Familienverband fordert Wertanpassung von Familienleistungen
Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ), hat in einem Gastkommentar in der Wiener Zeitung (Dienstag) einmal mehr die familienpolitische Bilanz der letzten Regierung gelobt, zugleich aber auch einige zentrale Punkte hervorgehoben, die für die Familien noch dringend erledigt gehörten. So fordere der Familienverband seit Jahren die gesetzliche Wertanpassung von Familienleistungen wie Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld. Der Nationalrat habe dies nun für das Pflegegeld beschlossen. Es wäre fair, eine Inflationsanpassung auch bei der Familienbeihilfe einzuführen, so Trendl.
Handlungsbedarf bestehe auch bei der Erstellung einer umfassenden Kinderkostenstudie. Trendl: "Wir operieren etwa im Unterhaltsrecht mit Datensätzen aus den 1960er Jahren! Aktuelle Zahlen würden zu mehr evidenzbasiertem Handeln in der Familienpolitik führen." Ebenso wenig gelöst sei die Frage der Altersarmut, wenn aufgrund von Betreuungspflichten Teilzeit gearbeitet wurde. "Während Altersteilzeit auf die Pensionshöhe keine negativen Auswirkungen hat, gilt das nicht, wenn Eltern 'nur' Teilzeit arbeiten, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben", kritisierte der KFÖ-Präsident.
Dass die steuerliche Entlastung des "Familienbonus Plus" zu einer der ersten Maßnahmen gehörte, die unter der ÖVP/FPÖ-Regierung beschlossen wurden, zeuge von "großer Wertschätzung" für Familien, hob Trendl positiv hervor. Von Kritikern schnell als Klientelpolitik und Entlastung der Wohlhabenden verunglimpft, sei der "Familienbonus Plus" die zentrale Steuerentlastung auch für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Dies bestätige das Wirtschaftsforschungsinstitut in seiner Bewertung dieses Gesetzes. Die Kritik - insbesondere der Oppositionsparteien -, diese Maßnahme begünstige in erster Linie wohlhabende Familien, halte einer sachlichen Analyse nicht stand. Erwerbstätige - auch Alleinerziehende -, die keine Ertragssteuern zahlen, erhalten pro Kind 250 Euro ("Kindermehrbetrag").
Der Wermutstropfen dabei sei allerdings die Begrifflichkeit, denn mit dem Begriff "Familienbonus Plus" werde suggeriert, es sei eine Zusatzzahlung. Tatsächlich sei es ein Absetzbetrag, der die Steuerlast mindert.
Die Wertschätzung der Regierung der Betreuungs- und Familienarbeit spiegelt sich laut Trendl ein Stück weit beim Thema Mindestpension wider: Wer 40 Beitragsjahre hat, erhält eine Mindestpension von 1.200 Euro pro Monat. Weil nahezu keine Frau, die Kinder hat, auf 40 Beitragsjahre kommt, werden nun einmalig fünf Jahre Kindererziehungszeiten angerechnet. Dass das eine Verbesserung ist, sei keine Frage. Trotzdem brauche es auch eine Lösung für Mütter, "die zum Beispiel vier oder mehr Kinder aufgezogen haben und trotzdem auf keine 40 Beitragsjahre kommen. Und das, obwohl sie mit ihrer Betreuungsarbeit unser Pensionssystem erst ermöglichen."
Sozialhilfe kein Ausdruck von Wertschätzung
Der KFÖ-Präsident erinnerte an eine zentrale Botschaft der ÖVP/FPÖ-Regierung: "Familien sind Leistungsträger. Sie sichern durch die Kindererziehung unsere Zukunft." Trendl unterstrich, dass Familien aber Leistungsträger seien, unabhängig davon, ob sie Steuer zahlen oder nicht; und er kritisiert:
So weit ging die bedingungslose Wertschätzung von Familien und ihrer Leistungen für die Gesellschaft bei der Regierung nicht.
Kinderreiche Familien müssten nun Einbußen hinnehmen, wenn sie gänzlich auf das Sozialsystem angewiesen sind:
Mit der neuen Sozialhilfe gibt es für die Länder Höchstgrenzen, die sie nicht überschreiten dürfen, und Einbußen für Mehrkindfamilien.
Ob die vorgesehenen Zusatzzahlungen für Alleinerzieherinnen und Familien mit Kindern mit einer Behinderung von den dafür zuständigen Ländern umgesetzt werden, bleibe abzuwarten. Trendl:
Es darf nicht egal sein, wie viele Menschen von einem Einkommen leben müssen! Das sollte auch für die Sozialhilfe gelten. Wenn es hier nun eine degressive Kinderstaffel gibt und ab dem dritten Kind lediglich 43 Euro pro Monat Sozialhilfe gewährt werden, ist das kein Ausdruck von Wertschätzung; auch wenn die Gesamtleistungen - Geld- und Sachleistungen - gesehen werden müssen.
Wenig Solidarität mit den Familien habe es von der Regierung auch bei der Änderung des Arbeitszeitgesetzes gegeben. Indem die Möglichkeit geschaffen wurde, an vier Sonn- und Feiertagen pro Jahr zu arbeiten, sei der gesellschaftliche Konsens, Sonn- und Feiertage möglichst arbeitsfrei zu halten, von der Regierung einseitig aufgekündigt worden. "Müssen beide Elternteile an vier Sonn- oder Feiertagen arbeiten, sind es schon acht Sonntage im Jahr; ganz abgesehen davon, dass das Wochenende als Familienzeit für Familien einen ganz besonderen Stellenwert hat", so Trendl: "Wenn wir Familienleben ermöglichen und aktive Väter und Väterbeteiligung stärken wollen, muss die Ausweitung der Sonntagsarbeit tabu sein."
Eine positive Neuerung sei hingegen die volle Anrechnung der Elternkarenz für Gehaltsansprüche, die sich nach der Dienstzeit richten, wie nach dem Ende der Regierung im freien Spiel der Kräfte im Parlament beschlossen wurde. Damit sei eine mittelbare Frauendiskriminierung beseitigt worden, lobte Trendl: Eltern, die bisher Biennalsprünge im Kollektivvertrag verpassten, weil sie sich um ihre Kinder kümmerten, hätten ein Leben lang weniger verdient. Die Neuerung gelte für Geburten ab 1. August 2019, aber leider nicht im Falle eines Arbeitgeberwechsels.
Ebenso positiv hob der KFÖ-Präsident den beschlossen Papamonat hervor, der mit 1. September wirksam wird. Väter hätten durch die freiwillige arbeitsfreie die Möglichkeit, die ersten Wochen nach der Geburt bei der Familie zu sein. Das könne das Verhältnis zu den Kindern und zur Partnerin deutlich vertiefen.
Quelle: kathpress