Familienverband verteilt an Politik relativ gute Noten
Weitgehend positiv beurteilt der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) die familien- und bildungspolitische Bilanz der letzten türkis-blauen Regierung bzw. des aktuellen freien Spiels der Kräfte im Parlament. Freilich, wo viel Licht ist gibt es auch Schatten. Ausdrücklich hob KFÖ-Präsident Alfred Trendl bei einer Pressekonferenz in Wien aber hervor, dass die aktuelle Bilanz des Familienverbandes nicht als versteckte Wahlempfehlung hinsichtlich der anstehenden Nationalratswahl (29. September) zu verstehen sei.
Trendl sprach von zwei familienpolitischen Meilensteinen: dem "Familienbonus+" sowie der Anrechnung der Karenzzeiten als Dienstzeiten, die ab dem 1. August in Kraft ist. Der Familienbonus reduziere die Steuerlast um bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr, würdigte Trendl. Dadurch profitierten auch deutlich mehr Familien von einer steuerlichen Entlastung als zuvor. Für Trendl eine "Wertschätzung der familiären Betreuungsarbeit" und die Erfüllung einer langjährige Forderung des KFÖ.
Alfred Trendl
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Der zweite Meilenstein: Für alle ab dem 1. August geborenen Kinder werden Karenzzeiten wie Arbeitszeiten bewertet und bei Gehaltsvorrückungen, Entgeltfortzahlungen, im Krankheitsfall oder bei Kündigungsfristen berücksichtigt. Der Wermutstropfen: Die Karenzzeiten werden nur als Dienstzeiten und nicht als Vordienstzeiten angerechnet. Bei einem Arbeitgeberwechsel können sie demnach nicht mitgenommen werden. Dieses Manko sollte jedenfalls behoben werden, fordert der KFÖ.
Positiv führte Trendl in seiner Bilanz den Rechtsanspruch auf einen Papamonat an, der mit 1. September in Kraft tritt. Auch Änderungen bei der Mindestpension hob er hervor: Wer künftig 40 Beitragsjahre hat, erhält eine Mindestpension von 1.200 Euro. Für Kindererziehungszeiten werden pauschal fünf Jahre angerechnet. Das sei zum einen eine Verbesserung, so Trendl, aber noch immer keine Lösung für Mütter, die mehrere Kinder aufgezogen haben und auf keine 40 Beitragsjahre kommen.
Kritik kommt vom Familienverband für die "Sozialhilfe neu", wo kinderreiche Familien deutliche Einbußen hinnehmen müssten. Immer noch nicht umgesetzt sei auch die dringend notwendige Valorisierung der Familienbeihilfe bzw. des Kindergeldes. Ein Beispiel nehmen könne man sich hier bei der Valorisierung des Pflegegeldes, welches nicht nur ab 2020 erhöht sondern dann auch jährlich um die Inflationsrate angehoben wird.
Keine Freude hat der Familienverband auch mit der Ausweitung der Sonn- und Feiertagsarbeit, wo die Möglichkeit geschaffen wurde, an vier Sonn- und Feiertagen Arbeitsleistungen der Mitarbeiter einzufordern. Das könne bei Familien dann gleich einmal acht Sonntage bedeuten, an denen der Vater oder die Mutter nicht zu Hause seien, warnte Trendl. Wochenenden hätten für Familien einen besonderen Stellenwert. Beim Thema Arbeitszeit werde viel zu wenig auf das Kindeswohl geachtet. Positiv hob Trendl hingegen hervor, dass ab November in Österreich generell ein Rauchverbot in Lokalen gilt. Nachsatz: "Das war längst überfällig."
Fortschritte und Symbolpolitik
KFÖ-Vizepräsidentin Astrid Ebenberger zog bei dem Pressegespräch eine bildungspolitische Bilanz mit Licht und Schatten. Dass der Nationalrat Anfang Juli mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ einen Entschließungsantrag annahm, wonach externe Vereine ganz aus dem schulischen Sexualkundeunterricht zu verbannen seien, finde nicht die Zustimmung des Familienverbandes, so Ebenberger. Wiewohl Sexualkunde - ein Unterrichtsprinzip - in erster Linie Aufgabe der Pädagogen in den Schulen sei, seien rigorose Verbote nicht angebracht. Selbiges gelte auch für das Kopftuchverbot an Volksschulen; für Ebenberger "Symbolpolitik".
Astrid Ebenberger
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Schließlich ortete sie auch beim türkis-blauen Pädagogik-Paket einige Schwächen. Dieses sei eher "ein Schritt zurück", wenn etwa ab der 2. Klasse Volksschule wieder die reine Notengebung eingeführt wird.
Grundsätzlich positiv äußerte sich die KFÖ-Vizepräsidentin zu den Deutschförderklassen, dem Ausbau der Ganztagsschulen und einheitlichen Herbstferien ab dem Schuljahr 2020/21. Auch die die vom Bildungsministerium geplante Digitalisierungsoffensive wird vom KFÖ grundsätzlich begrüßt. Freilich: Ein Tablet sei kein Lehrerersatz, warnte Ebenberger. Soziale und emotionale Kompetenzen dürften im digitalen Schulalltag nicht zu kurz kommen. Die Kinder müssten in der Schule zudem das Rüstzeug dafür mitbekommen, wie Informationen zu bewerten sind und wie sie ihr Handeln reflektieren können.
Verpflichtender Ethikunterricht
Begrüßt wurde von Ebenberger der Ministerratsbeschluss vom 6. März, wonach ein verpflichtender Ethikunterricht an AHS-Oberstufen und Polytechnischen Schulen ab dem Schuljahr 2020/21 für jene Schüler kommen soll, die keinen konfessionellen Religionsunterricht besuchen. Berufsbildende mittlere und höhere Schulen folgen ein Jahr später. Der Pferdefuß: Das entsprechende Gesetz wurde bislang nicht beschlossen. Ebenberger würde sich jedenfalls auch einen solchen Ethikunterricht in den Volksschulen wünschen. Und sie forderte mehr Wertschätzung für den Religionsunterricht an den Schulen.
Quelle: kathpress