitglied, wo ihre Eltern Mitglieder waren." Das betreffe unter anderem politische Parteien, den Fußballverein und eben auch die Kirche. Ein heikler Zeitpunkt für die katholische und die evangelische Kirche sei die erste Vorschreibung des Kirchenbeitrages mit ungefähr 18 Jahren. "Da sagen die jungen Menschen dann: 'Warum soll ich da dabei sein?'" Ein weiterer Grund sei ein ganz grundsätzliches Misstrauen gegenüber Institutionen.
"Kreuzweh"
Michael Bünker wurde am 26. April 1954 in Leoben geboren. Er ist in seiner Familie bereits in fünfter Generation Pfarrer, und auch die Leidenschaft für Musik wurde Bünker bereits von seinen Eltern in die Wiege gelegt. Noch heute tritt er in seiner Freizeit als Schlagzeuger der Band "Kreuzweh" auf. Dem zweifachen Vater, der bereits Großvater ist, ist es wichtig, seinen Kindern und Enkeln die "Schönheit des Glaubens" zu vermitteln: "Diese strahlt dadurch auf, dass man sich in jeder Situation getragen werden kann."
Quelle: kathpress