Familienverband fordert parteiübergreifende Bildungspolitik
Der Katholische Familienverband Österreich (KFÖ) hat sich für eine alle Parteien, Kulturen und Konfessionen übergreifende Bildungspolitik ausgesprochen. Bildungspolitik sei Zukunftspolitik und müsse verlässlich stringent sein, "sie kann sich nicht alle zwei Jahre drehen, nur weil sich die Regierung ändert", erläuterte Bildungs-Expertin und KFÖ-Vizepräsidentin Astrid Ebenberger in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "kirche bunt". Dass dies in Österreich jedoch aktuell geschehe, sei ein "Verbrechen an unseren Kindern", kritisierte Ebenberger scharf. Umso mehr sei wünschenswert, "dass die Bildungspolitik endlich etwas ist, was konsensual verhandelt wird".
Aufgabe von Bildungspolitik müsse es sein, stets das Kind im Auge haben, forderte die KFÖ-Vizepräsidentin. Konkret bedeute dies, dessen Demokratiebewusstsein, Autonomie, Selbstverantwortung, Reflexions- und Kritikfähigkeit sowie auch soziale Kompetenz zu stärken.
Verhalten positiv beurteilte Ebenberger aus familienpolitischer Perspektive das letztjährige Pädagogikpaket der Regierung, das teilweise bereits ab diesem Schuljahr greift. Zustimmung fand bei ihr etwa die Einführung von Deutschförderklassen, "denn damit die betroffenen Kinder wirklich dem Unterricht in der Unterrichtssprache folgen können, brauchen sie einen gezielten Unterricht". Ebenberger: "Da hat man sich was getraut." Für sinnvoll hält die Bildungsexpertin auch die Einigung auf einheitliche Herbstferien und den Ausbau der Ganztagsschulen - vorausgesetzt, die Wahlfreiheit bleibt.
Begrüßt wird von Ebenberger darüber hinaus der Ministerratsbeschluss vom 6. März, wonach ein verpflichtender Ethikunterricht an AHS-Oberstufen und Polytechnischen Schulen ab dem Schuljahr 2020/21 für jene Schüler kommen soll, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen. Berufsbildende mittlere und höhere Schulen folgen ein Jahr später. Wichtig ist für die Expertin allerdings, "dass der Ethikunterricht nicht eine Konkurrenz zum Religionsunterricht ist, sondern für jene Kinder angeboten wird, die keinen Religionsunterricht besuchen".
Angesprochen auf die Digitalisierungsoffensive des Bildungsministeriums, meinte Ebenberger: Diese sei hoch an der Zeit, sie bezweifle allerdings die Sinnhaftigkeit, in ganze Laptop-Klassen zu investieren. Für einen wichtigen ersten Schritt halte sie aber etwa ein funktionierendes W-LAN an allen Schulen.
Dass der Nationalrat Anfang Juli mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ einen Entschließungsantrag annahm, wonach externe Vereine ganz aus dem schulischen Sexualkundeunterricht zu verbannen seien, findet hingegen nicht die Zustimmung des Familienverbandes, stellte Ebenberger klar. Wiewohl Sexualkunde - ein Unterrichtsprinzip - in erster Linie Aufgabe der Pädagogen in den Schulen sei, seien rigorose Verbote nicht angebracht. Werden Vereine wirklich an Schulen tätig, "dann sollten sie verpflichtet werden, alle Schulungs- und Unterrichtsmaterialien offenzulegen und ihr Programm vorab im Rahmen eines Elternabends vorzustellen".
Als "reine Symbolpolitik" kritisierte Ebenberger auch das im Mai 2019 mit Stimmen vor allem von ÖVP und FPÖ beschlossene Kopftuchverbot an Volksschulen. Für sinnvoller hält sie, den Kontakt zu den Eltern zu suchen und Wertediskussionen zu führen. "Wenn wir eine offene Gesellschaft haben wollen, wenn wir Wahlfreiheit, Selbstverantwortung und Autonomie propagieren, dann müssen wir das auch zulassen." Als Rückschritt bewertete die Bildungs-Expertin weiters auch die Wiedereinführung von Noten ab der 2. Volksschulklasse sowie die Rückkehr zu dauerhaften Leistungsgruppen.
Quelle: kathpress