Landau in Alpbach: Wirtschaft und Soziales sind kein Widerspruch
Wirtschaft und Soziales sind kein Widerspruch, viele Unternehmen nehmen ihre soziale Verantwortung wahr. Darauf hat Caritas-Präsident Michael Landau am Mittwoch im Rahmen der Wirtschaftsgespräche beim Europäischen Forum Alpbach hingewiesen. Gemeinsam mit "Magenta Telekom"-CEO Andreas Bierwirth nahm er an einem Podiumsgespräch zum Thema "Verantwortungsvolle Unternehmen" teil, Moderator war "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak. Nach den Worten Landaus kooperiert die Caritas bei vielen Hilfsprojekten mit der Wirtschaft, es gebe Partnerschaften z.B. zu Gunsten der erfolgreichen Lerncafés der Caritas, der Obdachloseneinrichtung "Gruft" oder bei der Hospizbetreuung Schwerkranker.
Ohne derartige Kooperationen könnte die Caritas etliche Initiativen nicht in der gewohnt professionellen Weise durchführen, sagte ihr Präsident. Wirtschaftsunternehmen trügen wesentlich dazu bei, dass die katholische Hilfsorganisation ihrem Motto "Not sehen und handeln" gerecht werden kann und ihr Engagement "gut und nicht nur gut gemeint" sei. Landau äußerte seine Überzeugung, dass für das Wohl einer Gesellschaft eine leistungsfähige Wirtschaft und ein ebensolches Sozialwesen notwendig sind. Beides solle man nicht gegeneinander ausspielen, bei seien "wichtige Pfeiler" des Gemeinwesens.
Manchmal auch "lästig" sein
Freilich habe die Caritas auch den Auftrag, Not nicht nur punktuell, sondern auch strukturell zu bekämpfen und dabei auch "manchmal lästig zu sein", wies Landau nach dem Podiumsgespräch gegenüber "Kathpress" hin. Sein Vorgänger Leopold Ungar habe zurecht gesagt, Jesus habe "die Kirche nicht zum Ja-Sagen gestiftet", und auch das Zweite Vatikanische Konzil habe betont, man dürfe "nicht als Liebesgabe anbieten, was schon aus Gerechtigkeit geschuldet ist". Verbesserungsbedarf sieht der Caritas-Chef etwa beim Thema Bildungsarmut und deren "Vererbung": Laut einer OECD-Studie dauere es in Österreich fünf Generationen, bis der soziale Aufstieg aus prekären Verhältnissen geschafft ist.
Beim sozialen Engagement von Wirtschaftsunternehmen sieht Landau jedenfalls deutlich erkennbare Verbesserungen. In der Vergangenheit hätten Firmen oft eine Spende gegeben "und das war's dann". Heute werde vielfach langfristig und partnerschaftlich gedacht. Als Positivbeispiel nannte Landau die gemeinsam mit der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführte und vom "Rewe"-Konzern unterstützte Initiative "Lernen macht Schule". 120 WU-Studierende und rund 240 Kinder aus sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen lernten dabei mit- und voneinander, Bildung und Integration werde so vorangetrieben. Und auch bei der internationalen Arbeit der Caritas zeige sich immer wieder, dass Hilfe zur Selbsthilfe zu "Erfolgsgeschichten" führe: Landau erinnerte Bemühungen um nachhaltige Landwirtschaft im Kongo, die die Caritas im Rahmen ihrer Augustsammlung unterstützt.
"Zusammenhalt und Zuversicht" sind nach den Worten des Caritas-Präsidenten Tugenden im sozialen wie im ökonomischen Bereich, die auch große Herausforderungen bestehen ließen. Nicht umsonst sei Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen jetzt ein Pflichtfach, in etlichen Unternehmen gebe es bereits "Corporate Volunteering", also betriebliche Freiwilligenprogramme. "Anstand und Hausverstand" seien gefragt, betonte Landau im Blick auf die "gemeinsame Verantwortung für kommende Generationen" und für die Schöpfung als "gemeinsame Haus" im Sinne von Papst Franziskus.
Viele geistliche Impulse in Alpbach
Während des Eurpäischen Forums im Tiroler Bergdorf Alpbach sind zahlreiche auch geistliche Inputs von Kirchen- und Religionsvertretern vorgesehen. So gibt es heuer neben den bereits traditionellen interreligiösen Morgenbetrachtungen um 8.15 Uhr auch den Programmpunkt "Abend.Stille", jeweils um 18.30 Uhr in Englisch. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner leitete den Eröffnungsgottesdienst in Alpbach, Morgenbetrachtungen gestalteten u.a. Carla Amina Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Sr. Teresa Schlackl von den Salvatorianerinnen und die Pastoraltheologin Regina Polak: Die Wiener Theologieprofessorin zog dabei aus ihren langjährigen Urlaubsaufenthalten auf der Mittelmeerinsel Lesbos und den Begegnungen mit Bootsflüchtlingen ethische Konsequenzen: "Ich lebe im Wohlstand - und ich muss etwas Gutes daraus machen, auch für andere, damit auch diese Freiheit erfahren können."
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser wies in der von ihr gestalteten "Abend.Stille" darauf hin, dass angesichts eines aus der Balance geratenen Lebensstils das Maßhalten "eine neue Aufmerksamkeit, ja Attraktivität" gewinne. Die evangelische Theologin erinnerte an Bernhard von Clairvaux, der bereits im 12. Jahrhundert empfohlen hatte, "als Schale und nicht als Kanal" zu agieren. Denn nur erstere gebe "Überflüssiges" ohne eigenen Schaden weiter, wenn sie gefüllt ist. Der Rat des heiligen Ordensgründers: "Lerne auch du, aus der Fülle auszugießen..."
Quelle: kathpress