Wahl 2019: Katholische Aktion stellt Parteien auf den Prüfstand
Die Katholische Aktion (KA) der Diözese St. Pölten hat im Vorfeld der Nationalratswahlen am 29. September die Aktion "Mit der KA im Gespräch" ins Leben gerufen. KA-Präsident Armin Haiderer befragt dazu allwöchentlich einen Parteienvertreter zu Themen rund um Religion und Glaube, aber auch zu sozialen Fragen oder zum Thema Umwelt. Medienpartner ist die St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt", die jede Woche Auszüge aus den Interviews bringt. Den Auftakt machte diese Woche der Publizist und NEOS-Quereinsteiger Helmut Brandtstätter, dem Haiderer umfassend auf den religiös-ethischen Zahn fühlte.
Religion müsse Privatsache sein und die Trennung von Kirche und Staat stehe für NEOS außer Zweifel, so Brandstätter. Was konkret "Privatsache" bedeute? "Ob ich meine Kinder taufen lassen oder nicht, ob diese dann austreten oder nicht, ob ich in die Kirche gehe oder nicht - das soll alles mir überlassen bleiben. Ich darf dadurch weder Vor- noch Nachteile haben, brauche mich aber auch nicht dafür verteidigen", so Brandstätter. Bei NEOS gebe es Respekt für jeden, der sein privates Leben so führt, wie er es will. Persönlich fügte er hinzu:
Ich glaube nicht, dass man jeden Sonntag in die Kirche gehen muss, um ein guter Christ zu sein, wichtiger ist der Umgang mit anderen Menschen.
Brandstätter war von 2010 bis 2018 Chefredakteur der Tageszeitung "Kurier" und von 2013 bis Juli 2019 deren Herausgeber. Er kandidiert auf Platz 2 der NEOS-Bundesliste und hat damit sein Nationalratsmandat so gut wie sicher.
Zur Debatte um den arbeitsfreien Sonntag meinte der politische Quereinsteiger, dass es für gut 20 Prozent der Bevölkerung so etwas wie den arbeitsfreien Sonntag gar nicht gibt. Der Sonntag sei auch für viele Menschen einer anderen Religion sowieso kein Feiertag. Brandstätter:
So wie die Situation gegenwärtig ist, finde ich es nicht so schlecht. Ich hätte allerdings nichts dagegen, wenn die Möglichkeit zur Öffnung für Kleinunternehmer größer wird.
Zur Karfreitagsdiskussion sagte Brandstätter, dass er diesen kleinen Vorteil den Evangelischen immer gegönnt habe:
Ich hatte immer wieder evangelische Kollegen, die am Karfreitag nicht gearbeitet haben. Ich wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, vor Gericht zu gehen und das anzuzeigen. Wir sollten nicht so kleinlich sein und immer nur darauf schauen, ob irgendjemand vielleicht einen kleinen Vorteil mir gegenüber hat.
Schule, Abtreibung, Familie
In der politischen Debatte rund um den Religions- und Ethikunterricht plädierte Brandstätter ganz auf NEOS-Linie für ein Pflichtfach "Religionen- und Ethikunterricht" ab der ersten Schulstufe. "Was Religionen verbindet und trennt - das sollte man unbedingt in der Schule behandeln. Ich bin für ein größtmögliches Verständnis und möglichst wenig Indoktrination - bei allen Religionen", so Brandstätter. Zum Einwand, dass dies alles ja auch schon im konfessionellen Religionsunterricht der Fall sei, meinte er wörtlich: "Aber der Ethikunterricht könnte es auch gewährleisten." Er glaube, die katholische Kirche hätte keinen Nachteil von einem Ethikunterricht und er habe auch nichts dagegen, wenn "konfessionell Ausgebildete" Ethik unterrichten würden.
Wenig Konkretes war von Brandstätter zu Lebensschutzfragen zu erfahren. Zur Abtreibung sagte er:
Als Mann tu ich mir immer schwer darüber zu reden. Du kannst in die Entscheidung eingebunden sein, aber es betrifft den Körper der Frau und damit ist es letztlich auch ihre Entscheidung.
Im Blick auf die eugenischen Indikation, also die Möglichkeit einer Abtreibung bis knapp vor der Geburt bei Behinderungen, sprach sich Brandstätter gegen Strafen aus. Hilfsangebote müssen stattdessen ausgebaut werden.
Zu seinem Familienverständnis befragt, sagte der NEOS-Spitzenkandidat: "Familie ist dort, wo Menschen füreinander Verantwortung übernehmen." Die NEOS fordern eine "europaweite Ehe für alle". Darunter sei zu verstehen, "dass Mann und Frau, Frau und Frau sowie Mann und Mann überall in Europa heiraten dürfen. Das wird es zwar wahrscheinlich nie geben, sollte es aber." Zum Umweltschutz sagte Brandstätter:
Der Erhalt der Umwelt sollte uns alle bewegen, das hat mit der Religion nichts zu tun.
Auf die weltweite dramatische Christenverfolgung angesprochen, bekannte der Medienexperte, dass das Thema medial ziemlich untergeht:
Medien haben auch Konjunkturen. Und die Christenverfolgung ist einfach nicht im medialen Fokus. Das ist keine Bösartigkeit. Es braucht halt immer wieder Anlassfälle, damit etwas geschieht.
Brandstätter bekannte, dass er Kardinal Christoph Schönborn sehr schätze, der im Hinblick auf politische Äußerungen sehr vorsichtig agiere: "Wenn er also einmal eine politische Äußerung tätigt, muss im Vorfeld viel passiert sein. Er ist für mich ein guter Indikator, ob in der Gesellschaft etwas schief läuft." Der Kardinal sei für ihn eine moralische, aber auch politische Instanz.
KA hat gesellschaftliche Verantwortung
Für die Katholische Aktion gehöre es zur gesellschaftlichen Verantwortung dazu, sich auch mit Politik und Parteipolitik auseinander zu setzen, begründete KA-Präsident Haiderer gegenüber "Kathpress" die neue Initiative "Mit der KA im Gespräch". Es geht der KA vor allem darum, "dass sich Wähler, denen das Thema Religion im politischen Diskurs wichtig ist, selbst ein Bild von den jeweiligen Parteien und ihren Positionen machen können".
Die ungekürzten Langversionen der Interviews werden auf den Websites von "Kirche bunt" und der St. Pöltner Katholischen Aktion veröffentlicht. (www.kirchebunt.at bzw. www.ka-stpoelten.at)
Quelle: kathpress