Göttlicher Schöpfungsauftrag birgt Verantwortung
Der göttliche Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, ist schon in der Bibel eine Herausforderung für den Menschen. Darauf hat Elisabeth Birnbaum, Direktorin des Österreichischen Bibelwerks, im Interview mit "Kathpress" im Vorfeld der am 1. September startenden "Schöpfungszeit" hingewiesen. Der Mensch werde zwar seiner Rolle als "Abbild Gottes" nicht immer gerecht, meinte Birnbaum auch mit Blick auf die aktuelle Klimakrise, trotzdem könne die Schöpfungserzählung der Bibel im Buch Genesis ein Vorbild für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur sein. Schließlich plädiere das alttestamentliche Buch für einen umfassenden Schöpfungsauftrag. Die Botschaft dahinter sei kurz und prägnant, meinte die Theologin: "Es nicht egal ist, wie man mit Mitmenschen, Natur und Tiere umgeht."
Zugrunde liege die Schöpfungserzählung der Bibel (Genesis), die beschreibt, wie Gott Ordnung ins Chaos bringt, daraus einen Kosmos schafft und schließlich auch Tiere, Pflanzen und Menschen, erklärte Birnbaum. Letztere werden in der Bibel als "Erdlinge" beschrieben, hebräisch "Adamah", die Gott "aus Erde vom Ackerboden" formt und den göttlichen Atem einhaucht (Gen 2,7). Die Menschen seien damit aus Erde geformte "Gottesstatuen", also "Abbilder Gottes" und damit "göttesähnlich", fasste Birnbaum die biblische Aussage zusammen.
Mit dieser Erzählung lebe die Bibel ein "demokratisches Prinzip" vor. Denn anders als in Ägypten, wo der Pharao als alleiniger Repräsentant Gottes auf Erden galt, trägt laut Bibel jeder Mensch - sowohl Mann als auch Frau - Verantwortung für die Schöpfung, betonte Birnbaum. Entscheidend sei die "Anbindung ans Göttliche, nicht die Selbstherrlichkeit". Unterdrückung, Gewalttätigkeit und Ausnutzung der Schöpfung seien damit untersagt. "Am Menschen soll man erkennen, dass Gott die Natur geschaffen hat", so das Fazit der Bibeltheologin. Das schließe sogar eine nachhaltige Landwirtschaft mit ein (Lev 25).
Missverständnisse gebe es noch rund um das biblische Wort von der Herrschaft über die Erde ("Dominium terrae"), das auf den Satz "Macht euch die Erde untertan" (Gen 1,28) zurückgeht, so Birnbaum. Der biblische Vers sei jedoch entgegen der immer noch vertretenen Meinung keine Freigabe zur Ausbeutung der Welt, sondern müsse als "positive Macht und Möglichkeit" interpretiert werden, als eine Art "schöpferisches Tun", wie die Theologin erklärte. Die neue Einheitsübersetzung von 2016 habe bereits eine andere Formulierung gewählt.
Trotz des Schöpfungsauftrags gibt es aber auch biblische Erzählungen über Gewalt, Ausbeutung und Zerstörung. Der Grund sei scheinbar einfach, meinte Birnbaum: Der Mensch als "Repräsentant Gottes auf Erden" werde seiner Aufgabe nicht immer gerecht und drohe die göttlich geschaffene Natur zu zerstören. Als Beispiel nannte sie die biblische Sintflut-Erzählung (Gen 6,1ff), eine Reaktion Gottes auf die Gewalttätigkeit und Schlechtigkeit der Menschen.
Die Theologin warnte aber davor, die Sintflut-Erzählung mit der aktuell brisanten Klimakrise und den drohenden sintflutartigen Auswirkungen zu vergleichen. Letztlich gebe die biblische Geschichte nur einen Rahmen vor und gehe nicht auf Detailthemen wie Umweltschutz ein, erklärte Birnbaum.
Quelle: kathpress