Kirchenappelle zum Schutz von Indigenen und Regenwald
Zum verstärkten Schutz der indigenen Völker und des Regenwalds hat die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO) aufgerufen. KOO-Geschäftsführerin Anja Appel nahm diesbezüglich in einer Aussendung am Mittwoch sowohl Politik als auch Zivilgesellschaft und besonders die Kirche in die Pflicht. Sie äußerte sich anlässlich des Internationalen Tages der indigenen Völker (9. August) und mit Blick auf die im Oktober bevorstehende Amazoniensynode der katholischen Kirche.
Die jüngsten Nachrichten über eine dramatischen Anstieg der Abholzungsrate in Brasiliens Regenwald im heurigen Jahr sind aus Sicht der KOO alarmierend. Dahinter, so Appel, stehe eine radikale Politik des brasilianischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro, "für den der Wald Quelle ökonomischen Profits und die dort ansässigen indigenen Völker ein Hindernis darstellen".
Freilich: Die Abholzung des Regenwalds geschehe vorrangig, um Weideland für Rinder und Anbauflächen für Soja und Palmöl zu gewinnen, so die Expertin; alles Produkte, die dem Export auch nach Europa dienten. Appel:
Den ökologischen und sozialen Preis dieser Produkte zahlt die gesamte Menschheit. Denn mit dem Verlust des Waldes und der Biodiversität gerät unser aller Leben noch weiter in Gefahr.
Die Indigenen zu schützen und den Wald zu bewahren "fordert von uns daher eine Änderung des Lebensstils, wird in Folge aber unsere gemeinschaftliche Lebensqualität verbessern".
Hoffnungen setzt die KOO-Geschäftsführerin in die von Papst Franziskus für 6. bis 27. Oktober im Vatikan angesetzte Amazonien-Bischofssynode, die die Situation der Indigenen ganz besonders in den Blick nimmt:
Die Synode rückt die Indigenen von der Peripherie ins Zentrum weltkirchlicher Aufmerksamkeit, damit nicht nur die Bischöfe, sondern auch Gemeinschaft der katholischen Christinnen und Christen zu Hörenden und Sehenden werden. Das Leid der Schöpfung ist unermesslich groß und es ist jetzt die Zeit, endlich unser Handeln zu ändern. Wir wissen darum und viele tun dies bereits, aber bei weitem nicht genug.
Gerade Gläubige hätten eine besondere Vorbildfunktion, betonte Appel: "Wir wollen und sollen missionarisch wirken, unseren Glauben verkünden mit Taten und Worten. Tun wir dies gemeinschaftlich, können wir viel bewirken und Weitere mobilisieren. Und das meint nicht nur die Veränderung der individuellen Konsumgewohnheiten, sondern auch eine Konsequenz für das eigene politische Handeln, ob aktiv oder im Rahmen der Wahlen."
Schutz für das Volk der Karipuna
Mehr Schutz für das Volk der Karipuna in Brasilien hat im Vorfeld des Internationalen Tages der indigenen Völker das deutsche katholische Hilfswerk Misereor gefordert. Die brasilianische Regierung unternehme zu wenig, um die Karipuna zu schützen und deren in der Verfassung festgeschriebenen Rechte zu verteidigen. Stattdessen würden Indigene samt ihrer Schutzgebiete als Entwicklungshindernis betrachtet, so Misereor.
Die Situation sei sehr besorgniserregend und habe sich nach der Wahl und auch während der sieben Monate der Amtszeit von Jair Bolsonaro verschlimmert, so das Hilfswerk weiter. Durch dessen feindliche Haltung Indigenen gegenüber fühlten sich die Menschen, fühle sich die Wirtschaft, dazu angeregt, Vorurteile offen auszuleben.
Misereor forderte die deutsche Regierung auf, dazu beizutragen, dass "ob mit oder ohne Freihandelsabkommen" kein Handel stattfinde, "der gegen bestehende Gesetze verstößt oder begünstigt, dass indigene Völker gefährdet und Natur und Umwelt zerstört werden".
Dramatische Zahlen
Die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet nahm zuletzt rasant zu. Im Juli wurden 2.255 Quadratkilometer Wald gerodet, ein Anstieg von 278 Prozent gegenüber dem Juli 2018, wie lokale Medien berichteten. Präsident Bolsonaro hatte die alarmierenden Zahlen zuletzt als Lügen bezeichnet und die Führung der staatlichen Behörde ausgewechselt, die die Abholzung misst.
Bereits im Juni hatte das staatliche Forschungsinstitut Inpe einen Anstieg der Abholzung von 88 Prozent ermittelt. Bolsonaro hatte Institutsleiter Ricardo Galvao daraufhin scharf kritisiert. Die Daten an die Presse weiterzugeben sei unverantwortlich und schade dem Image Brasiliens, meinte Bolsonaro. Sein Gefühl sage ihm zudem, dass die Zahlen nicht stimmen könnten. Am vergangenen Freitag wurde Galvao schließlich entlassen.
Zu Beginn dieser Woche wurde der Nachfolger vorgestellt. Darcton Damiao, ein Militär, kündigte an, zukünftig hohe Abholzungszahlen erst einmal an Bolsonaro und das Umweltministerium weiterzuleiten, bevor die Daten publiziert werden. Bisher werden die Daten automatisch online gestellt und sind für jedermann einsehbar.
Damiao betonte in einem Interview, dass er sich noch keine Meinung über den globalen Klimawandel gebildet habe. Er könne nicht sagen, ob es Beweise für eine Erderwärmung gebe oder nicht. Bolsonaro sowie Außenminister Ernesto Araujo gelten als Leugner des Klimawandels; das Institut Inpe galt bisher jedoch weltweit als renommiertes Klimainstitut.
Quelle: kathpress